Báo cáo quốc gia
In Ägypten beginnt mit der Eröffnung der neuen Sitzungsperiode des ägyptischen Parlaments eine Phase wichtiger Weichenstellungen für die Zukunft des Landes. Dies ist zumindestens der Eindruck, dem sich viele Beobachter der jüngsten politischen Entwicklung und ihren wirtschaft-lichen Folgen nicht zu entziehen vermögen.
Mubaraks Rede zur Lage der Nation
Der ägyptische Präsident betonte in seiner Rede zur Eröffnung der neuen Sitzungsperiode im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung des ägyptischen Parlaments und des sog. Shura Councils eher das Gegenteil, nämlich dass er, im Gegensatz zu den Erwartungen der meisten politischen Beobachter (und dabei vor allem einiger radikaler Abgeordneter), in der kommenden Sitzungsperiode in der weiteren Stärkung der Demokratie in Ägypten den Hauptgegenstand der Arbeit der ägyptischen Legislative sieht.
Nachdem es bereits zu Beginn seiner Rede in der bisher vielleicht deutlichsten Form die Unterstützung seiner Regierung für den von den Vereinigten Staaten initiierten weltweiten "Kampf gegen den Terrorismus" zum Ausdruck gebracht hatte, wandte er sich sehr bald den massiven, vor allem wirtschaftlichen Auswirkungen zu, welche die Ereignisse des 11. September und die daraus resultierenden Entwicklungen für Ägypten bisher hatten und auch in der nahen Zukunft noch haben werden.
Entsprechend großen Raum nahmen in der Rede Mubaraks die wirtschaftliche Lage und dabei vor allem die wirtschaftlichen Folgen der Terroranschläge ein. Er betonte, dass Ägypten in den letzten Jahren nicht zuletzt mit Hilfe eines sich stark ausweitenden Privatsektors, dessen Beitrag am Investitionsvolumen in den letzten 20 Jahren immerhin von einem Wert von 20% auf einen Wert in Höhe von mehr als 67% gestiegen sei, große wirtschaftliche Fortschritte gemacht hat.
Vom ägyptischen Präsidenten hervorgehoben wurde dabei vor allem die durchschnittliche Wachstumsrate des Bruttosozialprodukts, die sich in den letzten 20 Jahren auf Durchschnittswerte über 5% eingependelt hat und zu der der private Sektor, trotz immer wiederkehrender Konkurse und Korruptionsfälle in großem Masse beigetragen hat.
Zwar mußten die aktuellen Wachstumsprognosen für das laufende Jahr wegen der Ereignisse in den Vereinigten Staaten auf nunmehr etwa 3,5% reduziert werden, man könne jedoch gerade auf diesem Gebiet zufrieden sein, vor allem wenn man auf die Vergleichswerte anderer Entwicklungs- bzw. Schwellenländer schaue.
Wenig hilfreich sei in diesem Zusammenhang, so Mubarak, jedoch das weiterhin nahezu ungebremste Bevölkerungswachstum in Ägypten, das einer umfassenden Verbesserung des Lebensstandards und damit einem fühlbaren Fortschritt in der Versorgung des einzelnen Bürgers mit Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs trotz eigentlich hoher staatlicher und privater Investitionen weiterhin im Wege steht wenn nicht sogar gänzlich verhindert.
So hat die Zunahme der ägyptischen Bevölkerung in den letzten 20 Jahren um immerhin 23 Mio. Menschen etwa zu einer Erhöhung der Importe von Weizen im Umfang von 500 Mio. LE im Jahre 1980 auf Werte in Höhe von 2,5 Mrd. LE im laufenden Haushaltsjahr und damit zu einer Erhöhung des Handelsbilanzdefizits von 3,9 Mrd. LE im Jahre 1981 auf einen Wert in Höhe von 32 Mrd. LE zum gegenwärtigen Zeitpunkt geführt.
Diese Entwicklung hat zu einer dramatischen Verringerung der ägyptischen Devisenreserven beigetragen, die es - in der Auffassung des ägyptischen Präsidenten - jetzt durch eine Steigerung der ägyptischen Exporte zu begegnen gilt.
Da es in den letzten Monaten trotz der erfolgten Abwertung des ägyptischen Währung gegenüber dem US Dollar gerade auch an dieser Exportperformance gemangelt hatte, verwunderte es nur noch wenige politische Beobachter, als der ägyptische Präsident einige Tage nach seiner Rede im Parlament eine schon längere Zeit erwartete und in den letzten Tagen heiß diskutierte Kabinettsumbildung bekanntgab.
