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Ulf Dahl/Kieler Nachrichten

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„Damit Kopf und Herz erkennen, verstehen und lernen“

з Robert Domes

In Kiel wurden die Preisträger des Deutschen Lokaljournalistenpreises 2022 gewürdigt

Bei einer Festveranstaltung in Kiel erhielten die Gewinner des Deutschen Lokaljournalistenpreises für das Jahr 2022 ihre Auszeichnungen. Bereits seit 1980 würdigt die Konrad-Adenauer-Stiftung alljährlich Journalistinnen und Journalisten sowie Redaktionen, die mit ihrer lokalen Berichterstattung Herausragendes geleistet haben.

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Anfang 2022 starteten die Kieler Nachrichten einen Aufruf an alle Leserinnen und Leser, sich gegen Antisemitismus stark zu machen. Für ihre mehrteilige Serie und die Aktion "Licht zeigen" wurde die Redaktion nun mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis ausgezeichnet. Als die Jury im Frühjahr 2023 ihre Entscheidung fällte, konnte sie nicht ahnen, wie erschreckend aktuell das Thema werden würde. Wieder müssen Jüdinnen und Juden in Deutschland Angst vor Übergriffen haben. Und so stand die Preisverleihung in Kiel ganz im Zeichen des Nahost-Kriegs nach dem schrecklichen Angriff der Hamas und seiner Folgen, vor allem dem zunehmenden Antisemitismus in Deutschland.

Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und ehemalige Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert mahnte angesichts der Tragödien in Israel und im Gaza-Streifen, die Feier müsse "ein Beitrag zur gemeinsamen Besinnung" sein. Jeder sei mitverantwortlich, dass die Menschen unabhängig von Herkunft und Religion "einen Anspruch darauf haben, dass sie mit Leib und Leben und ihren Überzeugungen hier in Deutschland sicher leben können". Karin Prien, Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein, ermutigte in ihrer Festrede die Journalistinnen und Journalisten dazu, menschenfeindlichen Tendenzen entgegenzutreten: "Guter Journalismus ist ein sehr effizientes Mittel gegen Antisemitismus", sagte sie.

 

Hohe Reputation des Preises

Auch Jana Klameth, Sprecherin der Jury, betonte, wie wichtig kluger, sachkundiger und sachlicher Journalismus gerade in schwierigen Zeiten sei. Die Kolleginnen und Kollegen sollten sorgfältig informieren, Hintergründe deutlich machen und Themen einordnen –  "und damit die Menschen in die Lage versetzen, sich eine eigene Meinung zu bilden – so schwer das in der jetzigen Zeit auch sein mag", sagte Klameth.

Diese Maßstäbe habe die Jury auch an die Texte angelegt, die für das Jahr 2022 eingereicht wurden. Insgesamt gab es 313 Texte, Serien und Konzepte, mit denen sich Redaktionen beworben haben. Darunter waren 46 Bewerbungen von Volontärinnen und Volontären. Für Lammert beweist diese hohe Zahl von Bewerbungen den außerordentlich guten Ruf und die hohe Reputation des Preises. Dieser zeige seit über 40 Jahren eine Wertschätzung für den Lokaljournalismus und sei zugleich eine Ermutigung für die Preisträgerinnen und Preisträger.

Der Kriterienkatalog ist vielfältig und anspruchsvoll. Wer einen Preis bekommen will, muss bürgernahe Konzepte umsetzen, schwierige unbequeme sperrige Themen aufgreifen, sich zum Anwalt der Leserschaft machen, die demokratische Kultur pflegen. Zudem sollten die Redaktionen die Relevanz von Entwicklungen und Ereignissen im Blick haben. Die Aktion "Licht zeigen" der Kieler Nachrichten verbinde diese Aspekte, so Lammert, und zeige obendrein eine bedrückende Aktualität.

