Ausgabe: 1/2018
Vier Fragen vorab
Wer sich heute mit Digitalisierung beschäftigt, kommt am Thema Künstliche Intelligenz (KI) nicht mehr vorbei. Das ist insofern bemerkenswert, als es diese Disziplin bereits seit Mitte der 1950er Jahre gibt und bisher kaum Notiz von ihr genommen wurde. Wenn man den lautesten Rufern Glauben schenken möchte, dann steht die Menschheit nun vor einschneidenden Veränderungen, die ihresgleichen in der Geschichte suchen.
Geht es um das große Ganze, haben sich die sogenannten Kantischen Fragen des Königsberger Philosophen bewährt: Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch? Diese Fragen umfassen die Grenzen der Erkenntnis, die Ethik, die Religion und letztendlich die Frage nach dem Sein. Auf den Stand der Dinge und den Handlungsbedarf in Bezug auf Digitalisierung und KI werde ich weiter unten eingehen. Interessant ist die Antwort auf die letzte Frage, die der Schriftsteller Yuval Noah Harari in seinem kürzlich erschienenen Buch „Homo Deus“ sinngemäß so beantwortet, dass wir nichts anderes sind als ein sehr komplexer Algorithmus aus Fleisch und Blut. Dass es also keinen prinzipiellen Unterschied gibt zwischen uns und einem Supercomputer, der den Zustand unserer Zellen, unseren Hormonpegel, unsere Sinneseindrücke, unsere Erfahrungen etc. kennt. Das ist aus heutiger Sicht jedoch eher Science-Fiction und sollte nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden.
Wenn wir uns in der westlichen Gesellschaft über etwas definieren, dann ist es unsere Arbeit, genauer gesagt, unsere Erwerbsarbeit. Im Süddeutschen spricht man von „schaffen“. Wer arbeitet, der schafft. Was passiert mit uns und unserer Arbeitswelt in Zeiten der Digitalisierung? Dieser Frage will ich im Folgenden schlaglichtartig nachgehen.
Vorhersagen und Veränderungen
Man liest und hört immer wieder von Zukunftsprognosen aus der Vergangenheit, die genial danebengelegen haben. Wir Forscher im Bereich der KI bekommen häufig die Frage gestellt, wie die Digitalisierung das Arbeitsleben verändern wird. Ich frage mich dann manchmal, was etwa Gottlieb Daimler Ende des 19. Jahrhunderts wohl auf die Frage geantwortet hätte, wie das Automobil die Arbeitswelt verändern wird. Vielleicht hätte er geantwortet, dass man zunächst das Netz der Apotheken verdichten sollte, um erst einmal genug Treibstoff für Hunderte von Automobilen bereithalten zu können. Dass es in Deutschland einmal mehr Autos als Männer geben wird, hätte er wohl genauso wenig vorhergesehen wie die Tatsache, dass der überwiegende Teil der Erwerbstätigen mit dem Auto lediglich zur Arbeit fahren wird, wo es dann den ganzen Tag herumsteht. Aber das ist ein anderes Thema.
Seit der Industrialisierung hat sich das Arbeitsleben der vorher weitgehend in der Landwirtschaft tätigen Bevölkerung mehrfach erheblich gewandelt. Nicht nur Arbeitszeiten, auch Produktionsweisen haben sich verändert. Während man zu Beginn der Industrialisierung noch 60 Stunden die Woche arbeitete, einschließlich der Samstage, waren es nach dem Zweiten Weltkrieg noch 45 Stunden und heute sind es mitunter 35. Berufe und ganze Berufsfelder sind innerhalb kurzer Zeitspannen gekommen und gegangen. Scharen von Arbeitnehmern haben noch vor wenigen Jahren den ganzen Tag nichts anderes gemacht als mit Schreib- und Rechenmaschinen Dinge zu erledigen, die wir heute mit unseren PCs – dank Digitalisierung – nebenher mitmachen.
