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Als das „Öl des 21. Jahrhunderts“ werden Daten häufig bezeichnet. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach in ihrer letzten Regierungserklärung sogar vom „Rohstoff der Zukunft“. Fest steht: „Mit Daten wird schon jetzt sehr viel Geld verdient“, so Thomas Köhler, Leiter der Hauptabteilung Politik und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Doch ähnlich der Ölindustrie zu Zeiten Rockefellers gäbe es auch auf dem Gebiet der Daten viele Akteure, die „ihren Teil vom Kuchen“ abhaben wollen, und nur wenig gesetzliche Regulierung. „Der Rechtsrahmen ist mit dem bestehenden Recht unvollkommen“, lautet auch die Einschätzung von Dr. Pencho Kuzev, Koordinator für Digitalisierung und Datenpolitik bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. Das volkswirtschaftliche Potenzial von Daten lasse sich erst dann richtig erschließen, wenn eine gesellschaftliche Anerkennung als Wirtschaftsgut erfahren und in einem klaren Rechtsrahmen verwendet werden können, so der Mitherausgeber der Studie. Ist die Zeit also reif für eine Fortentwicklung des geltenden Rechts?
„Wir müssen das Eigentum an Daten anders handhaben als das Eigentum an einer Blumenvase“
Bereits seit einigen Jahren läuft unter Rechtswissenschaftler und Ökonomen eine kontroverse Debatte über die Schaffung eines Eigentumsrechts an Daten. Mit der am 25. Mai in Kraft tretenden Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) ist für den Schutz der personengebundenen Daten ein wichtiger Schritt getan worden. Die Frage, wem unsere Daten eigentlich „gehören“, bleibt jedoch unbeantwortet. Das kann auch an den vielen offenen Fragen rund um die Schaffung eines Dateneigentumsrechts liegen. Große Fragezeichen gibt es zum Beispiel bei der Begründung der Schutzwürdigkeit von Daten oder der Zuordnung des Dateneigentums zu seinem rechtmäßigen Eigentümer. Auch der Konflikt mit dem Grundsatz der Gemeinfreiheit von Daten wird häufig von Kritikern eines Dateneigentumsrechts genannt. Was also tun? Vielleicht lieber noch ein paar Jahre abwarten, wie sich die Digitalisierung so entwickelt, und dann nochmal darüber diskutieren? Für Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer ist das genau die falsche Strategie. „Die Unternehmen brauchen jetzt Rechtssicherheit“, fordert der Rechtswissenschaftler und ehemalige Ordinarius für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Wirtschaftsrecht an der Universität Konstanz. Im Jahr 2016 hat Fezer erstmals die Idee eines Dateneigentumsrechts öffentlich diskutiert und damit eine breite Debatte ausgelöst. In der von der Konrad-Adenauer-Stiftung herausgegebenen Studie „Repräsentatives Dateneigentum - Ein zivilgesellschaftliches Bürgerrecht“ hat Fezer seine Idee auf mehr als 60 Seiten konkretisiert. „Wir müssen das Eigentum an Daten anders handhaben als das Eigentum an einer Blumenvase“, so Autor Karl-Heinz Fezer bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Sein Konzept: ein repräsentatives, kontinuierliches, zeitliches Immaterialgüterrecht. Daten beschreibt er als „kulturelle Tatsachen“, die Interaktion und Kommunikation zwischen Menschen abbilden. „Das Verhalten des Bürgers - sein Handeln und sein Nichthandeln - generiert die digitalisierten Daten seines Verhaltens“, heißt es dazu in der Studie. Für die Eigentumsfähigkeit sei es gar nicht von Belang, ob Daten maschinengeneriert sind oder nicht. Bei der Schaffung eines Dateneigentumsrechts stehe der Bürger im Fokus. Er soll souverän „über den Inhalt und Zweck - und damit über die Sinnhaftigkeit - seiner digitalen Kommunikation“ bestimmen können.
Datenagentur als Repräsentativorgan
Bei der Frage, wer die Aufsicht über Zugang und Nutzung von Bürgerdaten führen soll, schlägt Fezer eine unabhängige Datenagentur als Repräsentativorgan vor. Diese könne „als empfehlendes oder ein entscheidendes Gremium institutionalisiert werden“. Möglich sei auch eine Einbindung in den Aufgabenbereich des Bundeskartellamtes. Regelungsgegenstand einer solchen Datenagentur sind laut Studie die „Geschäftsmodelle und Geschäftsbereiche der Unternehmen der kommerziellen Produktion, Sammlung, Verbindung, Bearbeitung, Vernetzung, Verwertung und Vermarktung von verhaltensgenerierten Informationsdaten der Bürger“. In der Zusammensetzung sollen die Mitglieder dieser Agentur die Pluralität der Gesellschaft widerspiegeln. Also keine Behörde mit den „üblichen Verdächtigen“, sondern vielmehr „kreative und innovative“ Akteure, die sich die repräsentative Wahrnehmung von Bürgerrechten zur Aufgabe machen.
Was schafft Innovation und Wettbewerb?
In der anschließenden Diskussion mit Experten u.a. aus verschiedenen Bundesministerien, dem Max-Planck-Institut sowie der IT-Branche standen vor allem Fragen nach der Praktikabilität eines solchen repräsentativen Dateneigentumsrechts sowie die Möglichkeit, trotz Regulierung weiterhin Innovation und Wettbewerb zu fördern, im Vordergrund. „Der digitale Ordnungsrahmen muss weiterentwickelt werden“, lautet die Einschätzung von Andreas Hartl (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie). Ziel müsse es jedoch sein, den Zugang und die Nutzung von Daten zu fairen Bedingungen auch weiterhin zu ermöglichen. Dr. Peter Letixerant, im Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zuständig für Recht der Digitalen Infrastruktur und Datenrecht, fordert einen praktischen Ansatz: „Wir dürfen diese Debatte nicht zu rechtstheoretisch führen“. Was wir in Deutschland brauchen, sei eine Regelung, welche die Transparenz erhöhe, Teilhabe sichere und gleichzeitig Geschäftsmodelle im digitalen Bereich ermögliche. Prof. Dr. Christian-Henner Hentsch, Professor für Urheber- und Medienrecht an der Kölner Forschungsstelle für Medienrecht, schlägt vor, dass man das Rad gar nicht neu erfinden müsse. Das Urheberrecht biete schon jetzt viele Instrumente, die man nur noch „wie aus einer Toolbox auswählen“ müsse. Warum also nicht das Urheberrecht als Vorbild für ein neues Datenrecht nehmen? Heiko Richter, Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, lobt den Problemansatz der Studie, gibt aber auch gleichzeitig zu bedenken, dass wir „noch gar nicht alle Probleme eingegrenzt“ hätten. Dennoch sei die Studie von Karl-Heinz Fezer „eine Studie, die zum Denken anregt“.
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