Veranstaltungsberichte
Auch wenn der kleinste aller Kontinente viele Flugstunden von Deutschland entfernt ist, kulturell sind sich beide Staaten sehr nahe und stehen seit 60 Jahren in diplomatischen Beziehungen. Anlass genug, während der Podiumsdiskussion "Australien und Deutschland – Partner in der Region Asien und Pazifik?" die am 21. Mai 2012 in Berlin stattfand, über Gründe und Ausbau der Kooperation nicht nur im asiatischen Raum zu sprechen.
In der Veranstaltung der australischen Botschaft und der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) erörterten hochrangige Entscheidungsträger und Politiker aus Australien und Deutschland das bereits gemeinsam Erreichte sowie das noch auszubauende Potential der beiden Staaten in der Region. Ein Konsens wurde schnell gefunden: das Fragezeichen am Ende des Veranstaltungstitel sei nicht nötig und ein Ausrufezeichen sehr viel passender!
In Anschluss an die Diskussion stellte Dr. Heribert Dieter, Wissenschaftler der Stiftung Wissenschaft und Politik sowie Australienexperte, den gemeinsam mit Bettina Biedermann verfassten "Länderbericht Australien" der Bundeszentrale für politische Bildung vor.
Austalien, ein zuverlässiger Partner
In seiner Begrüßung zeigte sich der stellvertretende Generalsekretär der Konrad-Adenauer-Stiftung, Dr. Gerhard Wahlers, sehr erfreut über das große Interesse an dieser ersten Veranstaltung der KAS mit Australienbezug in Deutschland. Im - mit 250 Gästen - vollbesetzten Forum der Akademie der Stiftung erläuterte Dr. Wahlers, der Aufstieg Asiens habe auch die Beziehungen zwischen Australien und Deutschland beeinflusst. Dabei habe Australien sich als zuverlässiger Partner in der Region bewiesen. Zwar habe Deutschland viele solide Partnerschaften im asiatisch-pazifischen Raum, aber das gemeinsame Wertefundament verbinde Deutschland und Australien auf eine besondere Weise. Als gemeinsame Interessen in Asien nannte er unter anderem den Frieden in Afghanistan, freie Handelswege, beispielweise im Südchinesischen Meer, sowie die Förderung von Demokratie und Menschenrechten.
Im Januar 2012 hatten die Außenminister Australiens und Deutschlands in Berlin einen gemeinsamen Fahrplan zur Strategischen Partnerschaft unterzeichnet. Das Ziel dieser Bestrebungen sei eindeutig: es gehe darum, die Beziehungen weiter auszubauen und konkrete Aspekte zur weiteren Zusammenarbeit zu identifizieren. Ein ganz konkreter Nutzen des Partnerschaftsabkommens könne beispielsweise sein, dass Deutschland von den Kontaktnetzwerken Australiens in die asiatischen Machtzentralen stärker profitiere. So sei Australien bereits assoziiertes Mitglied der bedeutenden East Asia Summit (EAS). In dieses Dialogforum wurden zuletzt auch die USA und Russland einbezogen, die EU hingegen wurde nicht eingeladen.
Dr. Wahlers beschrieb, dass Australiens wirtschaftlicher Erfolg durch die Dynamik des asiatischen Wachstums der letzten 20 Jahre deutlich gesteigert wurde. Das Land liefere mit seinem Ressourcenreichtum den Treibstoff für die rasante Entwicklung Asiens. Dennoch ist die EU in Summe mit etwa 15 Prozent wichtigster Handelspartner und spielt eine bedeutende Rolle für Australien. Zudem bestehen auch in der Entwicklungszusammenarbeit bereits eine Vielzahl von Verknüpfungen zur Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Rechtstaatlichkeit im Südpazifik. Dennoch gebe es noch immer genug Spielraum für eine Intensivierung der Kooperation.
Partnerschaft wichtiges politisches Symbol
Seine abschließenden Worte verband der stellvertretende Generalsekretär mit dem Dank an Dr. Stefan Friedrich, Teamleiter Asien und Pazifik der KAS und den australischen Botschafter, Peter Tesch, die den Anstoß zu der gemeinsamen Podiumsdiskussion gegeben hatten. Auch S.E. Botschafter Peter Tesch drückte in seinem Grußwort die Freude über die Veranstaltung und das hohe Interesse des Berliner Publikums daran aus. Er erhoffe sich nur das Beste für die gemeinsamen Beziehungen, die sich auch durch den Besuch des ehemaligen Premierministers Kevin Rudds im Juli 2009 in Berlin ausdrückten, bei dem auch Angela Merkel betonte, dass Australien und Deutschland die gleichen Interessen verfolgen. Zwar seinen die gegenseitigen "images" noch zu oberflächig, durch die wachsende strategische Betrachtung der bilateralen Beziehungen würde sich dies aber ändern.
