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„Make Europe great again“

Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán verkündet das Ende des Multilateralismus, fordert aber zugleich eine stärkere EU

In der Brüsseler Außenstelle der Konrad-Adenauer-Stiftung kamen Europa-Politiker mit Viktor Orbán zusammen, um über die Herausforderungen des Jahres 2017 zu diskutieren. Multilaterale Systeme lehnt der ungarische Ministerpräsident ab - fordert aber zugleich eine Europäische Verteidigungsunion. Diese könne Europa mehr Selbstbewusstsein verschaffen.

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„Grenzen zu öffnen ist die richtige Lösung, nicht Mauern zu bauen.“

Deutschland und Ungarn eint ein festes historisches Band: Am 10. September 1989 öffnete das Land seine Grenzen für DDR-Flüchtlinge. Die Mauer, die Ost und West teilte, fiel wenige Wochen später, am 9. November. Das Land im Südosten Europas hat die Einheit Deutschlands in Gang gebracht, fand Bundeskanzler Helmut Kohl später: „Ungarn hat den ersten Stein aus der Mauer geschlagen.“ Was damals galt, ist so aktuell wie nie, meint auch Hans-Gert Pöttering, Präsident des Europäischen Parlaments a. D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, im Hinblick auf Ungarns Grenzzaun – und Donald Trumps Pläne zum Bau einer Mauer zu Mexiko: „Grenzen zu öffnen ist die richtige Lösung, nicht Mauern zu bauen.“

Basis von Interessen sind Werte

Grundlage der ungarischen Entscheidung von 1989 seien die gemeinsamen Werte gewesen, so Pöttering. Werte, die sich seit 1992 auch im Zweiten Artikel des EU-Vertrags wiederfinden: „Die Werte, auf die sich die (Europäische) Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören.“ Auf dieser Basis, auf den gemeinsamen Werten, sind wir vereint, so Pöttering. Viktor Orbán hingegen hat eine eigene, eine andere Definition: „Ein pan-europäisches System kann nur aufgebaut werden auf den Politiken, den Plänen, dem Willen und der Zusammenarbeit der Nationen.“ Pöttering lässt das nicht gelten: „Die Interessen folgen den Werten“, betont er nachdrücklich.

Ende des Multilateralismus?

Orban ist kein Befürworter eines „transnationalen Gemeinwesens, das dem EU-Bürger multiple Loyalitäten abverlangt“, wie Barbara Lippert und Kai-Olaf Lang von der renommierten Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) die Europäische Union in einer Studie beschreiben. Im Gegenteil, Orbán sieht im Nationalismus des neuen US-Präsidenten ein Vorbild: „Trump hat gesagt, dass es das Recht aller Nationen ist, ihr eigenes Interesse voranzustellen. Das macht mir Hoffnung.“ Der Wechsel politischen Denkens sei eine gute Nachricht, so der ungarische Ministerpräsident, der das „Ende der multilateralen Ära“ gekommen sieht – und bilaterale Beziehungen seien auf dem Vormarsch. Politikberater stimmen Orbán zumindest in Letzterem zu: Schon länger ist in der internationalen Politik ein „Trend zu informellen Formaten erkennbar“, schreibt Markus Kaim, Sicherheitspolitik-Experte der SWP. Doch im Gegensatz zu Orbán warnt Kaim davor, dass diese Tendenz „langfristig die institutionellen Möglichkeiten unterminiert, internationale Krisenlandschaften zu gestalten.“

Einerseits schoss Orbán gegen multilaterale Systeme. Andererseits sprach er sich für eine gemeinsame Europäische Verteidigungsunion aus: „Das wäre etwas, um Selbstbewusstsein wiederzuerlangen“, so der Regierungschef. Und auch hier orientierte sich Orbán wieder an Trump und forderte: „Make Europe great again.“ Man würde es ihm fast glauben – hätte er nicht ein „ironischerweise“ davor gesetzt. Tatsächlich könnten die EU-Mitgliedstaaten im Bereich Verteidigung enger zusammenrücken. Eines steht aber fest: Eine solche Allianz kann nur multilateral umgesetzt werden.

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Leiter des Auslandsbüros Washington, D.C.

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