Umbildung des ägyptischen Wirtschaftskabinetts
Viele politische Beobachter hatten schon längere Zeit mit einer Kabinettsumbildung gerechnet, nachdem der Politik des Wirtschaftskabinetts (sog. "Sechser-Gruppe") unter Leitung des erst 1999 ins Amt berufene neue Premierministers Ebeid (dieser Gruppe gehören zusätzlich die Ressortchefs für Wirtschaft, Versorgung, Finanzen, Internationale Zusammenarbeit und Öffentliche Unternehmungen an), die seit der letzten größeren Regierungsumbildung gemeinsam für die Wirtschaftspolitik verantwortlich zeichnete, kein großer Erfolg beschieden war.
In einer Kabinettsumbildung am 23. November 2001, die zwar keine Reduzierung der großen Zahl ägyptischer Ministerien (30), dafür aber eine Umorganisation vor allen der mit Wirtschaftsfragen befaßten Ressorts brachte, schuf der ägyptische Präsident per Dekret zwei der besagten "Wirtschaftsressorts" ab und ernannte insgesamt vier neue Minister.
Das wichtigste der jetzt abgeschafften Ministerien ist das "Ministerium für Wirtschaft und Außenhandel" unter der bisherigen Leitung von Youssef Boutros Ghali, eigentlich einem Vertrauten des Präsidenten, dem deshalb wohl auch wieder die Verantwortung für das neustrukturierte Ministerium für Außenhandel übertragen wurde. Das Wirtschaftsressort wurde dagegen in der alten Konstellation bzw. Kombination abgeschafft.
Von Bedeutung erscheint auch die Entscheidung das bisher unabhängige "Ministerium für Internationale Zusammenarbeit" in Zukunft zu einem integralen Bestandteil des Außenmini-steriums zu machen, wobei die gleichzeitig Ernennung der Karrierediplomatin, Fayza Abul Naga, zur Staatsministerin für Auswärtige Angelegenheiten, von den meisten politischen Beobachtern mit Wohlwollen aufgenommen worden ist.
Weichen musste dagegen ein anderes weibliches Kabinettsmitglied, die bisherige Leiterin des "Umweltschutzministeriums", Nadia Makram Ebeid, die vom ehemaligen Staatssekretär im Landwirtschaftsministerium Mamdouh Riyad Tadrous abgelöst worden ist.
Neuer "Industrieminister" wurde der ehemalige Elektrizitätsminister Ali al-Saidi, der in seinem bisherigen Amt von Hassan Ahmed Younes, dem bisherigen Vorsitzenden der staatlichen Elektrizitätsholding abgelöst wurde.
Schließlich musste noch der bisherige Ressortchef im "Planungsministerium", Ahmed al-Darsh sein Amt an einen Nachfolger aus dem National Planning Institute (NPI), Hohammed Mohammed Osman, abgeben.
Waren die beschriebenen Veränderungen in der personellen Besetzung der Ministerämter wie dem Zuschnitt einiger Ministerien schon seit einiger Zeit erwartet worden, nachdem sich die Kritik an den wirtschaftlicher Erfolgen des neuen Kabinetts unter Atef Ebeid angesichts der Ereignisse vom 11. September verstärkt hatte, so überraschte einige politische Beobachter doch die Begrenzung auf das Wirtschaftskabinett.
Größere Unabhängigkeit für die ägyptische Zentralbank
Noch wichtiger erschien vielen Wirtschaftsfachleuten jedoch die im Rahmen der Veränderung der Verantwortlichkeiten der verschiedenen Ressorts jetzt auch durchgesetzte Unabhängigkeit der ägyptischen Zentralbank (CBE) vom Wirtschaftsministerium.
Zwar ging der ägyptische Präsident nicht so weit, dem Zentralbank Gouverneur, wie von einigen Fachleuten gefordert, dieselbe Unabhängigkeit, wie die seines us-amerikanischen Counterparts Alan Greenspan zu gewähren, der im Gegensatz auch zum neuen ägyptischen Zentralbankchef allein dem us-amerikanischen Parlament (Kongress) und nicht der Exekutive (Regierung) gegenüber verantwortlich ist, jedoch erlangte der Gouverneur durch die direkte Unterstellung unter die Aufsicht des Premierministers mehr Bedeutung und wohl auch Bewegungsfreiheit.