Weitere neben den von Herrn Wahlers genannten Kooperationsfeldern für Australien und Deutschland seien der Klimawandel, die nukleare Abrüstung und Nichtverbreitung sowie die Wissenschaftliche Forschung und Zusammenarbeit. Australien habe ein großes Interesse an Deutschland als Partner in der Region Asien und wolle die Zusammenarbeit auch so gut wie möglich weiter ausbauen.
In der anschließenden Diskussion, die von Wahlers moderiert wurde, betonte Peter Doyle, Assistant Secretary der Europe Division des Department of Foreign Affairs and Trade der australischen Regierung, dass die strategische Partnerschaft das Herzstück der deutsch-australischen Partnerschaft sei. Dadurch werde der hohe Grad der politischen Verbindung demonstriert und gemeinsame Interessen institutionalisiert, wie zum Beispiel der Kampf gegen den Klimawandel. Daher sei die Partnerschaft ein sehr wichtiges politisches Symbol.
Deutschlands Erfahrungen spielten bedeutsame Rolle
Großbritannien, Frankreich und Deutschland seinen nicht nur die wichtigsten EU- sondern auch die wichtigsten Partnerländer Australiens, und das Interesse an ihnen wachse beständig. Zwar würde man dieses Jahrhundert das Asiatische Jahrhundert nennen, aber die EU sei noch immer einer der wichtigsten globalen Akteure und daher ein unabdingbarer Partner für Australien.
Volkmar Klein MdB, Mitglied der Deutsch-Australisch-Neuseeländischen Parlamentariergruppe, erklärte, dass die Zusammenarbeit und gemeinsame Investitionen sich nicht nur auf Asien beschränkten, sondern auch andere Entwicklungsländer einschlössen. Zu Australien stelle er in Deutschland eine sehr hohe Affinität fest, auch auf lokaler Ebene. Die Familiarität mit Australien sowie die geteilte Wirtschaftskultur lasse ein schnelles enges Zusammenwachsen leichter zu.
Reg Howard-Smith, Chief Executive der Chamber of Minerals and Energy in Western Australia, hob das wirtschaftliche Interesse an Deutschland hervor. West Australien sei einer der wirtschaftlich bedeutsamsten Bundesstaaten des Landes und erhoffe sich viel aus einer engeren Kooperation mit Deutschland. So sehe er Potenzial im Export von Seltenen Erden sowie von klimaneutraler Energieerzeugung. Zwar sei Asien der größte Export-Partner, die größten Investitionen kämen aber aus dem Westen. Deutschlands Erfahrungen in der Forschung und bei technischen Prozessen spielten für Australien eine bedeutsame Rolle.
Freier Handel und offene Märkte wichtiges Ziel
In Ergänzung zur wirtschaftlichen Kooperation hob Sibylle Pfeiffer MdB, Vorsitzende der CDU/CSU-Arbeitergruppe für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, die gefühlte Nähe durch die Wertegemeinschaft mit Australien hervor. Die gemeinsamen Interessen in der Welt seien nicht nur wirtschaftlich, sondern zunehmend sicherheitspolitisch, wie zum Beispiel das Engagement beider Staaten in Afghanistan zeige. Kooperation zur Prävention sowie Geberharmonisierung seien zentrale Punkte der Entwicklungspolitik, und dies funktioniere hervorragend mit Australien. Die vorhandenen Netzwerke Australiens ergänzten sich mit den Erfahrungen und dem Know-how Deutschlands und ließen die Zusammenarbeit daher vielversprechend erscheinen.