Auch die Nicht-Erwerbsarbeit hat sich dramatisch gewandelt. Meine Großmutter erzählte mir manchmal vom Alltag ihrer Mutter, einer Hausfrau in den 1920er Jahren. Diese musste im Winter Kohlen schleppen, im Sommer jeden Tag Milch und Käse einkaufen, da es ja keinen Kühlschrank gab, und abends eine „Molle Bier“ aus der Kneipe an der Ecke holen. Waschtag war im wahrsten Sinne des Wortes ein ganzer Tag, wenn die Wäsche auch noch zur Mangel gebracht werden musste. Durch das Aufkommen der entsprechenden Haustechnik und Haushaltsgeräte hat sich der Fulltime-Job „Hausfrau“, also die bei uns lange als normal angesehene Betätigung etwa der Hälfte der Bevölkerung, innerhalb weniger Jahrzehnte dergestalt gewandelt, dass er von zwei Berufstätigen nun nebenher miterledigt werden kann. Es sei denn, es gibt kleine Kinder im Haushalt. Dann ist die Mutter (oder der Vater) nach wie vor gefragt.
Die vergangenen industriellen und technologischen Umbrüche haben nie zu massenhafter Arbeitslosigkeit geführt, weder die aufkommende Fließbandproduktion in den 1920er Jahren noch die Roboter in den 1970er Jahren oder zuletzt die PCs in den 1980er Jahren. In schöner Regelmäßigkeit erscheinen seit einigen Jahren Studien, die teilweise erstaunlich detaillierte Vorhersagen über die Veränderungen der Arbeitswelt machen. Allen voran steht die vielzitierte Studie von Frey und Osborne aus dem Jahr 2013, die knapp die Hälfte aller Arbeitsplätze in den USA als potenziell durch Computer automatisierbar einschätzt. Diese Studie erschien allerdings schon vor den jüngsten Durchbrüchen in der KI. Solche Studien sind natürlich in hohem Maße spekulativ. Dort werden dann Berufsgruppen etwa nach dem Anteil der notwendigen sozialen Intelligenz eingruppiert und dann wird der Wahrscheinlichkeitsgrad hinsichtlich der Frage geschätzt, inwieweit Maschinen soziale Intelligenz zeigen können werden. Über jede dieser Begrifflichkeiten und Annahmen könnte man eine eigene Dissertation schreiben. Eine jüngere Studie von McKinsey aus dem Jahr 2017 zeigt, dass Technologie bisher tatsächlich immer mehr Jobs geschaffen hat als durch Veränderungen weggefallen sind. Die entscheidende Frage ist also: Wird es bei der nun kommenden Welle der Digitalisierung anders sein?
Worüber reden wir eigentlich?
Als Wissenschaftler sei es mir gestattet, drei für die Debatte relevante Kernbegriffe grob zu umreißen: Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. In einem Satz gesagt, ist die Künstliche Intelligenz ein Mittel zum Zweck der Digitalisierung und das maschinelle Lernen wiederum ein Werkzeug, um Künstliche Intelligenz zu realisieren.
Unter Digitalisierung wird eine Vielzahl technischer Vorgänge zusammengefasst, die in ihrer Art und Komplexität völlig verschieden sind. Historisch kann man grob von zwei Wellen der Digitalisierung sprechen. Die erste, die in den 1990er Jahren Fahrt aufnahm und noch längst nicht abgeschlossen ist, ist das Übertragen analoger Datenträger (z. B. Papier, Film, Tonband) in digitale, maschinenverarbeitbare Äquivalente. Hierbei ändert sich zunächst einmal nur das Trägermedium, beispielsweise liegt ein Foto nun als Bilddatei vor oder eine Adresskartei als eine Datenbank. Aber viel mehr als Abspeichern und Wiedergeben kann die Maschine mit den Daten nicht machen. Jegliche inhaltliche Arbeit obliegt dem Menschen. Die zweite Welle der Digitalisierung, die derzeit anläuft, macht die Daten für Maschinen verstehbar. Hierbei sind aufwändige Analyse- und Veredelungsprozesse nötig, bei denen häufig KI eingesetzt wird. Oft werden Effekte der Digitalisierung fälschlicherweise der KI zugeschrieben. Die Veränderung des Einzelhandels hin zum Online-Retail ist bisher beispielsweise nur eine Folge der Digitalisierung und hat mit KI (noch) nicht viel zu tun.
