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Nicht nach Öffentlichkeit suchen, wo sie eher stören würde

Über das Verhältnis von Medien und Justiz

Die Älteren unter uns werden sich noch erinnern: Bis 2001 gab es im ZDF eine sehr beliebte von Bernhard Töpper moderierte Gerichtssendung mit dem Titel „Wie würden Sie entscheiden?“. Ihr Höhepunkt bestand darin, dass die Zuschauer im Studio am Ende Justizia einen Ball in eine ihrer Waagschalen legen konnten, woraufhin diese ihr Urteil fällte.

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Vielleicht rümpft die Jurisprudenz über so viel Inszenierung die Nase. Unbestritten ist aber bis heute das aufklärerische und pädagogische Moment der Sendung.

„Wie würden Sie entscheiden“ ist Geschichte, die Gerichtsbarkeit aber dafür nicht weniger in der Öffentlichkeit. Im Gegenteil. Die Urteilsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts erfreuen sich wachsender Beliebtheit beim Fernsehzuschauer. Im Durchschnitt schalten 800.000 ein, wenn sich die Tür öffnet, und die acht rot gekleideten Senatoren heraustreten. Im Jahr 2005, anlässlich der Entscheidung zur Auflösung des Bundestages, waren es sogar zwei Millionen.

Insbesondere für das Bundesverfassungsgericht ist so viel Aufmerksamkeit Fluch und Segen zugleich, so die Erkenntnis einer Veranstaltung der Norbert-Lammert-Stiftung in Berlin, bei der ihr Namensgeber mit dem ehemaligen Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio und Bernhard Töpper diskutierte.

Einerseits profitiert das Gericht. Seit Beginn der Fernsehübertragungen aus Karlsruhe hat sich sein ohnehin hohes Ansehen in der Bevölkerung noch gesteigert. Es lohnt sich also mal zu überlegen, auch über die Entscheidungen anderer Bundesgerichte live zu berichten. Als das Oberverwaltungsgericht Leipzig neulich über ein Nachtflugverbot urteilte, wäre das mit Sicherheit auf breites Interesse gestoßen.

Andererseits bringt es die Arbeit des Gerichts mit sich, dass sie aus guten Gründen hinter verschlossenen Türen stattfindet. „Wir sollten nicht nach Öffentlichkeit suchen, wo sie eher stören würde“, so Di Fabio. Zu Recht wird vom Bundesverfassungsgericht verlangt, es soll neutral und überparteilich im Stillen wirken. Und damit anders als die Politik, die auf öffentlichen Diskurs, auf das Ringen um Positionen und auf die Kontrolle durch Dritte angewiesen ist.

Das Bundesverfassungsgericht jedoch handelt weitestgehend autonom. Wenn man sich nicht angreifbar machen möchte, ist Diskretion zu wahren. Dort, wo Politiker sich das Resonanzsystem Medien für ihre eigenen Interessen zu nutzen machen, wäre zum Vergleich das Durchstecken von Informationen durch das Gerichts kontraproduktiv und sogar demokratiegefährdend. Man denke etwa an eine Hausdurchsuchung.

Trotzdem: Die latente Gefahr der Inszenierung und der Instrumentarisierung ist real. So wird dem Urteil erst seit einigen Jahren fernsehtauglich eine sogenannte Vorbemerkung vorangestellt. In dieser wird in leicht verständlichen Worten erklärt, wie das Gericht entschieden hat. Schließlich wolle der Zuschauer laut Töpper „keine Vorlesestunde“ mit Sätzen „über eine halbe Seite, die selbst Juristen nicht mehr verstehen“.

Auch das geflügelte Wort vom „Gang nach Karlsruhe“ ist sicherlich ein Stück weit Ausdruck dafür, dass die Politik das Bundesverfassungsgericht gerne instrumentalisiert. Mittlerweile hat sich der Eindruck verfestigt, das Bundesverfassungsgericht sei der verlängerte Arm der Politik. Dabei finden die allermeisten Gesetze immer noch ohne verfassungsrichterliche Prüfung ihren Weg in den Bundesanzeiger. „Karlsruhe ist kein Reparaturbetrieb und auch nicht die bessere Bundesregierung“, stellte Di Fabio klar.

Als umso ärgerlicher hat Lammert die Urteile zum Bundestags-Wahlrecht und zur Fünf-Prozent-Sperrklausel im Europawahlrecht empfunden. Letzteres sei „geradezu grotesk“, beachte es doch „zu wenig die politischen Implikationen“. Unabhängig davon wünscht sich Lammert, das Bundesverfassungsgericht hätte die Möglichkeit auch mal Nein zu sagen. Solche Klagen sollten abgewiesen werden können, die „nicht notwendigerweise eine verfassungsmäßiger Klärung bedürfen“.

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Ngày 16 tháng 11 năm 2011
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