Ausgabe: 1/2017
Die in Afrika verlaufenden Grenzen stellen umkämpfte Räume dar, was sich sowohl auf die nationale Sicherheit als auch auf die Sicherheit der dort lebenden Menschen auswirkt. Schon vor der Zeit des Kolonialismus in Afrika war es zu intraregionalen, grenzüberschreitenden Wanderungsbewegungen gekommen. Doch die neuen, postkolonialen Landesgrenzen und die darauf beruhenden eng gefassten Definitionen von Staatsbürgerschaft haben dazu geführt, dass die Staaten des Kontinents selbst noch in den 2000er Jahren zu einem konkreten Mittel griffen, um die nationalen Migrationsprobleme zu lösen – zur massenhaften Abschiebung von als Ausländer bzw. Fremde gesehenen Migranten. Diese Strategie, die sicher auch der Kontrolle des Bevölkerungswachstums diente, untergrub die Bemühungen innerhalb der sowie zwischen den ethnischen Gruppen und verschärfte in Regionen, in denen es zuvor bereits zu Grenzkonflikten gekommen war, schlimmstenfalls die ohnehin bereits angespannten zwischenstaatlichen Beziehungen.
Bereits seit 1979 setzt Westafrika auf subregionale Konzepte, um der grenz- und migrationsbezogenen Probleme Herr zu werden. In Theorie und Planung sind westafrikanische Staaten mit unterschiedlichem Entwicklungsstand um harmonische Beziehungen bemüht. In der Realität haben einige Staaten bis in die 2000er Jahre jedoch regelmäßig Migranten in großer Zahl abgeschoben. Trotz dieser Rückschläge konnten seit der Gründung der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) im Mai 1975 erhebliche Fortschritte erzielt werden. Dazu zählen insbesondere die 90-tägige Visafreiheit und das Aufenthaltsrecht der Bürger der ECOWAS-Mitgliedstaaten. Obgleich diese politischen Maßnahmen den Eindruck vermitteln, die ECOWAS hätte einen entscheidenden landesübergreifenden Einfluss, halten nach wie vor die Regierungen der Einzelstaaten in puncto Grenzverwaltung das Heft in der Hand – während lokale staatliche Einrichtungen bei grenzüberschreitenden Fragen praktisch keine Rolle spielen. Diese konzeptionellen und funktionalen Defizite, d. h. die Unklarheiten darüber, wo Grenzen kontrolliert werden und wer dies tut, erschweren im Keim die Bemühungen um Grenzverwaltung sowie, als Folge dessen, die Migrationspolitik und die Suche nach Lösungen. Bei der Einbeziehung nationaler Regierungen in die Grenzverwaltung in Afrika wurde zudem versäumt, auf nationaler Ebene Rechtsreformen mit dem Ziel anzustoßen, die jeweilige Innenpolitik gemäß internationalen Grenz- und Migrationsstandards auszurichten. Die ausführenden Organe sehen sich daher gezwungen, angesichts bzw. trotz rechtlicher und verfahrensrechtlicher Unklarheiten zu agieren, die auf eben diese fehlende Harmonisierung nationaler und internationaler Rechtsrahmen bei Grenz- und Migrationsfragen zurückzuführen sind.