Diese sei besonders zentral beim Klimaschutz, erklärte anschließend S.E. Botschafter Stefan Auer, Beauftragter für Globalisierung, Energie- und Klimapolitik im Auswärtigen Amt. Klimaschutz und Wirtschaftswachstum seinen kein Widerspruch, sondern durchaus gemeinsam möglich. Langsam bewege sich die globale Gemeinschaft weg von dem Nord-Süd-Konflikt, da es, auch mit deutsch-australischer Hilfe, während der letzten Doha-Runde gelungen sei, ein Gefühl der gemeinsamen Verantwortung herzustellen, das in ein Klimaabkommen münden solle. Energie sei auch ein wichtiger Faktor in den bilateralen Beziehungen, da Australien ein bedeutender Produzent, Deutschland ein wichtiger Konsument sei. Ein gemeinsames Ziel, auch innerhalb der G20, sei daher der freie Handel und offene Märkte.
Botschafter Tesch erläuterte, dass für Australien sowohl Asien, dabei besonders ASEAN, als auch Europa wichtige Handelspartner seien. Die Region Asien und Pazifik sei dabei ungleich heterogener als die EU und somit schwer vergleichbar. Die gemeinsamen Werte sowie das gemeinsame Wirtschaftssystem böten allerdings eine sehr breite Basis für die Zusammenarbeit. Europa sei Teil des Asiatischen Jahrhunderts, und Deutschland präsent in der Region. Ein Hindernis für Europas Einfluss in der Region allerdings sei die Wahrnehmung der EU in Asien als getrennte Märkte. Die Anerkennung der bereits existierenden gemeinsamen Strukturen sei daher wichtig für ein besseres gegenseitiges Verständnis.
Verbreitung von "Good Governance"
Auf die Frage nach Chinas Rolle in Asien sowie die Rolle Australiens und Deutschlands antwortete Volkmar Klein, dass Australien die Entwicklung Chinas sehr optimistisch bewerte und eine baldige Änderung der politischen Strukturen und eine Hinwendung zu mehr Demokratie erwarten würde. Auch Deutschland setze sich für eine Verbreitung von Good Governance ein, auch außerhalb Chinas. Allerdings wären den Entwicklungsländern häufig auch die Einnahmen aus Rohstoffverkäufen wichtig. Australien könne zusammen mit Deutschland helfen, diese Einnahmen nachhaltig einzusetzen und Demokratietrends zu stärken.
Reg Howard-Smith bestärkte, dass verschiedene Staatsformen miteinander kooperieren und auch nebeneinander agieren können. So könnten sowohl China als auch Australien beispielsweise in Afrika aktiv sein, und ebenso habe Deutschland die Möglichkeit Einfluss zu nehmen. Australien hat sich bereit erklärt, Ländern in Afrika oder auch Indien bei der Entwicklung einer guten Regierungsführung sowie ökologischer und humanitärer Sicherheit zu unterstützen. Dabei sehe er sehr großes Kooperationspotenzial mit Deutschland.
Dazu bemerkte Sybille Pfeiffer, dass Chinas Aktivitäten nicht immer positiv zu bewerten seien, da Ressourcenausbeutung ohne Nachhaltigkeit betrieben würde. Für eine Partnerschaft im Bereich der guten Regierungsführung sei ein mit Konditionen verknüpftes Arbeiten wichtig, und Australien sei dafür ein natürlicher Partner. Zu dem gemeinsamen Themenspektrum sei besonders der Klimaschutz zu zählen. Dabei handele es sich um eine globale Aufgabe, die besonders in Asien starke Partner brauche.
Neue Herausforderungen in der Sicherheitspolitik
Auch Botschafter Auer bekräftigte, dass sich das Bild durch Durban geändert und sich die ehemaligen G77 in verschiedene Koalitionen aufgeteilt habe. Energie und Klimawandel ließen sich kaum voneinander trennen, daher müssten bestehende Initiativen gefördert werden und eine internationale "Rohstoff Governance" geformt werden. Zudem müssten freie Märkte gestärkt und Länder gezielter gefördert werden.
Abschließend erklärte Peter Doyle, dass der Aufstieg ganz Asiens, nicht nur Chinas, eine sehr große Chance für Australien sei. Dies bedeute aber auch neue Herausforderungen in der Sicherheitspolitik und der strategischen Positionierung seines Landes. Eine Plattform dafür sei zum Beispiel der East Asia Summit. Auch dass die USA nicht mehr der größte Handelspartner sei, sondern China, und somit keine Demokratie, gebe in Australien vielfach Anlass zu Diskussionen.
