Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat uns deutlich vor Augen geführt, dass es eine neue Form von Wehrhaftigkeit in der Bundeswehr und Resilienz in der Bevölkerung bedarf, und die „Zeitenwende“ nicht länger ignoriert werden kann. Die Frage nach der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands sei relevanter denn je, sagte Dr. Peter Fischer-Bollin, Leiter der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung, in seinem Eingangsstatement. Eine besondere Rolle nehmen hierbei die Reservistinnen und Reservisten ein. Sie seien sowohl eine Stütze als auch ein Querschnitt der Gesellschaft, so Pascal Kober, Stellvertreter des Präsidenten des Verbandes der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. Was aber bedeuten nun der russische Angriffskrieg und die proklamierte Zeitenwende für die zukünftige Ausrichtung deutscher Sicherheitspolitik? Welche Folgen ergeben sich für Gesellschaft und Truppe? Welche personellen, materiellen und strukturellen Konsequenzen sind abzuleiten? Und wie lässt sich der Frauenanteil in der Bundeswehr und Reserve erhöhen? Diese und andere Fragen diskutierte Amelie Stelzner-Doğan, Referentin für Bundeswehr und Gesellschaft bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, am 10. Mai 2022 in einer hybriden Gesprächsrunde in Kooperation mit dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. mit Vertretern aus Militär, Wissenschaft und Politik.
Frau Dr. Pia Fuhrhop von der Stiftung Wissenschaft und Politik, verdeutlichte zunächst, dass die Rede von der sogenannten „Zeitenwende“, ein deutsches Phänomen sei. Denn anders als andere Staaten habe die deutsche Sicherheitspolitik auf den Annahmen beruht, dass europäische Sicherheit nur mit Russland zu erreichen sei und Wirtschaftskooperation zu Wandel führe. Die Bundeswehr habe, so Fuhrhop, in sicherheitspolitischen Überlegungen dabei bisher nie eine zentrale Rolle gespielt. Aufgrund des Angriffs auf die Ukraine müsse Deutschland sich nun eingestehen, dass Sicherheit vor Russland nötig, Wirtschaftsabhängigkeiten riskant und die Bundeswehr den Kern der deutschen Sicherheitsvorsorge bilden müsse. Hierzulande müsse die Zeitenwende auch in den Köpfen stattfinden. Dies müsse mit einem politischen und gesellschaftlichen Prozess einhergehen, und die Frage beantworten, welche Art von Bundeswehr wir in Zukunft haben möchten.
Aufzeichnung der Podiumsdiskussion zur Zukunft der Reserve
Aus militärischer Perspektive machte Generalleutnant Markus Laubenthal, Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, deutlich, dass nicht erst der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine, sondern bereits die Annexion der Krim 2014 ein Weckruf gewesen sei. Der Fokus müsse wieder verstärkt auf Landes- und Bündnisverteidigung gelegt werden. Dafür benötige es ein (angepasstes) Fähigkeitsprofils sowohl für die aktiven Soldatinnen und Soldaten als auch für die Reserve. Mit Bezug auf das geplante Sondervermögen von 100 Milliarden Euro mahnte Laubenthal zu einem nachhaltigen Einsatz des Geldes, da es Defizite in allen Fähigkeiten und Bereichen der Bundeswehr gäbe, die dringend behoben werden müssten.
Vor dem Hintergrund seiner Ukrainereise hob Roderich Kiesewetter, Sprecher für Krisenprävention der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, den breiten Wehrwillen in der ukrainischen Bevölkerung hervor. Es bedürfe auch einer neuen Wehrhaftigkeit in Deutschland: So sei zum einen eine neue strategische Kultur nötig. Zum anderen müsse es ein Zusammenspiel von zivilen und militärischen Akteuren geben, sowie die verstärkte Sichtbarkeit und Realisierbarkeit von z.B. Krisenübungen. Aus seiner Sicht habe die Zeitenwende bereits 2014 – nach der russischen Annexion der Krim – begonnen. Diese neue Zeit bedürfe einer Bundeswehr, mit klarem Auftrag, den nötigen Mitteln für strukturelle, personelle und materielle Entwicklungen, sowie den Rückhalt der Gesellschaft. Dafür sei auch eine gut ausgestattete Reserve notwendig.
In der anschließenden Frage- und Diskussionsrunde betonten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer u.a. die Relevanz der Vielfalt innerhalb der Reserve und der Bundeswehr. Wer die Gesellschaft mitnehmen will, müsse sie spiegeln. Dabei komme auch der Rolle der Frauen eine zentrale Bedeutung zu. Frauen seien in der sicherheitspolitischen Debatte längst keine Ausnahmen mehr, sondern hätten Vorbildfunktionen inne, sagte Pia Fuhrhop. Unsere Resilienz liege somit auch in der gesellschaftlichen Vielfalt und insbesondere in der festen Verankerung von Bundeswehr und Reserve in der Bevölkerung. Um den Wehrwillen in der Gesellschaft sicherzustellen, gelte es, die Reserve zu professionalisieren, und Deutschlands Verteidigungsfähigkeit somit auch in Zukunft sicherzustellen.
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