Grenzkonflikte betreffen unmittelbar Territorien, über die hoheitliche Gewalt ausgeübt wird. Und sie bestimmen den Einsatz von Gewalt durch die Staaten, die sich solchen Konflikten gegenübersehen. Da nur rund ein Viertel der afrikanischen Grenzen tatsächlich definiert ist und sich die Einzelstaaten bei der Kontrolle dieser Grenzen als schwach erweisen, bestehen ferner weitflächige Grenzräume, die nach wie vor unter rechtlich in keiner Form abgesicherter Kontrolle durch den Staat stehen, was den Kampf gegen grenzüberschreitende organisierte Kriminalität sowie den Schwarzhandel mit Klein- und Leichtwaffen, Drogen und gefälschten Medikamenten erschwert. Somit gestaltet sich auch der Kampf gegen Menschenhandel und die Zerschlagung von Zufluchtsorten, in denen Radikale, Extremisten und Terroristen angeworben und ausgebildet werden, als schwierig. Die Kennzeichnung und Kontrolle von Landesgrenzen ist für eine erfolgreiche souveräne Überwachung ausgewiesener Grenzregionen unerlässlich. Doch nicht minder bedeutsam sind einen Durchgangsverkehr erlaubende Kooperationsvereinbarungen staatlicher Stellen, die ihre lokalen Stationen entlang der Landesgrenzen in Afrika positioniert haben. Schließlich senken derlei Vereinbarungen Handelskosten, beleben das wirtschaftliche Wachstum in Grenzregionen und tragen somit zu einer Steigerung der allgemeinen Lebensqualität bei.
Sinn und Zweck der vorliegenden Abhandlung ist es, die Problematik des Einflusses von Migration auf die Grenzverwaltung in Afrika zu betrachten. Dies umfasst die Behandlung der bestehenden, von der Afrikanischen Union (AU) und ihren regionalen Wirtschaftsgemeinschaften (RECs) – insbesondere der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (ECOWAS) – eingesetzten Mechanismen zur Förderung grenzüberschreitender Beziehungen und somit der Sicherheit auf dem Kontinent. Ausgangspunkt ist hierbei die Prämisse, dass in Afrika, anders als in Europa und in Teilen Asiens, wo eine grenzüberschreitende Verwaltung zu einer stärkeren Integration und wirtschaftlichen Entwicklung beigetragen hat, mit eben dieser Verwaltung eine Doppelstrategie verfolgt wird, die einerseits auf Konfliktbewältigung und andererseits auf die Förderung wirtschaftlicher Integration setzt. Grenzkonflikte führen tendenziell zu einer Schwächung vertrauensbasierter Beziehungen unter Staaten und erschweren Bemühungen um die Schaffung grenzfreier Gebiete, die eine wirtschaftliche Integration erleichtern würden.
Zu Beginn der nachfolgenden Ausführungen werden die mit dem innerafrikanischen Grenzsystem verbundenen Herausforderungen kurz skizziert. Sodann werden die Konzepte der grenzüberschreitenden Verwaltung beleuchtet. Die sich anschließende Erörterung betrachtet schwerpunktmäßig die Strategie einer grenzüberschreitenden Verwaltung zur Bewältigung der innerafrikanischen Konflikte sowie zur Förderung von wirtschaftlicher Integration einschließlich eines subregionalen Migrationskonzepts.
Grenzkonflikte in Afrika
Grenzen haben in Afrika wiederholt Anlass zu Konflikten und Kriegen geboten. Grund sind die heutigen, von den rivalisierenden europäischen Kolonialherren in ihrem Kampf um Afrika und bei der damit verbundenen Aufteilung des Kontinents gezogenen innerafrikanischen Gebietsgrenzen. Sie spiegeln keineswegs die politischen und kulturellen Identitäten sowie Erfahrungen wider. Jedoch haben die postkolonialen, unabhängigen afrikanischen Staaten die 1884 auf der Kongokonferenz in Berlin festgelegten Grenzen ohne erkennbare Änderungen beibehalten – ein Schritt, der langfristig seinen Preis fordert, da er nach wie vor die Sicherheit auf dem Kontinent untergräbt und bedroht.
