Länderberichte
Aufgrund der seit wenigen Wochen um über 50 % gestiegenen Treibstoffpreise wird der Transport aus den Wohnvierteln der schwarzen, überwiegend armen Bevölkerung (townships) zu den Arbeitsstätten und in die Stadt für viele unbezahlbar. Obwohl die nationale Verbraucherorganisation der Regierung eine Woche Zeit gab, die Preise für Brot und Transport zu reduzieren und zu einem Brotboykott aufrief, kam es von Montag bis Mittwoch spontan zu Straßenblockaden und daran anschließenden Straßenschlachten mit der Polizei.
Ausgangspunkt waren die östlichen townships, von denen die Unruhen dann in die südlichen Wohnviertel übergriffen. Die Bilanz sind zwei Tote (?) und zahlreiche Verletzte, unter ihnen der (oppositionelle) Parlamentsabgeordnete eines townships, der nachts mit Frau und Kindern brutal von Polizisten verprügelt wurde.
Der Unmut über die kontinuierlich steigenden Preise nahm diesmal derartige Ausmaße an, dass es zu Angriffen von Demonstranten auf Busse sowie zu Plünderungen von Bäckereien und Supermärkten kam. Da Kleinbusunternehmen ihren Service in den betroffenen Gebieten einstellten, konnten zahlreiche Menschen nicht zu ihren Arbeitsplätzen gelangen und Fabriken ihren Betrieb nicht aufnehmen. Auch viele Schulen blieben geschlossen, zahlreiche Schüler konnten ihre anstehenden Abschlussprüfungen nicht absolvieren.
Trotz eines Appells der Menschenrechtsorganisation ZimRights an die Regierung, human und ohne den Einsatz von Militär auf die angespannte Situation zu reagieren, wurde Mugabes Nationalgarde abgestellt. Seit der Unabhängigkeit Simbabwes vor zwanzig Jahren ist dies nun das dritte Mal, dass das Militär bei der Bekämpfung von Unruhen in Wohngebieten herangezogen wurde.
Das erste Mal entschied Mugabe sich dazu im Jahre 1998 im township Chitungwiza, wo bereits damals ein durch die steigenden Nahrungsmittelpreise hervorgerufener Aufstand stattfand, der sich schnell landesweit ausbreitete. Er endete mit zehn toten Zivilisten!
Im Juni dieses Jahres kam das Militär während der Parlamentswahlen zum Einsatz. Die Tatsache, dass Präsident Mugabe in den letzten zwei Jahren dreimal mit derart drastischen Mittel innenpolitische Krisen zu "lösen" versucht hat, wird von vielen als Indikator eines drohenden Machtverlustes gewertet.
Obwohl sich nur einzelne Bewohner verschiedener townships an den Straßenblockaden und Unruhen beteiligten, hat die Polizei und das Militär mit einer großangelegten Aktion gegen den überwiegenden Teil der Bevölkerung hierauf reagiert. Statt de-eskalierend vorzugehen und gewaltsame bzw. kriminelle Trittbrettfahrer, die sich gerade an Plünderungen beteiligten, zu verhaften, wurde auf das bewährte Mittel von Gewalt gegen und Einschüchterung der breiten Masse gesetzt.
Einzelne townships wurden hermetisch abgeriegelt und von Polizisten und Militärs mit zwei Helikoptern und einer Hundertschaft mit den bekannten und selbst bei friedlichen Demonstrationen eingesetzten Repressalien wie Tränengas und Schlagstöcken systematisch heimgesucht. Lehrer, die generell im Verdacht stehen, tendentiell der Opposition nahe zu stehen, wurden wahllos vor ihren Schulklassen mit Schlagstöcken verprügelt oder ausgepeitscht.
Ganze Schulgelände wurden mit Tränengas beschossen, zahlreiche Kinder erlitten Verletzungen der Atemwege. Ein 15jähriger Junge verlor durch einen Peitschenhieb eines Polizisten ein Auge. Diejenigen, die (überwiegend per Kleinbus) die townships verlassen wollten, wurden von Soldaten aus den Fahrzeugen gebeten und einzeln verprügelt.
Obwohl der Sprecher der Polizei bestreitet, dass von Handfeuerwaffen Gebrauch gemacht wurde, sieht diese sich mit dem Vorwurf konfrontiert, einem 14jährigen Jungen auf der Straße ins Bein geschossen zu haben. Das gewaltsame Vorgehen von Polizei und Militär hat auch nicht vor Journalisten halt gemacht, die über die Unruhen berichten wollten.
Ein vierköpfiges Reporterteam des südafrikanischen Fernsehens SABC wurde verprügelt und aus dem township vertrieben. Selbst Reporter der regierungsnahen Fernsehens ZBC wurden gewaltsam daran gehindert, die Vorgänge zu dokumentieren. Nichtsdestotrotz haben aber sogar die staatlich kontrollierten Medien in Simabwe relativ kritisch über die Rolle von Polizei und Militär bei den Ausschreitungen berichtet, was erstmals in dieser Form zu beobachten war.
Die Regierung, die die wirtschaftliche Misere zu verantworten hat, beschuldigt nun die Opposition, die Aufstände bewusst initiiert zu haben, um einen Machtwechsel herbeizuführen. Sie bezieht sich dabei auf eine Drohung ihres Führers Morgan Tsvangirai, wonach Mugabe gewaltsam aus dem Amt entfernt würde, wenn er nicht freiwillig geht. Inzwischen werden auch innerhalb der regierenden ZANU-PF Stimmen laut, wonach Mugabe nach seiner Amtszeit als Präsident, die 2002 ausläuft, nicht wieder kandidieren sollte. Junge reformfreudige Parlamentarier aus dem Regierungslager würden gar ein von der Opposition angestrebtes Amtsenthebungsverfahren gegen Mugabe unterstützen, um weiteren Schaden für ihre Partei zu vermeiden und die internationale Isolierung, in die Mugabe das Land geführt hat, aufzubrechen. Der Druck auf den seit 20 Jahren amtierenden Präsidenten wächst spürbar
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