In der anschließenden Fragerunde durch das Publikum wurde zunächst die Frage erörtert, warum es trotz des vielfach betonten Wertekonsens erst kürzlich zur Vereinbarung über den Fahrplan zu einer strategischen Partnerschaft gekommen sei. Botschafter Auer erklärte hierzu, dass erst kürzlich ein Prozess des Umdenkens eingesetzt hätte und die Region Asien und Pazifik nun immer stärker in den Fokus rücke. Auch das Bewusstsein, dass globale Herausforderungen, wie die Energiewende, besonders mit Wertegemeinschaften zu meistern wären, sei vor nicht allzu langer Zeit entstanden.
Kultur- und Wissenschaftsaustausch sehr intensiv
Eine Frage zu Australiens Sanktionen gegenüber Fidschi beantwortete Peter Doyle damit, dass die Rückkehr Fidschis zur Demokratie ein wichtiges Thema in der Region sei und die Sanktionen zunächst fortgesetzt würden, sein Land allerdings aber weiterhin Gesprächsangebote und Hilfestellungen im Demokratisierungsprozess anbiete.
Zudem kam die Frage nach dem wissenschaftlichen Austausch auf, da dieser zumindest auf studentischer Ebene relativ einseitig sei: so seien in Australien sehr viel mehr deutsche Studenten zu finden als andersrum. Volkmar Klein erklärte, dass der Kultur- und Wissenschaftsaustausch vielleicht auf studentischer Ebene einseitig sei, dass er aber die Basis für die strategische Partnerschaft gewesen und daher auf anderen Ebenen sehr intensiv wäre. Botschafter Tesch bestätigte, dass ein Schwerpunkt der Botschaftsarbeit die Förderung der Kooperation zwischen den Universitäten sei.
Eine Nachfrage zu Australiens und Deutschlands Engagement im sich öffnenden Burma beantwortete Sybille Pfeiffer mit dem Hinweis auf eine enge Kooperation zwischen Australien und Deutschland und damit, dass die gut koordinierte Hilfe und das kohärente Vorgehen beispielhaft in der Entwicklungszusammenarbeit sei.
Länderbericht soll die Welt "nach hause holen"
Im Anschluss an die Podiumsdiskussion wurde der neu erschienene "Ländebericht Australien" vorgestellt. Dabei stellte Hans-Georg Golz, Leiter Print der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb), heraus, die Berichte hätten das Ziel, "die Welt nach Hause zu holen" und umfassende Analysen zu Land und Menschen zu geben.
Der Mitherausgeber und Co-Autor des Buchs, Dr. Heribert Dieter, erklärte, dass er mit dem Länderbericht einen Beitrag über die Faszination Australiens als Reiseziel hinaus schaffen wollte. Drei Punkte der australischen Politik seien, neben vielen anderen, auch für Deutschland von Interesse: zunächst die funktionierende Migrationspolitik Australiens. Der Staat hat sich Einwanderung zu einer seiner zentralen Aufgaben gemacht. Hierbei leiteten die Abwägung von Interessen und vor allem Nutzen die Politik und weniger Emotionen. Ein Beispiel dafür sei, dass Einwanderer die ersten zwei Jahres ihres Aufenthalts keinen Anspruch auf Sozialleistungen hätten.
Auch in der Bildungspolitik zeigten sich gravierende Unterschiede: das Bildungssystem werde zu einem Drittel privat getragen, mit einer teils sehr hohen finanziellen Belastung für die Eltern. Die besonders für deutsche Verhältnisse niedrigen Steuersätze bedeuten auch niedrige Staatszuwendungen in vielen Bereichen, so auch bei d en Universitäten. Bildung würde mehr und mehr zum Wirtschaftsfaktor und Universitäten ähnlich wie Unternehmen geführt.
Zudem hat Australiens Fiskalpolitik gezeigt, dass Sparen möglich sei und dabei Verschuldung nicht unbedingt nötig. Strukturreformen in den Jahren 1998 bis 2008 hätten sogar zu Überschüssen im Haushalt geführt. Sparen und Wachstum sei somit kein Widerspruch. Dieter stellte fest, das Australien sich seit 1991 beinahe unterbrechungsfrei in einer Wachstumsphase befinde. Genaueres dazu, und auch die durchaus vorhandenen Defizite, wie z.B. in der Infrastruktur oder der mangelnden Integration der Ureinwohner, seien ebenfalls Bestandteil des Länderberichts Australien, der ab sofort bei der Bundeszentrale für Politische Bildung zu bestellen sei.
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