Künstliche Intelligenz beschreibt Informatik-Anwendungen, deren Ziel es ist, intelligentes Verhalten zu zeigen. Dazu sind in unterschiedlichen Anteilen bestimmte Kernfähigkeiten notwendig: Wahrnehmen, Verstehen, Planen, Handeln und Lernen. Heute sprechen wir von der schwachen KI, bei der es darum geht, den Menschen intelligent beim Erreichen seiner Ziele zu unterstützen, also um smarte Mensch-Maschine-Interaktion und -Kollaboration. Die starke KI ist eher philosophisch relevant. Sie zielt auf eine Imitation des Menschen, letztlich einen Humunculus, ab.
Maschinelles Lernen (ML) bezeichnet Verfahren, bei denen Computer-Algorithmen aus Daten lernen, beispielsweise Muster zu erkennen oder gewünschte Verhaltensweisen zu zeigen, ohne dass jeder Einzelfall explizit programmiert wurde. So lernen Algorithmen im Online-Buchhandel, dass es bestimmte Klassen von Büchern gibt, die von bestimmten Klassen von Kunden gekauft werden, ohne dass irgendwo im Vorfeld definiert würde, was Liebesromane sind oder was ein junger Familienvater ist. Autonome Fahrzeuge können schlicht dadurch lernen, dass Menschen sie eine Zeitlang steuern. Mit diesem Verfahren wird auch das automatische Labeln von Bildern trainiert. Menschen labeln hierbei Bilder z. B. mit der Information, ob ein Gesicht fröhlich oder traurig erscheint, und nach mehreren tausenden oder zehntausenden Beispielen kann dann ein Algorithmus lernen, neue Bilder selbst zu klassifizieren. Während in der KI häufig ML eingesetzt wird, ist ML jedoch nur eine Methode, ein Werkzeug unter vielen der KI. Die oft erwähnten Neuronalen Netze und das Tiefe Lernen sind wiederum Teilbereiche des ML.
Welche Arbeiten kann die KI übernehmen?
Nun kommen wir zu der Frage „Was können wir wissen?“. Wenn man das maschinelle Lernen mal als das Mittel der Wahl zugrunde legt, kann die KI repetitive Arbeiten übernehmen. Und zwar in dem Sinne, dass man aus der Analyse bisheriger vorhandener Daten zukünftige Handlungen – bei geänderter Datenlage – ableiten kann. Dazu müssen die Muster bzw. Spielregeln modellierbar sein. Eine Maschine kann beispielsweise relativ leicht aus übersetzten Texten lernen, wie man Wörter und Teilphrasen übersetzt, sodass man komplett neue Sätze fehlerfrei übersetzt. Sie kann aber z. B. nicht aus der Analyse existierender Marketingtexte lernen, wie man einen überzeugenden guten neuen Marketingtext entwirft. Provokativ gesprochen liegt das daran, dass die Maschinen auf den Zeilen lesen können, während wir Menschen zwischen den Zeilen lesen können. Gerade beim Marketing kommt es ja auf das Wecken noch unausgesprochener Erwartungen an, garniert mit neuen Wortspielen, subtilen Anspielungen und Ähnlichem. Hier liegen die Grenzen der heutigen Technologie.
Das, was die Maschinen können, können sie dann aber oft erheblich besser oder schneller als Menschen. In der Auswertung von MRT-Scans sind Systeme, die auf zehntausenden von Aufnahmen mit entsprechenden Befunden trainiert wurden, gestandenen Medizinern schon heute überlegen, die in ihrer Karriere vielleicht von selteneren Befunden nur einige Dutzend gesehen haben. Allerdings haben die Maschinen dabei absolut kein Verständnis für medizinische Zusammenhänge und können auch keine Erklärungen zu den Diagnosen liefern. Insofern bleiben sie hier ein Werkzeug, das die Möglichkeiten des Menschen erweitert und seine Entscheidungen unterstützt. Beim Übersetzen ist es so, dass Google Übersetzer nach eigenen Angaben täglich um die 100 Milliarden Wörter maschinell übersetzt. Das wäre mit menschlicher Arbeitskraft überhaupt nicht machbar, ebenso wenig, wie man im Internet auf Suchmaschinen verzichten kann, die auf dem KI-Bereich Information Retrieval fußen. Hier ist die KI bereits Teil unserer Informationsgesellschaft und lenkt unsere Geschicke mit.
