Experteninterview mit Dr. Guido Steinberg zum Dschihadismus in Österreich
Im Jahr 2020 wurde den Menschen in Österreich vor Augen geführt, dass die Gefahr ausgehend von Organisationen wie dem Islamischen Staat und al-Qaida nicht gebannt ist. Das dschihadistische Milieu in Österreich ist heute zwar schwächer als vor einigen Jahren, aber jünger und unberechenbarer geworden. Es wird zurzeit auf 70 bis 150 besonders gefährliche Personen geschätzt.
Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung hat Österreich mit sehr großen Kontingenten von Syrienkämpfern und Rückreisenden zu tun. Eine länderspezifische Besonderheit ist der außergewöhnlich hohe Anteil von tschetschenischstämmigen Menschen.
Die Bekämpfung des politischen Islam durch die österreichische Bundesregierung birgt die Gefahr, dass in den Sicherheitsbehörden Kräfte gebunden werden, die bei der Terrorismusbekämpfung im engeren Sinne fehlen könnten. Wichtig wäre in dieser Hinsicht eine Stärkung des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT).
Konträr der anhaltenden Debatte über die Flüchtlingskrise der Jahre 2014 bis 2016 stammt keiner der bekannten österreichischen Terroristen aus der Gruppe der in jenen Jahren aus Syrien, dem Irak oder Afghanistan Geflohenen. Das Beispiel der tschetschenischen Einwanderung zeigt jedoch, dass die Zuwanderung aus Bürgerkriegsregionen in der islamischen Welt ein längerfristiges Risiko mit sich trägt.
Diese Publikation ist Teil der Studienreihe „Islamistischer Terrorismus in Europa“. Im ersten Teil blickt Dr. Guido Steinberg nach Österreich. Er analysiert die aktuelle die dschihadistische Bedrohungslage in Österreich sowie die entsprechenden Bekämpfungsstrategien und die politische Debatte.
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