Am 1. Januar 2021 jährte sich das Datum der Amtsübernahme durch Jair Bolsonaro zum zweiten Mal, was gemäß den Regelungen im politischen System Brasiliens bedeutet, dass der Präsident und seine Regierung die Hälfte ihrer regulären Amtszeit erreicht haben. Der Wahlsieg des als Anti-Establishment-Kandidat auftretenden Rechtspopulisten mit 55 Prozent der Stimmen in der Stichwahl gegen Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) markierte im Oktober 2018 zweifelsohne eine Zäsur für die brasilianische Politik. Allzu düstere Prognosen hinsichtlich eines Endes der brasilianischen Demokratie und Hinwendung zur Diktatur, wie von vielen Medien befürchtet, sind nicht eingetroffen und die Institutionen und Medien des Landes funktionieren auch in Pandemiezeiten. Mit ihrem vollmundigen Versprechen, Lösungen für quasi alle Probleme anzubieten und das Land zu verändern, ist die Regierung Bolsonaro bisher jedoch klar gescheitert. Die Polarisierung in der viertgrößten Demokratie der Welt hat sich im Zuge der Corona-Pandemie mit all ihren gravierenden negativen Auswirkungen weiter verfestigt und einigen wenigen Reformerfolgen aus der Anfangszeit der Regierung stehen eine Vielzahl alter und neuer Probleme gegenüber. So sprach Bolsonaro zu Jahresbeginn selbst davon, dass Brasilien nach krisenbedingten Rekord-Staatsausgaben „pleite bzw. am Ende sei“, um kurz darauf zu behaupten, dass „es Brasilien gut gehe und alles wunderbar sei“ . Die Wahrheit liegt, wie so oft, dazwischen, allerdings mit einer deutlich negativen Tendenz. Dies sahen auch die Brasilianer so, denn die Mehrheit der von Bolsonaro unterstützten Kandidaten bei den Kommunalwahlen im November 2020 wurden von den Wählern relativ deutlich abgestraft.
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