Großes Potenzial gibt es bei Büro- und Verwaltungstätigkeiten. Wie eingangs erwähnt, erledigen viele von uns heute diverse Aufgaben „so nebenher“, z. B. Terminabsprachen, Buchhaltung, Archivierung und Ablage etc. Diese verschlingen häufig einen guten Teil der Produktivkraft. Dasselbe gilt für das Berichtswesen, Dokumentation, Gesprächsprotokolle und vieles mehr. Hier können wir darauf hoffen, dass uns intelligente Technologien in näherer Zukunft entlasten und hoffentlich auch viele Abläufe in der öffentlichen Verwaltung schneller und transparenter machen.
Bei manueller Arbeit gilt in Bezug auf die Automatisierbarkeit dieselbe Faustregel wie oben. Repetitive und gleichförmige Abläufe können leichter gelernt werden als komplexe, die eine Menge Wissen und Transferleistung brauchen. Als Beispiel kann das autonome Fahren dienen. Das Fahren auf einer Autobahn in den USA kann mithilfe von Kamerabildern, Geo-Koordinaten, etc. relativ leicht gelernt werden. Das Fahren in einem südeuropäischen Bergdorf eher nicht.
Roboter können Arbeitnehmer entlasten, wenn es um das Heben von schweren Gewichten geht, bei der Über-Kopf-Arbeit oder aber auch beim Waschen und Betten einer pflegebedürftigen Person. Gerade diese gemischten Teams aus Mensch und Roboter sind aber technologisch viel anspruchsvoller als reine Roboter-Anlagen. In einer Werkshalle, in der noch Menschen umherlaufen und schon Roboter fahren, muss auf die Sicherheit der Menschen besonders geachtet werden. Ein Roboter darf auch ein Werkstück bei der Übergabe an einen Menschen nicht einfach loslassen, falls dieser gerade unaufmerksam ist, weil er zum Beispiel niesen muss.
Wir können an dieser Stelle die technologischen Chancen und Hürden nur anreißen, aber eines sollte deutlich werden: Es gibt noch viel Entwicklungspotenzial und es wäre schön, wenn dieses weiter ausgelotet würde. Es gibt auch noch reichlich Potenzial, durch Technologie zu einer inklusiveren Gesellschaft zu kommen und diejenigen zu unterstützen, die wegen kognitiver oder motorischer Einschränkungen oder auch schlicht aufgrund von Sprachbarrieren nicht oder nicht mehr teilhaben können am Arbeits- und Gesellschaftsleben.
Was sollen wir tun?
Die bisherigen technologischen und industriellen Umbrüche führten in der Regel zu Produktivitätssteigerungen und damit verbunden stellte sich immer die Frage der Verteilungsgerechtigkeit, allerdings lediglich zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die Spielregeln, nach denen man hier (auf nationalstaatlicher Ebene) Ausgleich schaffen und alle Seiten einigermaßen zufrieden stellen kann, sind bekannt. Vielleicht sollten wir uns langsam auf Zeiten einstellen, in denen wir nur noch 20 Stunden die Woche arbeiten und ansonsten Zeit haben für unsere Kinder, ältere Menschen, Neubürger oder für unsere Weiterbildung, schöne Künste etc. Falls das Ende der Erwerbsarbeit für viele von uns doch schneller kommt als erwartet, sollten wir Ideen für neue Strukturen haben. Die Faustregel, dass es zuerst die schlechter bezahlten Jobs trifft, gilt nach dem oben Gesagten nicht. Ein Bauarbeiter wird in zehn Jahren vermutlich noch eher seinen heutigen Job ausüben als ein Personalmanager.
