Katrin Albsteiger MdB und Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union, beklagte, dass Griechenland in der medialen Berichterstattung aus dem Fokus geraten sei. Es sei wichtig, die Situation Griechenlands nicht aus dem Auge zu verlieren.
Panagiotis Zografos, Botschafter der Hellenischen Republik, stellte fest, das die Krise nicht nur ein quantitativ wirtschaftliches Problem sei. Vielmehr habe die Auswanderung von jungen Menschen aufgrund von Perspektivlosigkeit auch Auswirkungen auf die Parteienlandschaft.
Martthias Schäfer, Leiter des Teams Wirtschaftspolitik der Konrad-Adenauer-Stiftung, begrüßte die Teilnehmer des 3. Workshops zur Situation Griechenlands.
(v.l.) Katrin Albsteiger, Panagiotis Zografos und Matthias Schäfer
Julian Rappold, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik (Mitte), refererierte im 1. Panel über das Parteiensystem in Griechenland. Mit der Krise habe sich die Parteienlandschaft gewandelt und befände sich in einem Umbruch, so Rappold.
Prof. Dr. Ioannis Zelepos, Ludwig-Maximilians-Universität München, ging in seinem Vortrag auf die Veränderungen der Mittelschicht in Griechenland ein. Er erläuterte, dass es eine Kluft zwischen privat-wirtschafltichen Erwerbstätigen und öffetnlich Bediensteten gebe. Die Krise habe dies verstärkt, aber nicht ausgelöst wie vielfach behauptet.
Im Anschluss des ersten Panels war Raum für Diskussionen.
Prof. em. Dr. phil. Heinz-Jürgen Axt, Lehrstuhl für Europäische Integration und Europapolitik, Universität Duisburg-Essen, zeigte sich kritisch gegenüber der flächendeckenden Förderungen Griechenlands. Er plädierte vielmehr für ein Wachstumscluster.
Prof. Dr. Alexander S. Kritikos, Deutsches Inistitut für Wirtschaftsforschung, Berlin, stellte in seinem Vortrag eine hohe Abwanderungsrate von innovativen Unternehmen in Griechenland fest. Er forderte ein besseres Innovationssystem, das den Markt öffne und Forschungsinstitute integriere.
Teilnehmer des 3. Workshops zu Griechenland
(v.l.) Prof. em. Dr. phil. Heinz-Jürgen Axt, Cvetelina Todorova und Prof. Dr. Alexander S. Kritikos
Die Teilnehmer diskutierten anschließend über unterschiedliche Formen der Hochschullandschaft in Griechenland und Star-up-Unternehmen.
Katrin Albsteiger MdB versprach den Teilnehmern, die Anregungen und Ergebnisse mit in ihre Arbeitsgruppe zu nehmen.
Dr. Matthias Bauer (li.), ECIPE, Brüssel, moderierte das dritte Panel. Christopher Gosau, Leiter des Referats Europäische Wirtschaftspolitik, Vertretung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) bei der Europäischen Union, erläuterte, dass mit dem Anstieg der Löhne in Deutschland, wieder mehr Unternehmen bereit seien im Ausland zu investieren. "Trotz der Krise in Griechenland sind gerade deutsche Unternehmen geblieben."
(v.l.) Christian Krämer, Dr. Matthias Bauer und Christopher Gosau diskutierten auf dem Panel III zum Thema "Griechenland praktisch: Investitionen einfach gemacht?"
Christian Krämer, Leiter des Vorstandsstabs der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), Frankfurt am Main, stellte die KfW vor und den neu gegründetete Entwicklungsbank "Institution for Growth" vor.
Für die Teilnehmer ging es nach dem Auftakt in Berlin auf Delegationsreise nach Athen.
Zum dritten Mal setzten sich Experten aus Bundestag, Kanzleramt, Ministerien, Think Tanks und Forschungsinstituten im Rahmen des Griechenland-Workshops der Konrad-Adenauer-Stiftung mit den wirtschaftlichen, politischen und sozialen Entwicklungen in Griechenland auseinander. Vor der Delegationsreise der Fachgruppe nach Athen wurden in einer Auftakt-Veranstaltung in Berlin die aktuellen Herausforderungen für das Land beleuchtet.
Trotz der Kürzungen von 23 Prozent des Durchschnittsgehaltes, struktureller Reformen und der Anhebung des gesetzlichen Rentenalters auf 67 Jahre, sei das Land optimistisch. „Griechenland hat große Anpassungsfähigkeit gezeigt“, sagte Zografos.
Für ihn spiegele sich darin der Wille der Bevölkerung wider, Europa gerecht zu werden. Die Mehrheit der Griechen wolle in der EU bleiben, betonte der Botschafter. Noch 2012 bei den Parlamentswahlen konnten rechtspopulistische und neonazistische Parteien wie die „Unabhängigen Griechen“ oder die „Goldene Morgenröte“ mit Europaverdrossenheit bei den Wählern punkten. Doch mittlerweile sei der Euroskeptizismus zurückgegangen. „Diese Parteien sind ein Phänomen und bauen sich auf lange Sicht ab“, prognostizierte Zografos.
Julian Rappold, Experte für Wirtschaftsfragen der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, sieht im Umbruch der Parteienlandschaft seit 2012 vielmehr die immer noch andauernde Suche nach Stabilität. Die Griechen und insbesondere die Volksparteien treibe vielmehr die Frage um, ob genügend Stimmen zustande kommen, wenn im Februar 2015 ein neues Staatsoberhaupt gewählt wird. Derzeit hat die Regierungskoalition aus Nea Dimokratia und PASOK 154 Mandate im Parlament, doch es sind mindestens 180 Stimmen für die Staatspräsidentenwahl nötig. „Somit ist noch viel Luft nach oben für mögliche Koalitionen“, sagte Rappold.
Katrin Albsteiger MdB, Mitglied im Ausschuss für Angelegenheiten der Europäischen Union, warnte entgegen Zografos vor einem wachsenden Europaskeptizismus insbesondere unter Jugendlichen. „Der Glaube an die EU und den damit verbundenen Wohlstand wird stark in Frage gestellt“, sagte Albsteiger. „Wir ziehen eine verlorene Generation groß, ohne Hoffnung und Perspektive, die zu extremen Parteien tendiert“, mahnte sie.
Sie forderte als Schlüsselfaktor zur Bewältigung der Krise und gegen eine hohe Jugendarbeitslosigkeit unter anderem den Ausbau der dualen Bildung. Zudem müssten kleine und mittelständige Unternehmen Kredite erhalten, damit sich auch die Gründerszene besser etablieren kann. Darüber hinaus unterstütze sie die Haltung Deutschlands gegenüber den Strukturreformen. „Die harte Linie ist wichtig und richtig, denn nur so können die Reformen auch erfolgreich sein“, sagte die Abgeordnete. Sie versprach den Teilnehmern, die Anregungen und Ergebnisse des dreitägigen Workshops mit in ihre Arbeit im Bundestag hinein zu nehmen.