- Indien zählte nach dem Zweiten Weltkrieg zu den ersten Staaten, die die Bundesrepublik Deutschland diplomatisch anerkannten. Grundlage der deutsch-indischen Beziehungen ist die „Agenda für die Deutsch-Indische Partnerschaft im 21. Jahrhundert“ vom Mai 2000, die seither durch weitere gemeinsame Erklärungen fortgeschrieben wurde.
- Seit 2011 kommen deutsche und indische Regierungsvertreter im Zweijahresrhythmus abwechselnd in Deutschland und Indien zusammen. Die mittlerweile fünften Regierungskonsultationen zwischen beiden Ländern finden Anfang November 2019 in Neu-Delhi statt. Im vergangenen Jahr trafen Kanzlerin Angela Merkel und Premierminister Narendra Modi bereits drei mal aufeinander: Dezember 2018 (Berlin), Juli 2019 (Osaka), August 2019 (Biarritz).
- Die indische Regierungspartei BJP – seit 2014 an der Macht – konnte 2019 erneut mit absoluter Mehrheit als Gewinner aus der nationalen Parlamentswahl hervorgehen. Dennoch: Nach einem hochgradig die indische Gesellschaft spaltenden Wahlkampf wird die Zukunft zeigen, ob Modi ein Premierminister aller 1,3 Milliarden Inderinnen und Inder sein wird und das Volk einen kann.
- Dies ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass knapp 2,3 Prozent der indischen Bevölkerung, und damit 28 Millionen Inder, Christen sind (Zensus 2011) und damit die drittgrößte Religionsgruppe nach Hindus und Muslimen (172 Millionen, 14 Prozent) darstellen. Die Anhänger des Christentums finden sich vor allem in den nordöstlichen Staaten, wo sie eine Mehrheit bilden, ebenso wie in den südlichen Staaten Goa, Kerala und Tamil Nadu. Während des Wahlkampfs war die Stimmung gegenüber religiösen Minderheiten – wie Muslimen und Christen – in Indien teils aufgeheizt.
- Deutschland ist Indiens wichtigster Handelspartner innerhalb der EU und sechstwichtigster Handelspartner im weltweiten Vergleich. Offene und sichere Handelswege sind die Lebensadern für die Exportnation Deutschland. Ein Viertel des weltweiten Öls und 95 Prozent des Handels zwischen Europa und Asien werden auf Routen durch den Indischen Ozean transportiert. Die Sicherung dieser Seewege, aber auch ein verantwortungsvoller Umgang mit maritimen Ressourcen, können nur mit einem verstärkten Engagement Deutschlands, der EU und Nationen, die auf die Geltung multilateraler Normen setzen, durchgesetzt werden. Sowohl Indien als auch Deutschland sind zu einem stärkeren Beitrag, auch in militärischer Hinsicht, aufgerufen.
- Deutschland und Indien verbindet das gemeinsame Interesse an der Aufrechterhaltung einer regelbasierten internationalen Ordnung, vor allem auch im maritimen Bereich und damit im immer wichtiger werdenden indo-pazifischen Raum. Indien sieht sich zunehmend durch China eingekreist, das seine Ambitionen im Indischen Ozean unter anderem durch erhebliche Investitionen in Hafenanlagen in Pakistan, Sri Lanka und Myanmar deutlich macht. Als Demokratien haben Indien und Deutschland – wie auch die EU – ein existentielles Interesse an funktionsfähigen regionalen und multilateralen Institutionen. Klimawandel, maritime Sicherheit, Migration, Terrorismus und ein offenes und faires Welthandelssystem – diese und viele andere globale Herausforderungen benötigen verantwortungsvolle Akteure in allen Weltregionen, die rechtliche Normen und Verfahren gegenüber dem „Recht des Stärkeren“ verteidigen und stärken.
- Eine sichere und nachhaltige, postfossile Energieversorgung stellt auch in Indien den Schlüssel für die Überwindung von Armut dar. Forschung und Entwicklung sowie deren industrielle Umsetzung bieten ein weites Feld für bilaterale Kooperationen zwischen beiden Staaten. Auf globaler Ebene sollten sich beide Gesellschaften für deutlich ambitioniertere Klimaziele einsetzen. Indien kann hierbei auch ein Beispiel für andere Entwicklungsländer und Partnerschaften Deutschlands mit Dritten werden.
- Bildung, Forschung und Entwicklung werden in beiden Nationen als Schlüsselressourcen für zukünftige Wertschöpfung und den hierfür notwendigen Strukturwandel angesehen. Der Wissenschaftsaustausch könnte im Vergleich zu anderen Ländern deutlich gesteigert werden.
- Im Bereich der industriellen Fertigung strebt Deutschland mit „Industrie 4.0“ ein ambitioniertes Konzept zur Integration digitaler Technologien und moderner Fertigungstechniken an. Mit seinem Konzept „Made in India“ möchte Indien an die führenden Industrienationen anschließen und dabei seine bedeutende Weltmarktposition im Bereich der Digitalisierung einbringen. Deutsche Unternehmen sollten dieses Potential zur Diversifikation ihrer globalen Entwicklungs- und Produktionsketten systematisch ausloten.
- Das Auslandsbüro der Konrad-Adenauer-Stiftung in Indien greift diese Trends auf. Gemeinsam mit indischen Partnern führt es schwerpunktmäßig bilaterale Maßnahmen im Bereich der Außen- und Sicherheitspolitik (zunehmend zu maritimer Sicherheit) durch, aber auch zu wirtschafts- und energiepolitischen Fragestellungen, u. a. mit FICCI, dem Dachverband indischer Wirtschaftsverbände, zum nachhaltigen Wirtschaften. Wir fördern den Multilateralismus gemeinsam mit unserem Partner Gateway House zu „Global Economic Governance“ als Beitrag zu G20 – durch einen Dialog mit hochrangigen indischen Politikern und Experten, die wir mit Vertretern von WTO, EU und NATO in Europa zusammenführen.
Der Aufstieg Chinas und was dies für die Regionalmacht Indien bedeutet, erörtert die Konrad-Adenauer-Stiftung auf dem jährlichen India Forum on China (IFC), organisiert vom Institute of Chinese Studies (ICS), der Goa University und der Stiftung. Im Rahmen unserer journalistischen Nachwuchsförderung (JONA) haben sich deutsche und indische Studenten der The Statesman Print Journalism School (SPJS) während eines zehntägigen Forschungsaufenthalts in Kolkata mit dem Klimawandel und der Umweltverschmutzung befasst.
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