Bildungsministerin Karin Prien hob in ihrer Festrede zwei Aspekte besonders hervor: den Wert von Wissen und Bildung und den Wert von Journalismus. Sie betonte: "Unwissenheit ist nicht nur eine Gefahr für den Einzelnen, Unwissenheit ist immer eine Gefahr für die gesamte Gesellschaft." Prien sieht deshalb die wichtigsten Aufgaben von Journalismus, zu informieren, Empathie zu wecken und zu einer Verbindung aus Haltung und Pluralität beizutragen. Zur guten Information gehöre immer auch das Mitliefern von Kontext und Hintergrundwissen, sagte die Ministerin. Wie wichtig Empathie sei, zeige gerade der Krieg in Nahost. Man könne den Horror und das Leid nur verstehen, wenn man sich in die Lage der Betroffenen hineinversetze.

Das Mitfühlen sei aber ebenso wichtig, wenn über soziale Fragen im eigenen Land berichtet wird. Auch hier wünscht sich die Christdemokratin, mehr über die Menschen zu lesen und zu hören, "damit eine informierte Bürgergesellschaft ihre politischen Entscheidungen nicht nur mit dem Kopf, sondern auch immer mit dem Herzen treffen kann". Hinzu kommen müsse eine Haltung, die sich aus der redaktionellen Arbeit erkennen lässt. "Solch eine Haltung steht der Pluralität nicht im Wege, sie ermöglicht sie erst", betonte Prien. Verständnis und Verstehen, reden und zuhören seien entscheidend für das Miteinander, betonte die Ministerin: "Unser Land braucht eine informierte Öffentlichkeit, die mit Verstand und Empathie jeden Tag versucht, eine gute Demokratie zu sein." Dazu gehöre auch das jüdische Leben. Deutschland müsse ein Land sein, in dem Jüdinnen und Juden sicher leben können. Prien dankte den Journalistinnen und Journalisten, dass sie dazu beitragen, "unser Land zu einem besseren Ort" zu machen. Und sie forderte, man solle auf die Journalistinnen und Journalisten hören, "damit Kopf und Herz erkennen, verstehen und lernen".

 

Starkes Bewerberfeld bei den Volontären

Im Anschluss würdigte Jana Klameth die Preisträger des Jahres 2022. Besonders hob sie hervor, wie stark das Bewerberfeld bei den Volontären war, das sowohl mit Quantität als auch mit Qualität überzeugte. So haben sich die Jungredakteure mit Themen wie Wohnungsnot in großen Städten, Inflation im Alltag, Mobilität oder Klimawandel beschäftigt. "Und die allermeisten Volo-Projekte des Jahrgangs 2022 wurden zudem hervorragend crossmedial umgesetzt", sagte Klameth. Aufs Siegertreppchen schaffte es schließlich das Volontärsprojekt der Märkischen Oderzeitung und der Lausitzer Rundschau, das sich mit dem Thema Rechtsextremismus in Brandenburg beschäftigte. Die Jury beeindruckte, dass die Volontärinnen und Volontäre ein extrem wichtiges Thema mutig angegangen sind. Die Beiträge zeichneten sich durch große Sachkunde und hohe Sachlichkeit aus. 

Mit dem 3. Preis wurde Lena Heising, Reporterin beim Kölner Stadt-Anzeiger, ausgezeichnet. Sie hat in ihrer Reportage „Betäubt, missbraucht, im Stich gelassen“ einen Klinik- und Justizskandal recherchiert. Auf der Basis einer mehrmonatigen, investigativen Recherche beschrieb Heising, wie ein Klinikarzt im Bielefelder Klinikum Bethel mehrere Patientinnen vergewaltigte und der Skandal anschließend verschwiegen und vertuscht werden sollte. Sie zeigt das Versagen der Verantwortlichen in der Klinik auf und anschließend das der Ermittlungsbehörden. In Heisings Reportage stand nicht der Täter, sondern die Opfer im Mittelpunkt. Klameth: "Die Reportage erzählt ohne Sensationslust und mit viel Feingefühl für diese Opfer, was passiert ist." Die Jury sagt: Dank dieser hartnäckigen Recherche haben sich die Chancen erhöht, dass sich solche Vorgänge nicht wiederholen.