In den Jahren nach Erlangung der Unabhängigkeit brachen in der Tat eine Reihe von Grenzkriegen aus. In Nordafrika etwa beeinträchtigen die 1963 begonnenen Grenzkonflikte bzw. Scharmützel zwischen Algerien und Marokko bis heute die Beziehungen beider Länder. Ausdruck dieser Spannungen ist eine von Marokko entlang Teilen seiner Grenzen zu Algerien errichteten Mauer. In Ostafrika kam es 1961, 1964 und erneut von 1977 bis 1978 zwischen Somalia und Äthiopien aufgrund offener Grenzfragen zu Kämpfen. Äthiopien und Eritrea führten von 1998 bis 2000 Krieg gegeneinander. In Westafrika trugen Mali und Burkina Faso 1975 sowie von 1985 bis 1986 Grenzkriege aus. Die Bakassi-Halbinsel war von Mitte der 1970er bis Mitte der 1990er Jahre Gegenstand eines solchen Krieges zwischen Nigeria und Kamerun. Analoges ereignete sich 1983 zwischen Nigeria und dem Tschad. Senegal und Mauretanien kämpften von 1989 bis 1990 gegeneinander, und Ghana sowie Côte d’Ivoire beanspruchen derzeit beide den Besitz der Öl- und Gasvorkommen entlang ihrer Seegrenze. Ein Großteil dieser Grenzkonflikte wurde durch die Entdeckung grenzübergreifender Vorkommen strategisch wichtiger Rohstoffe verschärft.
In zunehmender Form entwickelten sich Grenzfragen in der afrikanischen Friedens- und Sicherheitspolitik zum diskussionsprägenden Faktor. Ausdruck dessen ist der Umstand, dass diese Problematik Eingang in Artikel 3 der Charta der – inzwischen suspendierten – Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) sowie Artikel 4c der Gründungsakte der Afrikanischen Union (2000) gefunden hat und dieser in der Entschließung über Grenzstreitigkeiten der OAU-Konferenz im Juli des Jahres 1964 in Kairo besondere Rolle zuerkannt wurde. Trotz der allgemein anerkannten Bedeutung von Grenzen für die internationalen Beziehungen innerhalb Afrikas stellen sich zahlreiche Herausforderungen. Als die Afrikanische Union (AU) 2007 ihr neues Grenzprogramm erörterte, stellte sie fest, dass lediglich ein Viertel der auf dem Kontinent verlaufenden Grenzen tatsächlich definiert worden war. Laut Vermerk des Exekutivrats der AU zu ihrem AU Border Programme (AUBP) wurde das Jahr 2012 zunächst als Deadline für eine Fixierung aller Grenzen genannt. Der Termin wurde bis 2017 verlängert, doch dürfte auch das neue Datum kaum einhaltbar sein.
Grenzüberschreitende Verwaltung
Ziel einer grenzüberschreitenden Verwaltung ist die alle Seiten begünstigende Entwicklungsförderung als Resultat des Zusammenspiels lokaler Staatseinrichtungen diesseits und jenseits bestehender Grenzlinien. Bei dieser Kooperation kann es sich um bilaterale sowie um multilaterale Beziehungen handeln, bei denen diverse lokale Staatsstellen in einer Grenzregion eingebunden sind. Befürworter einer grenzüberschreitenden Verwaltung argumentieren, Handel und Wachstum auf beiden Seiten einer gemeinsamen Grenze könnten durch Senkung der Handelskosten forciert werden, wiewohl sich der positive Effekt aus diversen Gründen für die involvierten Partner in unterschiedlichem Grade zeigte. Gemäß dem Konzept der grenzüberschreitenden Verwaltung werden Grenzräume, die über das unmittelbare Grenzgebiet hinausgehen, als eine geografische Zone erachtet, in der es gilt, gemeinsame Entwicklungsziele zu verfolgen. Der Rückgriff auf staatliche, vor Ort agierende Stellen und deren Einsatz wären hier indes eine unverzichtbare Voraussetzung.