Mit dieser Entscheidung reagierte der ägyptische Präsident nicht zuletzt auf den Rücktritt des bisherigen Gouverneur der ägyptischen Zentralbank, Ismael Hassan, der angesichts der andauernden Einflußnahme der jeweiligen Wirtschaftsminister auf seine Entscheidungen im Sommer diesen Jahres das Abgebot einer Verlängerung seiner Amtszeit ablehnte, was ein Novum in Ägypten darstellte.
Angesichts der Auseinandersetzungen der jeweiligen Amtsvorgänger mit dem Wirtschaftsministerium hatten sich die ägyptischen Devisenreserven wegen der fehlgeleiteten Einflußnahme des Wirtschaftsministeriums von einem Höchststand im Jahre 1996 und einem Volumen in Höhe von 22,9 Mrd. US$ auf einen heutigen Wert in Höhe von nur noch 14,2 Mrd. US$ erheblich reduziert.
Dem inzwischen ernannten Nachfolger als Zentralbankgouverneur, Mahmoud Abul-Qyoun, wird in Zukunft also angesichts der neu gewonnenen Unabhängigkeit von einem Ressortminister also in Abstimmung mit dem Premierminister Ebeid mehr Verantwortung für die Schonung der ägyptischen Devisenreserven im Rahmen einer unabhängigeren Geldpolitik Ägyptens zukommen.
Ansatzpunkte für eine solche Politik werden von den Mehrzahl der ägyptischen Wirtschaftsexperten in einer stringenteren Kontrolle der ägyptischen Einfuhren und dabei vor allem der ägyptischen "Luxusimporte" gesehen, die angesichts der stetig wachsenden Kaufkraft der vermögenden Schichten in Kairo angesichts der Liberalisierung des Außenhandels die Handels-bilanz gerade in den letzten Monaten des allgemeinen weltwirtschaftlichen Konjunkturab-schwungs zunehmend belastet haben.
Es wird sich in den nächsten Wochen ebenso zeigen müssen, inwieweit die Ernennung des gegenüber der bisherigen Wirtschaftspolitik eher kritisch eingestellten Leiters des National Planning Institutes (NPI), Mohamed Mohamed Othman, zum neuen Planungsminister nicht auf jeden Fall schon mal mit einer restriktiveren Importpolitik der ägyptischen Regierung, zumindestens was staatliche Organisationen angeht, einher gehen wird.
Personelle Veränderungen im ägyptischen Parlament
Zum Parlamentspräsidenten (-sprecher) wiedergewählt wurde nun schon zum 12. Mal in Folge, Ahmed Fathi Sorour. Er gehört wie seine beiden ebenfalls schon im 5 Jahr in ihrem Amt bestätigten Stellvertreter Amal Othman und El-Sayed Rashed der staatstragenden und mit einer Mehrheit von 85% der Mandate ausgestatteten, regierenden National Demokratischen Partei (NDP) des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak an.
Gewechselt hat dagegen der Sprecher (Fraktionsvorsitzende) der Regierungspartei. Der bisherige Sprecher der Mehrheitsfraktion, Mohamed Mahmoud Ali, hatte schon vor Beginn der Sitzungsperiode um Ablösung gebeten, wobei sich im wesentlichen drei Kandidaten um seine Nachfolge bemühen: Hussein Megawer, der Parlamentsabgeordnete des Nobelvororts Maadi und ehemalige Generalsekretär der NDP, Mahmoud El Sherif, ein ehemaliger Minister für lokale Verwaltung (Local Administration) und schließlich Ahmed Abu-Zeid, der bereits in den Jahren 1995-2000 Fraktionssprecher der regierenden NDP gewesen war.
Veränderungen erwartete man auch auf den einflußreichen Posten der Ausschußvorsitzenden der wichtigsten Parlamentsausschüsse. So hatte im Vorfeld der Parlamentseröffnung etwa der bisherige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des ägyptischen Parlaments und ehemalige Elektrizitätsminister, Maher Abaza, sein Amt ebenso zur Verfügung gestellt, wie die Vorsitzenden der Ausschüsse für Wirtschaft, lokale Verwaltung, Gesundheit und Umweltschutz.
Der Beginn der neuen Sitzungsperiode des ägyptischen Parlaments brachte neben den üblichen Neuwahlen des Parlamentspräsidiums und der Ausschußvorsitzenden diesmal auch eine interessante Diskussion um die Anforderungen an die Staatsangehörigkeit der Abgeordneten.