Den 2. Preis erhielt Dr. Veronika Schreck für ihre Serie im Main-Echo über die Sorgen im Rettungswesen im Verbreitungsgebiet der Zeitung im bayerischen Unterfranken. Unter dem Titel "Retter in Not" beschreibt Schreck in acht Teilen die dramatische Lage im Rettungswesen. Personalmangel auf der einen Seite, steigende Einsätze auf der anderen. Dazu kommen oftmals schlechte Arbeitsbedingungen, viel Bürokratie, Forderungen nach besserer Bezahlung. Die Blaulicht-Reporterin nutzt dabei konsequent die Reporter-Grundtugenden: Hingehen, zuhören, nachfragen, einordnen, Schuldige benennen, Konsequenzen fordern und Veränderungsmöglichkeiten aufzeigen. Sie ermöglicht einen Blick hinter die Kulissen und macht Probleme deutlich, die nicht allein von den Verantwortlichen in Politik und Gesundheitsweisen zu lösen sind. Die Jury sagt: Veronika Schreck ist es in ihrer breit angelegten Serie hervorragend gelungen, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten und die Debatten um Hilfe für den Rettungsdienst neu anzufachen. Und das auf allen Kanälen. Neben der Serie in gedruckter Form gibt es auch Videos und einen Podcast zum Thema.

 

Redaktion hat Thema frühzeitig in die Öffentlichkeit geholt

Mit großem Applaus wurde die Redaktion der Kieler Nachrichten für ihre Aktion "Licht zeigen" bedacht, die den 1. Preis erhielt. Ausgangspunkt war ein berühmtes Foto des Chanukka-Leuchters der Kieler Familie Posner. Er stand auf einem Fensterbrett ihrer damaligen Kieler Wohnung, im Hintergrund sieht man wehende Fahnen mit dem Hakenkreuz. Die Redaktion hat nicht nur die Geschichte des Leuchters und ihrer Besitzer erzählt, sondern den Anlass genutzt zu zeigen, wie das jüdische Leben heute in Kiel aussieht. "Und damit eröffnete sie eine Debatte, die bis zu den Wurzeln unseres Zusammenlebens reicht", sagte Klameth. Die Redaktion stellte und beantwortete in ihrer Serie solche Fragen wie: Warum ist unsere Gesellschaft so polarisiert? Wie kann es sein, dass Juden gerade heute wieder sowohl von rechts- als auch linksextremen Kräften in Deutschland angegriffen werden? Warum tritt der Staat nicht stärker Judenhass vonseiten muslimischer Flüchtlinge entgegen? Wie kann es gelingen, dass sich Juden in Deutschland nicht mehr verstecken müssen, weil sie Angst von Anfeindungen, vor Ausgrenzung, vor Gewalt haben?

Die Jury würdigte: Damit ist es der Redaktion gelungen, Themen wie den latent vorhandenen und stärker werdenden Judenhass in Deutschland zu problematisieren und das Thema viel eher als viele andere Medien in die Öffentlichkeit zu holen. Chefredakteurin Stefanie Gollasch und der stellvertretende Leiter der Lokalredaktion Dennis Betzholz, die den Preis entgegennahmen, berichteten, dass von Anfang an das ganze Haus hinter der Serie und der Aktion standen. Und sie machten klar, dass die Diskussion und die Berichterstattung darüber noch lange nicht am Ende sei.

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Deutscher Lokaljournalistenpreis 2022 - 1. Preis: “Licht zeigen”

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Deutscher Lokaljournalistenpreis 2022 – 2. Preis: “Retter in Not”

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Deutscher Lokaljournalistenpreis 2022 – Sonderpreis für Volontärsprojekte

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31 травня 2023
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