Im Fokus steht bei der Suche nach einer Strategie der grenzüberschreitenden Verwaltung auch die Kooperation der lokalen Behörden der involvierten Staaten insgesamt, tritt doch die Bedeutung der jeweiligen Landesregierungen selbst innerhalb der Grenzregionen in den Hintergrund. Aus der Förderung dieser Art von Zusammenarbeit können aus dem Projekt einer grenzüberschreitenden Verwaltung transparente Kooperationsstrukturen erwachsen, in die häufig auch nationale, eben diese Zusammenarbeit lenkende Akteure eingebunden sind. Deppisch (2012) nennt fünf Faktoren, die die Kontrollfähigkeit in grenzüberschreitenden Regionen beeinflussen. Erstens wäre die Frage zu nennen, inwieweit die Grenzregion sowohl finanziell als auch politisch unabhängige Entscheidungen auf der Grundlage eigener Bedürfnisse zu treffen vermag, anstatt auf durch die jeweilige Landesregierung in der Hauptstadt getroffene Entscheidungen reagieren zu müssen. Daraus sich ergebend wären zweitens die in die Entscheidungsfindung und -umsetzung einbezogenen Akteure, darunter solche aus Politik und Verwaltung, sowie weitere einflussreiche Vertreter der Politik zu nennen, drittens die Art und Weise, in der die Beziehungen der Akteure untereinander gepflegt werden, um grenzübergreifendes Vertrauen unter den jeweils ausführenden Behörden vor Ort zu ermöglichen, viertens die Einsatzregeln selbst, durch deren Befolgung sich die Stärke eben dieser Behörden erweist und auf deren Grundlage die Beziehungen aller eingebundenen Handlungsträger ihre Form erhalten. Fünftens schließlich spielen die Kooperations- und Entscheidungsfindungsverfahren sowie die besonderen Gegebenheiten vor Ort eine Rolle, die nicht zuletzt sowohl beide Seiten verbindende Interessen als auch externe Interessen an eben dieser grenzüberschreitenden Verwaltung einschließlich ihrer finanziellen Möglichkeiten bestimmen.
Afrika verfolgt mit der länderübergreifenden Verwaltung seiner seit jeher umkämpften internen Grenzen eine Doppelstrategie: Vorrangiges Ziel ist die Bewältigung bestehender Konflikte, sodann ist eine stärkere Integration auf dem Kontinent insgesamt beabsichtigt. Angesichts der historischen, strategischen und politischen Bedeutung von Grenzen sowie des gegebenen hohen Konfliktpotenzials sind jedoch nicht die Staatseinrichtungen vor Ort mit der Grenzverwaltung betraut, sondern die nationalen Regierungen selbst. Zu den der Grenzverwaltung zur Erfüllung ihres Konfliktbewältigungsauftrags zur Verfügung gestellten Mitteln zählen verbindliche Rechtsinstrumente und Protokolle. Sie stellen das Ergebnis der Arbeit mehrerer gemeinsamer nationaler Grenzkommissionen dar – wie unter anderem auch die Verabschiedung und Umsetzung des AU Border Programme (AUBP) im Jahr 2007, in dessen Rahmen die Umsetzungsmodalitäten einer erfolgreichen grenzüberschreitenden Verwaltung in Afrika umrissen werden.
Die wirtschaftliche Integration wird in Afrika im Rahmen der genannten Verwaltung durch regionale Wirtschaftsgemeinschaften (RECs) sowie die AU-Mitgliedstaaten gefördert, die sich für eine Reihe grenzüberschreitender Kooperations- und Migrationssteuerungsmaßnahmen einsetzen und diverse Regionalprotokolle zu den Rechten von Flüchtlingen und Arbeitsmigranten sowie zum freien grenzüberschreitenden Personenverkehr erarbeitet haben. Ziel dieser Strategie ist die Einführung gemeinsamer Normen, die auf nationaler Ebene als Richtschnur für die grenzüberschreitende Verwaltung einschließlich der Migrationssteuerung dienen könnten.