Zwar waren zur diesjährigen Eröffnung der neuen Sitzungsperiode noch alle in den letzten Parlamentswahlen gewählten Abgeordneten erschienen, auch jene, denen nach einem jüngst (letztinstanzlich) ergangenen Urteil ihr Parlamentsmandat entzogen werden sollte, da ihnen zum Zeitpunkt der damaligen Kandidatur entweder eine zweite Staatsangehörigkeit oder eine Umgehung des Militärdienstes nachgewiesen werden konnte.
In über neunzig (!) Fällen waren diese, aber auch andere Gründe zur Basis einer Anfechtung des Mandatsgewinns dieser Abgeordneten - meist von den ihnen unterlegenen Mitbewerbern - gemacht worden.
Am Beispiel des Abgeordneten und Wirtschaftstycoons Rami Lakah, der sowohl über einen ägyptischen als auch über einen französischen Pass verfügt, wurde diese verfassungsrelevante Frage behandelt und schließlich in der ersten Sitzungswoche auch entschieden. Mit einer Mehrheit von 367 Stimmen - bei drei Gegenstimmen und sieben Enthaltungen - wurde schließlich sowohl Rami Lakah, als auch einem Parlamentskollegen der Regierungspartei, Misbah Mutawie, das Parlamentsmandat in Übereinstimmung mit dem bereits am 27 August ergangenen Urteil des obersten ägyptischen Verwaltungsgerichts (Supreme Administrative Court) entzogen. Gegen einen dritten Abgeordneten, Mohamed Ahmed Saleh, wird momentan noch wegen unterstellter doppelter Staatsbürgerschaft (deutsch!) ermittelt und einem weiteren Parlamentsabgeordneten, Fawyi El-Sayed droht der Mandatsentzug, sollte er wegen des Verdachts der Urkundenfälschung verurteilt werden.
Man spricht momentan in Parlamentskreisen von nahezu 80 weiteren Abgeordneten, denen ebenfalls ein Mandatsentzug droht, sollte die Rechtslage tatsächlich bei allen Abgeordneten überprüft und auch entsprechend umgesetzt werden.
Inhaltliche Schwerpunkte der kommenden Parlamentsarbeit
Was die Inhalte der zu erwartenden politischen Debatten im ägyptischen Parlament angeht, erwarten natürlich viele, vor allem radikalere Abgeordnete eine umfassende und dabei eher kritische Auseinandersetzung mit der "militärischen Aggression" der Vereinigten Staaten gegen Afghanistan.
Viele Abgeordnete, die dem "nasseristischen" Flügel angehören, wie etwa der Abgeordnete, Hamdin Sabahi, erhoffen sich eine Verurteilung dieser militärischen Maßnahmen durch das ägyptische Parlament vor allem, wenn sie im Fastenmonat Ramadan andauern oder gegen ein anderes arabisches bzw. islamisches Land ausgedehnt werden sollten.
Ein weiterer sog. "unabhängiger" Abgeordnete, Ayman Nour, äußerte in diesem Zusammenhang die Auffassung, das nur eine Veränderung der amerikanischen Außenpolitik in der Region, d.h. vor allem gegenüber Israel, dem "islamischen Terror Einhalt gebieten könne, womit er der Einschätzung, der anderen sechzehn "unabhängigen" Abgeordnete, die der Muslimbruderschaft nahestehen, Ausdruck verlieh, die glauben, dass es dem wiedergewählten Parlamentssprecher in dieser Sitzungsperiode schwerer fallen wird als in der Vergangenheit, anti-amerikanische Redebeiträge im ägyptischen Parlament zu verhindern.
Neben diesen außenpolitischen Disputen erwartet die Mehrheit der Abgeordneten vor allem die parlamentarische Debatte zahlreicher, lange aufgeschobener Gesetzesvorhaben.
Dabei stehen folgende Gesetzesentwürfe im Vordergrund des Interesses:
- Wahlrechtsreform (Election Law)
- Arbeitsgesetzgebung (Unified Lab or Law)
- Mietgesetzgebung (Housing Law)
- Einkommenssteuergesetzgebung (Unified Income Tax Law)
- Kartellgesetzgebung (Anti Monopoly Law)
- Patentschutzgesetzgebung (Intellectual Property Rights Legislation)
Um allen Fehlinterpretationen vorzubeugen, betonte der ägyptische Präsident in seiner Rede zur Lage der Nation zwar, dass nicht daran gedacht sei, das aktuelle Parlament in naher Zukunft aufzulösen, wie einige politische Kommentatoren immer mal wieder kolportieren, sondern dass es (ihm) darum gehe, durch die Verabschiedung eines neuen Wahlrechts größere Transparenz und Repräsentativität im Parlament sicherzustellen.