Heute leidet der Sozialstaat mehr denn je darunter, dass global agierende Konzerne wie die Big Four AGFA (Amazon, Google, Facebook, Apple) ihre Gewinne in Steueroasen schleusen. Das Phänomen ist zwar eher durch Globalisierung als Digitalisierung hervorgerufen, aber der virtuelle Charakter der Produkte und Diens tleistungen erleichtert diese Praktiken sehr. Hinzu kommt noch eine weitere Verteilungsfrage, die vielleicht sogar die entscheidende ist: Wer hat die Daten? Auch wenn es erfreuliche Ausnahmen gibt, wie jüngst die kleine Kölner Firma DeepL, die ein maschinelles Übersetzungstool anbietet, welches qualitativ Google Übersetzer sogar überlegen ist, so ist es doch für andere Unternehmen kaum möglich, neben den großen „Daten-Kartellen“ eine kritische Masse zu bekommen und sich zu behaupten. Ein Problem hierbei ist, dass wir alle unsere Daten praktisch freiwillig abgeben, mit jeder Internet-Suche und jedem Click auf die News im Smartphone. Die scheinbar kostenlosen schönen Dienste bezahlen wir mit unseren Daten. Wir brauchen einen Diskurs über Datenökonomie und ggf. auch Regulierungsmechanismen.
Wir brauchen ebenfalls einen gesellschaftlichen Diskurs über den wünschenswerten Einsatz von Technologie, bei dem es gar nicht so sehr um das technologisch Machbare geht. Wenn wir noch einmal den Roboter nehmen, der einen Pfleger bei der schweren körperlichen Arbeit unterstützt, so kann die Arbeitsteilung so aussehen, dass der Roboter die bettlägerige Person anhebt, während der Pfleger das Bett macht, die Person wäscht und danach dann die Tablette verabreicht und nach dem Wohlergehen fragt. Technisch kann eher früher als später auch der Roboter die Person waschen, die Tablette geben, Konversation führen. Das klingt erst einmal befremdlich. Aber vor dem Hintergrund des Pflegenotstandes und von Situationen, wo eine Krankenschwester nachts drei Flure mit 60 Patienten überwachen muss, ist es schon wieder vorstellbar und vielleicht das kleinere Übel, wenn der Roboter einer Person zu trinken gibt oder von Erbrochenem befreit, bis das Personal Zeit dafür hat. Hier geht es eher um Prioritäten und die Frage nach der Bezahlbarkeit der Alternativen. Vor allem aber sollte der Diskurs sachlich geführt werden und weder von Apokalyptikern noch von selbsternannten Technik-Gurus dominiert werden.
Es fehlt noch die Antwort auf die Frage: „Was dürfen wir hoffen?“ Wenn wir diese mal nicht im religiösen, sondern im landläufigen Sinne verstehen, dann würde ich sagen, das hängt in hohem Maße von unserer Einstellung ab. Hochtechnisierte Länder wie Japan oder Deutschland stehen im internationalen Wettbewerb besser da als viele Länder, in denen noch weitgehend manuell gearbeitet wird. Dennoch treffen wir speziell in Deutschland oft auf ein generelles Misstrauen gegenüber technischen Neuerungen. Das fängt bei der Liebe der Deutschen zum manuellen Schalten der Gänge im Auto an, was beispielsweise in den USA eine praktisch unbekannte Kulturtechnik ist. Schon ein normales Elektroauto löst beim Deutschen Ängste vor Kontrollverlust aus, von einem autonomen Auto ganz zu schweigen. Hier müssen wir wieder einen Erfindergeist des „Mitmachens und Gestaltens“ entwickeln, der seinerzeit Menschen wie Gottlieb Daimler gegen alle menschlichen und technischen Widerstände angetrieben hat. Technologie soll unsere Möglichkeiten erweitern und niemand soll durch Technologie ersetzt werden. Wer sich aber der Technologieentwicklung völlig widersetzt, schafft sich am Ende selber ab.
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Dr. Aljoscha Burchardt ist Senior Researcher und Lab Manager des Forschungsbereiches Sprachtechnologie am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz sowie stellvertretender Vorsitzender der Berliner Wissenschaftlichen Gesellschaft.
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