Grenzüberschreitende Verwaltung als Mittel der Konfliktbewältigung
Bevor 2007 das AU Border Programme (AUBP) anlief, dienten fünf wesentliche Rechtsinstrumente der Organisation als Stütze der grenzüberschreitenden Verwaltung unter den Staaten des Kontinents. Im Einzelnen waren dies die die bestehenden Landesgrenzen anerkennende AU-Gründungsakte von 2000, die im Juli 1964 verabschiedete Resolution AHG/Res.16(I) mit näheren Bestimmungen zu den innerafrikanischen Grenzkonflikten, die im Juli 1986 ratifizierte Resolution CM/Res.1069(XLIV) mit ihrer Zielsetzung, durch verhandlungsgestützte Beilegung von Grenzkonflikten zu Frieden und Sicherheit in Afrika beizutragen, die Entschließung CM/Dec.666(LXXVI) vom Juli 2002, in der die Fixierung und die Kennzeichnung der afrikanischen Grenzen bis zum Jahr 2012 postuliert wurden, sowie die Entschließung der 8. Ordentlichen Sitzung der Staats- und AU-Regierungschefs vom Januar 2007, die die Kommission zu einer Intensivierung ihrer Bemühungen um eine strukturelle Prävention von Konflikten, insbesondere durch die Umsetzung des AUBP, ermutigte.
Darüber hinaus setzt sich das AUBP für eine strukturelle Konfliktprävention sowie eine Vertiefung der Integrationsprozesse der AU ab. Zu seinen erklärten Zielen gehören unter anderem die Fixierung und Kennzeichnung jener afrikanischen Grenzen, die bislang noch Klärungsbedarf aufweisen, die Stärkung des Integrationsprozesses durch den Einsatz der RECs sowie durch weitere ambitiöse Kooperationsinitiativen, eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit durch die Behörden vor Ort, den Ausbau der Kapazitäten der Mitgliedstaaten in Fragen zu Grenzverwaltung, Grenzstudien und Grenzforschung sowie die Beratung der Kommission und anderer Organe der Afrikanischen Union in den betreffenden Angelegenheiten.
Zur Umsetzung des Grenzverwaltungsprojekts sieht das AUBP konkrete Modalitäten vor, die die Mitgliedstaaten in ihrem Bemühen unterstützen sollen, über die RECs mit lokalen Interessenträgern zusammenzuarbeiten sowie bei der Suche nach externen Hilfen für den Kontinent insgesamt grenzüberschreitende Probleme in allen Politikfeldern zu thematisieren. Somit zielen sie darauf ab, den afrikanischen Ländern eine Hilfestellung beim Ausbau der jeweils eigenen Kapazitäten und Kompetenzen in den Bereichen Grenzziehung, Grenzkennzeichnung sowie Grenzverwaltung zu bieten und sie zu einer Bestandsaufnahme jener afrikanischen Institutionen anzuregen, die sich der Durchführung themenbezogenen Schulungen widmen. Und schließlich hofft man, mit Hilfe der Umsetzungsmodalitäten eine Vertiefung der Beziehungen von auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene agierenden Partnern zu fördern, die über Aufzeichnungen zu den afrikanischen Grenzen verfügen und somit zu einer Bereitstellung der für die AUBP-Umsetzung benötigten Ressourcen beitragen könnten.
Grenzsicherheit
Teil der Verwaltung von Grenzen ist deren Sicherheit. Für alle Regierungen stellen internationale Grenzen ein Sicherheitsproblem dar. Nach internationalem Recht wird ein Staat als solcher anerkannt, wenn er in der Lage ist, die eigenen Grenzen zu halten, seine Territorien zu sichern und seine Staatsbürger zu schützen. Die Fähigkeit zur eigenen Grenzsicherung ist hierbei ein Kriterium zur Einteilung von Staaten in starke, schwache und zerfallene. Laut Wafula Okumu kann Grenzsicherheit Verschiedenes implizieren, wozu die Kontrolle, die Verwaltung, die Überwachung und der Schutz der eigenen Grenzen zählen. Begrifflich wurde unter „Grenzsicherheit“ „Grenzkontrolle“ verstanden, wobei Letzteres die Erleichterung, ggf. auch die Einschränkung des Verkehr von Menschen, Tieren, Pflanzen und Waren in und aus einem Land insinuiert. Grenzkontrolle umfasst im Wesentlichen zwei Aspekte – die Sicherung der Grenzlinien, d.h. die Ergreifung von Maßnahmen entlang der eigentlichen Grenze, sowie die Kontrolle von Zugangspunkten wie Häfen, Grenzübergängen und Flughäfen.
