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Seit der ersten Direktwahl vor fünfunddreißig Jahren ist Hans-Gert Pöttering Abgeordneter des Europäischen Parlaments gewesen, von 1999 bis 2007 in der Funktion des Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei, 2007 wurde er Präsident des Europäischen Parlaments. In dieser Position setzte er sich bis 2009 verstärkt für den Frieden der Völker auf dem Europäischen Kontinent ein. In seinem Buch zieht der heutige Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung nun Bilanz. Zu der Lesung im Congress Centrum Saar waren rund 150 Zeitzeugen aber auch viele junge Gäste gekommen.
Buchvorstellung im Gespräch
Im Gespräch mit Peter Stefan Herbst, Chefredakteur der Saarbrücker Zeitung, stellte Pöttering sein Werk vor. Früh war ihm klar, wo er hin wollte und dieses Ziel hat er hartnäckig verfolgt, verrät er in seinem Buch. 1976 wurde er in den Vorstand der Jungen Union Niedersachsen gewählt und bereits damals machte er für sich geltend: „Ich möchte Euer europapolitischer Sprecher werden.“ Nun, nach 35 Jahren beendet Pöttering seine Arbeit im Europäischen Parlament. Er bat darum, Kritik nicht von vorneherein der Europäischen Union zuzuschieben, sondern diese differenziert an den entsprechenden Stellen anzubringen. Politiker und Medien müssten dies auch beachten und nicht die EU für alle Probleme verantwortlich machen, sondern die konkreten Verursacher.
Höhepunkte seiner Arbeit
Ein Höhepunkt seiner Arbeit im Europäischen Parlament sei eine Rede anlässlich der Olympischen Spiele in Moskau gewesen. Er habe dafür plädiert, wegen der Menschenrechtsverletzungen in der Sowjetunion nicht dorthin zu fahren und habe für diese Rede tosenden Beifall erhalten. Er nannte auch die Unterzeichnung der Berliner Erklärung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem Präsidenten der Europäischen Kommission José Manuel Barroso und ihm, als Präsident des Europäischen Parlaments im Jahr 2007 als einen Höhepunkt seiner Arbeit. Aus dieser Erklärung stammt auch der Titel seines Buches: „Wir sind zum Glück vereint.“
Das Publikum stellt Fragen
In einer offenen Fragerunde mit dem Publikum spielten vor allem die Themen „Euro“ und „Ukraine“ eine große Rolle. „Die Einführung des Euros war richtig, wir müssen mit aller Kraft unsere Währung verteidigen“, sagte Pöttering. Er sehe keine Euro-Krise, sondern eine Haushaltskrise. „Für mich ist die Europäische Union so etwas wie eine Familie. Wenn jemand in der Familie etwas falsch macht, dann macht man die Tür nicht zu, sondern öffnet sie.“
Pöttering versicherte, dass die Wahlen in der Ukraine am 25. Mai transparent sein werden. Es sei wichtig, dass ein Präsident gewählt werde. Die Konrad-Adenauer-Stiftung werde vor Ort helfen. Die Stiftung hat eine Vertretung in Kiew. „Wir wollen Verfassungsrechtler vermitteln.“ Auf die Rolle Russlands angesprochen sagte Pöttering: „Es darf nicht sein, dass ein Land sich einfach das eines anderen holt. Wenn Russland sich weiter einmischt, dann gibt es weitere Sanktionen.“
Auch eine mögliche Aufnahme der Türkei in die Europäische Union interessierte das Publikum. Hierzu äußerte sich Pöttering: „Es ist meine ganz feste Überzeugung, und die Entwicklung in den letzten Wochen und Monaten bestätigt das, dass die Europäische Union politisch, kulturell, finanziell und geographisch überfordert ist, die Türkei in die Europäische Union aufzunehmen.“
„Ich scheide aus mit ganz großer Dankbarkeit“
In einer Abschlussrunde erklärte Pöttering, dass er es nicht bereue, nicht mehr zur Wahl zum Europäischen Parlament anzutreten. Er steige ohne jede Wehmut aus. „Ich scheide aus mit ganz großer Dankbarkeit, weil ich nicht nur vieles erleben, sondern auch viel gestalten durfte.“ Außerdem habe er zwei weitere schöne Aufgaben, einmal seine Arbeit in der Konrad-Adenauer-Stiftung und bis 2019 eine weitere Aufgabe in Brüssel als Vorsitzender des Kuratoriums für die Errichtung des Hauses der Europäischen Geschichte. Wenn er drei Wünsche frei hätte, um in der Europäischen Union etwas zu verändern, was würde er tun? – Das war die letzte Frage, die Pöttering an diesem Abend in Saarbrücken beantworten sollte: „Dass der Friede zwischen den Europäischen Völkern in der Europäischen Union erhalten bleibt und wir immer auf der Grundlage unserer Werte handeln. Zweitens, dass unsere Grenzen befriedet sind und wir mit all unseren Nachbarn in Frieden leben und drittens, dass wir mit den Kulturen überall in der Welt einen Austausch vornehmen, der bedeutet, dass wir uns respektieren und das 21. Jahrhundert überall auf der Welt friedlich gestalten.“
Begrüßt worden war der Europapolitiker von Stephan Toscani, dem saarländischen Minister für Finanzen und Europa. „Die Welt durch die Augen des anderen zu sehen“, sagte Toscani an Pöttering gerichtet, „diese Eigenschaft der Empathie haben Sie.“ So habe sich Pöttering immer mit den Vorstellungen anderer Länder auseinandergesetzt und deren Position zuerst verstehen und schließlich auch einen Kompromiss erreichen können.
In einem Abschlusswort stellte Doris Pack, Abgeordnete des Europäischen Parlaments aus dem Saarland, noch einmal die große Bedeutung der Europäischen Union heraus. An Pöttering gerichtet sagte sie: „Du hast 35 Jahre an etwas gearbeitet, was für unsere Kinder und Ekelkinder sehr wichtig ist.“
Die Autorin, Nelly Elisabeth Theobald, ist Stipendiatin der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung und Masterstudentin der Medienwissenschaft sowie Politikwissenschaften an der Universität Trier. Sie arbeitet darüber hinaus als freie Journalistin für SRonline, SR 1 Europawelle, 103.7 UnserDing und die Zweibrücker Rundschau, einem Lokalteil der Tageszeitung die Rheinpfalz.
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