Der Vorsitzende des Shura Council, Mustafa Kamal Helmi, betonte auf eine entsprechende Frage nach der Parlamentseröffnung, dass bereits ein Sonderausschuß des Parlaments mit dieser Frage befaßt worden sei, wobei politische Beobachter erwarten, dass der neue Wahlrechtsentwurf das bisher existierende Wahlkreissystem zugunsten eines, dem deutschen Wahlrecht ähnelnden, gemischten System aus Listen- und Wahlkreiskandidaten ersetzen wird.
Mit Blick auf die auch in Ägypten angestrebte Liberalisierung des Arbeitsmarktes diskutiert das zuständige "Ministerium für Manpower" seit nunmehr fast sieben Jahren (!) mit Gewerkschaften und den Arbeitgebervertretern diesen Gesetzentwurf, der zum Ziel hat, die Arbeitsbedingungen in Ägypten jenen in den restlichen Industriestaaten wenn nicht gleichzustellen, so doch wesentlich anzugleichen. Gleichzeitig sollen alte, noch aus der NasserÄra stammende Regelungen zum Kündigungsschutz von Arbeitnehmern und zur automatischen Beschäftigung von Akademikern in Öffentlichen Dienst abgeschafft bzw. modifiziert werden.
Die Tatsache allerdings, dass dieser Gesetzentwurf auch das bisher stark eingeschränkte Streikrecht beinhaltet, verspricht diesem Gesetzentwurf eine umfassende Debatte im Parlament, muss doch die ägyptische Regierung befürchten, dass eine Einführung des Streikrechts gerade zum jetzigen Zeitpunkt, unter Umständen zusätzliche Risiken für den erhofften Wirtschaftsaufschwung nach den Terrorattacken in den Vereinigten Staaten in sich trägt.
Im Falle der Mietrechtsnovelle geht es vor allem um die Regelungen zur Mietkontrolle, welche vor allen Dingen die Wohnungsmieten seit Jahrzehnten auf einem unnatürlichen und schon gar nicht marktbestimmten Niveau festschreibt und ein enormes Investitionshindernis im Bereich des sonst gerade in der Arabischen Welt hoch geschätzten Wohnungsbaus darstellt.
Mit der jetzt erarbeiteten ägyptischen (Einkommens-) Steuerreform soll dagegen vor allem den unteren und mittleren Einkommensbeziehern geholfen werden, der progressiven Besteuerung teilweise zu entgehen. Wie üblich gehen den meisten Betroffenen die Steuererleichterungen allerdings nicht weit genug.
Mit der neuerlichen Kartellnovelle sollen sich u.a. vor allem Regelungen für den Geschäftsbankensektor ändern und helfen, das Phänomen der Geldwäsche besser in den Griff zu bekommen. Dieser Gesetzentwurf hat also durch die jüngsten Ereignisse zusätzliche Brisanz gewonnen.
Schließlich ist man bestrebt auch im Patentschutz die ägyptische Gesetzeslage dem internationalen Standard anzupassen, nicht zuletzt auch um bisher ausgebliebene ausländische Direktinvestitionen in Bereichen, wie der Pharmaindustrie, zu mobilisieren.
Das ägyptische Parlament sieht sich also zusammen mit der ägyptischen Regierung in der kommenden Sitzungsperiode in besonderem Masse herausgefordert, den neuen politischen und weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch eine adäquate Politik Rechnung zu tragen. Ob dies angesichts der erwachten Emotionen und der traditionellen regierungskritischen Haltung vieler Parlamentarier gelingen wird, bleibt, angesichts des unbekannten Verlaufs, den der propagierte "Krieg gegen den Terrorismus" in bzw. für die Region noch nehmen könnte, abzuwarten.
Quellen:
Muhammad Mursi: "The amazing shrinking parliament", in Cairo Times, 11.-17.Okt., S.9 Paul Schemm: "A question of timing", in Cairo Times, 15.-24. Nov. S.7 Gamal Essam El-Din: "MPs gear up for a fray", in Al-Ahram Weekly, 8. - 14. Nov. 2001, S.3, ders.: Independence for Central Bank, in Al-Ahram Weekly, 15 - 21. Nov. 2001, S.3, Niveen Wahish: The tip of the iceberg, in Al-Ahram Weekly, 22. - 28.Nov.2001, S.11 "PA sees tough challenges ahead", in: The Egyptian Gazette v. 20. Nov. 2001, S.7, "Mubarak approves minor Cabinet reshuffle", in: The Egyptian Gazette v. 22. Nov. 2001, S.1,
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