Wafulas Argumente sind durchaus für die Diskussion von Belang, insofern die genannte Form der Grenzsicherheit nach seinem Verständnis anstrebt, mittels Verteidigung und flächendeckender Überwachung der Grenze die territoriale Souveränität sicherzustellen. Grenzdurchsetzung und -überwachung umfassen, so Wafula, unter anderem Systeme, die es einem Staat ermöglichen, Bewegung und Nutzung von Waren und Daten sowie insbesondere das Agieren von sich auf dem jeweils eigenen Hoheitsgebiet aufhaltenden Menschen nachzuverfolgen. Staaten müssen zur Sicherung der eigenen Landesgrenzen in der Lage sein, indem sie zwischen der Notwendigkeit einer Erleichterung des legalen Waren- und des freien Personenverkehrs sowie der Prävention grenzüberschreitender Kriminalität abwägen. In weiten Teilen Afrikas zeigt sich in dieser Hinsicht jedoch noch eine Vielzahl offener Fragen. Eine behördenübergreifende Zusammenarbeit der Grenzsicherheitsbehörden – etwa auf den Gebieten Zoll, Einwanderung, Polizei und Nachrichten – zeigt sich in Afrika allenfalls gering ausgeprägt. Als zusätzliche Herausforderung erweist sich die defizitäre Kooperation von Grenzbeamten und -gemeinden. In Grenzregionen herrscht vielfach Armut, lange Grenzabschnitte sind unbesetzt. Vor diesem Hintergrund punkten Kriminelle bei Grenzgemeinden durch die Überlistung des staatseigenen Grenzsicherungspersonals. Jedoch hat die Diskussion über die Grenzsicherheit in Afrika zweifellos auch zu berücksichtigen, was andernorts als „Absicherungsprozesse“ bezeichnet wurde. Gemeint sind erstens das Bemühen um Grenzbefestigung und Kontrollverschärfung sowie zweitens die Suche nach Antworten auf Probleme der grenzüberschreitenden Sicherheit.
Notwendig ist darüber hinaus die Erkennung möglicher, wenngleich unbeabsichtigter Verunsicherungen, die sich aus der Art des Umgangs mit Fragen der Grenzsicherheit ergeben könnten. Auslösende Faktoren derartiger Verunsicherungen sind nicht zuletzt die geringen Investitionen in „nationale“ Sicherheitsprioritäten, die Vernachlässigung der Grenzsicherheit und die mangelhafte, wenn überhaupt erkennbare Verwaltung der Grenzen im Innern Afrikas. Diese Schwächen haben in erheblichem Maße zum Anwachsen des Gefahrenpotenzials im Zusammenhang mit überbordender grenzüberschreitender Kriminalität – etwa gewaltbereitem Extremismus, Drogen- und Menschenhandel sowie der Verbreitung von Klein- und Leichtwaffen – beigetragen.
Grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Verwaltung
Nur langsam nimmt eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Afrika Konturen an. Am 14. Juni 2014 verabschiedete die Afrikanische Union die African Union Convention on Cross-Border Cooperation, die AU-Konvention zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, in der diese Form der Kooperation als Initiative der Politik mit der Zielsetzung definiert wird, gute nachbarschaftliche Beziehungen zwischen Grenzbevölkerung, Gebietskörperschaften und Verwaltungseinrichtungen bzw. sonstigen Interessenträgern innerhalb des Zuständigkeitsbereichs zweier oder mehrerer Staaten zu fördern und zu stärken, was auch den Abschluss entsprechend zielführender Vereinbarungen und Abkommen umfasst. Laut dieser Konvention sollen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf lokaler, subregionaler und regionaler Ebene gefördert, sich aus gemeinsamen Grenzen ergebene Chancen genutzt und damit verbundene Herausforderungen angenommen werden. Ferner sollen die Fixierung, Kennzeichnung und Sicherung nicht festgeschriebener Grenzen im Einklang mit den von den beteiligten Parteien vereinbarten Mechanismen erleichtert werden. Des Weiteren ist intendiert, so die Konvention, auf eine friedliche Beilegung von Grenzkonflikten hinzuwirken, eine effiziente und erfolgreiche Grenzverwaltung sicherzustellen, Grenzregionen als Wachstumskatalysatoren bzw. Motoren der sozioökonomischen und politischen Integration des Kontinents zu begreifen und zu nutzen sowie schließlich Frieden und Stabilität durch Konfliktprävention zu fördern.
