Izvještaji o manifestacijama
Die Wiedervereinigung Deutschlands ist ein unschätzbarer Gewinn, der auch nach 20 Jahren aber noch immer gesteigert werden kann. So lassen sich Referate und Diskussionen zusammenfassen, mit denen sich der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) und die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) am 11. und 12. September 2010 in den geschichtsträchtigen Räumen der Wartburg in Eisenach, beschäftigten. Prominenteste Redner des Wartburg-Gesprächs waren DRK-Präsident Rudolf Seiters, in der entscheidenden Phase Chef des Bundeskanzleramtes, sowie Thüringens Finanzministerin Marion Walsmann.
Die Wiedervereinigung, so Ministerin Walsmann, habe in den neuen Bundesländern nicht nur Investitionen ausgelöst, sondern auch Initiativen. Mit Blick auf ihr Bundesland Thüringen stellte Ministerin Walsmann fest, der Wirtschaft sei es gelungen, an frühere Stärken und Traditionen anzuknüpfen. Die Menschen hätten nicht nur Freiheit gewonnen, sondern damit auch Möglichkeiten, und diese hätten sie engagiert genutzt.
Steffen Kubitzki vom Cartellverband, in der DDR geborener Katholik, stützte dies in der Diskussion mit einem Blick auf das Menschenbild des real existierenden Sozialismus: Der Mensch habe funktionieren müssen, sei ein gesellschaftlicher Faktor gewesen, als Individuum habe er keinerlei Bedeutung gehabt. Die deutsche Einheit als Erfolg zu sehen heiße nicht, die Folgen der Teilung zu übersehen, griff Rudolf Seiters in seinem Rückblick auf die Ereignisse des Jahres 1989 zahlreiche Diskussionen über den Einigungsprozess im Laufe der 20 Jahre seitdem auf. Tatsächlich habe man die Brisanz der wirtschaftlichen Verhältnisse damals unterschätzt. Die ökonomische und ökologische Erblast des SED-Staates sei weitaus katastrophaler gewesen als zunächst angenommen. Probleme wie der rapide und plötzliche Wegfall der alten Ostmärkte seien hinzu gekommen. Das Unterschätzen dieser Probleme habe manche Hoffnungen und aus dem Westen genährte überhöhte Erwartungen an eine ganz schnelle Angleichung der Lebensverhältnisse geweckt, was sicherlich ein Grund für manche Frustrationen sei.
Die Mehrheit der Menschen in Ost und West sei mit ihrer Lebenssituation zufrieden, obwohl es auch Fälle gebe, in denen die Erwartungen an die deutsche Einheit zu hoch gesteckt gewesen und nicht erfüllt worden seien, griff auch Ministerin Walsmann dieses Thema auf. Anfängliche wechselseitige Negativ-Urteile übereinander seien durch das Gespräch miteinander abgebaut worden. „Die Deutschen in Ost und West gehören zusammen. Sie haben zusammen gefunden“, zog sie Bilanz.
Auch wenn es das eine oder andere Problem gegeben habe, habe es, so Seiters, zur Politik der schnellen Wiedervereinigung keine vernünftige Alternative gegeben. Die DDR sei vom Ausbluten bedroht gewesen. Die SED sei im Herbst 1989 in den Zangengriff zwischen den Forderungen der Menschen in der DDR und den gleichlautenden Forderungen der Bundesregierung nach Durchsetzung der Menschenrechte geraten und habe ihre Autorität zunehmend verloren. Die Sowjetunion sei in ihrer instabilen Lage auf die Kooperation mit den USA und die wirtschaftliche und finanzielle Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik angewiesen gewesen und habe deshalb einer Lösung der deutschen Frage nur zustimmen können, wie sie den Vorstellungen und Forderungen der Westmächte entsprach, nämlich mit voller Souveränität und Bündnisfreiheit.
Dass der Weg zur deutschen Einheit damals durchaus nicht lange vorgezeichnet war, machten Diskussionsforen mit Wissenschaftlern, damaligen Angehörigen der DDR-Bürgerrechtsbewegung und Kirchenvertretern deutlich. Die deutsche Teilung, so Rudolf Seiters, war zur Selbstverständlichkeit der europäischen Stabilität geworden und von vielen politischen Kräften sowohl in Deutschland als auch in den europäischen Nachbarstaaten akzeptiert. Andreas Khol, ehemaliger österreichischer Nationalratspräsident, konnte hier auf Diskussionen in der damaligen großen Koalition seines Landes verweisen. Auch die Bürgerrechtsbewegung, so die Thüringer Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen und damals Mitglied dieser Bewegung, Hildigund Neubert, habe die Einheit nicht einhellig angestrebt. Mit Seiters war sich Neubert einig, dass es beim Vereinigungsprozess auch Fehler gegeben habe, die heute noch argumentativ genutzt würden.
Einig waren sich die meisten Diskussionsteilnehmer darin, dass die Angleichung der Werte und Einstellungen in Ost und West trotz einer insgesamt in beiden Teilen des Landes positiven Bewertung der Wiedervereinigung noch einige Zeit dauern werde. Insbesondere die Religionsferne zunächst im Nationalsozialismus und nahtlos anschließend in der DDR sei hier ein beachtenswerter Faktor. Probleme im Vereinigungsprozess, so unter anderem Günter Nooke aus seiner Beobachtung als Bürgerrechtler und Zeitzeuge, seien hier nicht ohne Einfluss geblieben. Am insgesamt positiven und für die Zukunft optimistischen Fazit der Tagung änderte dies allerdings nichts.
Die Veranstaltung wurde mit freundlicher Unterstützung der Sparkassen-Finanzgruppe Hessen-Thüringen durchgeführt.
Bereitgestellt von
Politisches Bildungsforum Thüringen
Über diese Reihe
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