Grundlegende Gesellschaftsfragen miteinander besprechen, unterschiedliche Positionen sichtbar machen und politische Auseinandersetzungen anstoßen - das ist unser Debattenforum „ANSICHTSSACHE“.
Prof. Dr. Verena Blechinger-Talcott, stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung, eröffnete am 12. November 2024, die neue Debattenreihe zum Thema „Geschlechterfragen“ in Kooperation mit dem Cluster of Excellence der Freien Universität Berlin „Contestations of the Liberal Script — SCRIPTS“.
In ihrem Impuls stellte Prof. Dr. Gülay Çağlar, Professorin für Gender and Diversity an der FU Berlin, das aktuelle Projekt von SCRIPTS „Frauenhass im Netz“ vor, mit dem untersucht werden soll, welche Relevanz Gewalt und Hass gegen Frauen für die liberale Ordnung hat, welche Formen von Frauenhass im Netz auftreten und wer die Akteure sind. These: Das Thema durchzieht alle Bereiche unserer Gesellschaft. Hass erfahren Politikerinnen, Journalistinnen, Wissenschaftlerinnen ebenso wie Kindergärtnerinnen, Polizistinnen und Geschäftsfrauen, was dazu führen könne, dass sich Frauen aus vor allem öffentlichen und meinungsbildenden Räumen zurückziehen. Frauenhass im Netz habe dadurch spürbare Auswirkungen auf unsere Demokratie.
Vertieft wurde das Thema anschließend durch Dorothee Bär, Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, und Angélique Yumuşak, Bundesfrauenbeauftragte der Deutschen Polizeigewerkschaft.
Dorothee Bär MdB
- „Misogyne und antifeministische Kommentare und Handlungen sind in den letzten Jahren sichtbarer und salonfähiger geworden. Frauen sollen hierdurch klein gehalten und mundtot gemacht werden. Dies ist auch im Bundestag zu spüren. In der Kommunalpolitik ist es noch viel dramatischer.“
- „Wir haben im Internet immer noch „wild west“. 90% von KI-generierten Filmen im Internet haben einen pornografischen Inhalt, bei denen die Opfer fast ausschließlich Frauen sind.“
- „Wir brauchen eine klare staatliche und gesellschaftliche Ächtung von Hass und Gewalt gegen Frauen. Hierzu gehören auch weitere gesetzliche Regelungen in Deutschland und der EU.“
Angélique Yumuşak
- „Gewalt gegen Frauen hat sich erhöht. Besonders im Bereich der häuslichen Gewalt. 70% der Täter sind Männer. Der Anstieg ist auch mit einer größeren Sichtbarkeit von Gewalt gegen Frauen zu erklären. Die Gesellschaft ist sensibler geworden für dieses Thema.“
- „Betroffene Frauen trauen sich oft nicht, sich jemanden anzuvertrauen. Täter-Opfer-Umkehr spielt hier eine große Rolle, bei der die Schuld des Täters dem Opfer zugeschrieben wird. Die Scham bei vielen Frauen ist groß. Und Scham bedeutet Trauma.“
- „Es braucht viel mehr Täterprogramme, mehr rechtliche Mittel und zudem eine bessere Vernetzung zwischen Behörden wie Polizei, Familiengerichte und Jugendämter.“
- „Mehr Frauenhäuser sind wünschenswert, aber nicht Lösung des Problems. Wenn Frauen diesen Schritt gehen, ist es schon zu spät. Laut einer Umfrage finden es viele Männer im Alter von 18 bis 24 Jahren normal, wenn mal die Hand ausrutscht. Wir brauchen vor allem mehr Aufklärung und ein gesellschaftliches Umdenken.“
Der Auftakt der neuen Debattenreihe hat gezeigt, dass Gemeinschaften aus enthemmter Gewalt und Frauenhass, insbesondere in der Anonymität des Internets, größer werden und immer häufiger auch die Grenzen des Digitalen überschreiten. Frauenhass im Netz geht physischer Gewalt voraus und hat letztlich Auswirkungen auf unsere Demokratie.
Fotos: Tobias Koch
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Politisches Bildungsforum Berlin
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