Für das Inkrafttreten der unmittelbar nach ihrer Verabschiedung zur Unterzeichnung anstehenden Konvention bedarf es der Ratifizierung durch mindestens 15 Vertragsstaaten. Bis dato liegt dem AU-Vorsitzenden allerdings einzig die Ratifizierungsurkunde des Niger vor. Das diesbezügliche Versäumnis der AU-Mitgliedstaaten spiegelt das tief sitzende Unbehagen der Organisation wider, ihre Mitglieder zur Ratifizierung und Hinterlegung der Rechtsinstrumente drängen zu müssen, auf deren Umsetzung sich die Mitgliedstaaten freiwillig verständigt haben.
Jenseits der genannten Maßnahmen erstellt die Konvention einen kontinentweit relevanten Handlungsrahmen für die ausführenden Staatsbehörden entlang der Landesgrenzen, auf dessen Grundlage Kooperationsvereinbarungen mit dem Ziel einer Weiterentwicklung bestimmter Grenzregionen zu treffen sind. Den Vertragsstaaten obliegt es hier erneut, die Vorreiterrolle zu übernehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Hierzu zählen die Ausarbeitung von Rechtsreformen mit dem Ziel einer Umsetzung der Konventionsbestimmungen in jeweils nationales Recht sowie die Lancierung von Kampagnen zur Sensibilisierung der genannten, die Landesgrenzen flankierenden Verwaltungsstellen für Möglichkeiten einer Umsetzung der Konventionsvorgaben.
In klarer Form fordert die Konvention die Ergreifung von Maßnahmen durch die in die Grenzverwaltung involvierten Akteure, so wie sie durch die jeweils nationalen Rechtsvorschriften der Vertragsstaaten festgelegt wurden. Die davon betroffenen Kooperationsfelder umfassen die gemeinsame Kartografierung, aber auch die Erfassung geografischer Daten einschließlich Vermessungsergebnisse und Angaben zu den Dimensionen sozioökonomischer Entwicklung wie etwa Transportwesen, Kommunikation, Handel, vieh- und weidewirtschaftliche Unternehmungen, Handwerk, Energieressourcen, Industrie, Gesundheit, Kanalisation, Trinkwasser, Bildung und Umweltschutz. Darüber hinaus bieten sich für die grenznahen Gebietskörperschaften Kooperationsmöglichkeiten bei Kultur- und Sportveranstaltungen, gegebenenfalls jedoch auch in den Bereichen Sicherheit, insbesondere im Kampf gegen grenzüberschreitende Kriminalität, Terrorismus, Piraterie und andere Arten von Kriminalität, sowie bei Minenräumungsaktionen in Grenzräumen und bei der überregionalen institutionellen Entwicklung. Und schließlich sieht die Konvention die Einrichtung eines Grenzprogrammfonds zur Finanzierung grenzüberschreitender Kooperationsinitiativen auf dem Kontinent vor.
Wenn auch die genannte Konvention bislang nicht in Kraft getreten ist, gibt es bereits Formen bilateraler grenzüberschreitender Zusammenarbeit in Afrika. So existiert etwa bereits ein – mit Billigung der beiden Vertragsstaaten Benin und Nigeria geschlossener – Vertrag über grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Gemeinden im Benin wie Adjara und dem von der Hauptstadt Porto Novo aus verwalteten Ifangni im Department Ouémé sowie der lokalen Regierung des nigerianischen Bundesstaates Ogun in dessen Hauptstadt Abeokuta. Ein weiteres Beispiel ist die Region Liptoka/Tillabéri, in der Niger, Mali und Burkina Faso bereits zahlreiche grenzüberschreitende Maßnahmen initiiert haben.
Freier Personenverkehr
Die Serie der Massenabschiebungen von Migranten durch westafrikanische Länder vor 1979, dem Jahr der Verabschiedung der ersten ECOWAS-Protokolle zu freiem Personenverkehr, Aufenthaltsrecht und Niederlassungsfreiheit, führte in der Region zur Implementierung einer intraregionalen Migrationssteuerungspolitik. Wie erwähnt, basierten diese Abschiebungen auf einer engen Auslegung des Staatsbürgerschaftsbegriffs und der Notwendigkeit einer Kontrolle des Bevölkerungswachstums. So wies bereits vor 1979 Côte d’Ivoire – in den Jahren 1958 und 1964 – Nichtivorer aus. 1967 zog Senegal nach. Ghana wies 1969 Nigerianer aus. Sierra Leone und Guinea folgten 1968. Die Massenabschiebungen von Migranten in der Subregion wurden indes mit dem Aufkommen der subregionalen Migrationssteuerungspolitik nicht sofort eingestellt – zu nennen wäre beispielsweise die Schließung der Grenzen zu Togo durch Ghana im September 1982. Nigeria wies 1983 fast 1,5 Millionen Migranten und 1985 700.000 Ghanaer aus. Auch Côte d’Ivoire wies 1985 10.000 Ghanaer aus, während der Senegal im Jahr 1990 500.000 Mauretanier vertrieb.
Trotz dieser Vorkommnisse weist Westafrika die höchste intraregionale Migrationsrate innerhalb Afrikas auf. Bei rund drei Prozent (d.h. 7,5 Millionen) der Westafrikaner handelt es sich um Migranten. Zwei Prozent aller Afrikaner leben als Migranten in anderen afrikanischen Ländern. Die intraregionale Migration in Westafrika ist auf zwei wesentliche Faktoren zurückzuführen – zum einen die diskriminierende Staatsbürgerschaftspolitik sowie bestehende Konflikte mit einer hohen Zahl an Flüchtlingen und Binnenvertriebenen als Folge, andererseits die hohe Attraktivität wirtschaftlicher Chancen für Migranten, insbesondere im Landwirtschafts- und Rohstoffsektor. Von Côte d’Ivoire werden in beiderlei Hinsicht Migranten sowohl ausgewiesen als auch angelockt. Neben zahlreichen anderen Faktoren war die Einführung des Konzepts der Ivorité in den 1990er Jahren, nach dem Migranten und ihren Nachkommen die Bürgerrechte aberkannt wurden, für die Serie von Gewaltakten verantwortlich, unter denen das Land im Wahlnachgang litt. Gleichzeitig ist Côte d’Ivoire neben dem Nachbarn Ghana weltweit führend als Kakaoproduzent. Somit lockten der Kakao- und Kaffeeanbau, aber auch der nigerianische Ölboom Migranten nach Nigeria, Ghana und in die Côte d’Ivoire.
Stimuliert wird die intraregionale westafrikanische Migration indes auch durch Richtlinien der ECOWAS, die das Integrationsprogramm Westafrikas mit seinen Regelungen zu Migration, Staatsbürgerschaft und Steueroasen für die aus den ECOWAS-Mitgliedstaaten stammenden Produkte forcieren wollen. Die genannten, im Nachfolgenden näher erörterten Richtlinien fügen sich in die Bemühungen um eine stärkere wirtschaftliche Integration ein und haben unter anderem zum Ziel, einen Binnenmarkt im Sinne einer grenzfreien Subregion zu errichten, Visaanforderungen und Einreiseerlaubnisse abzuschaffen, ECOWAS-Reisebescheinigungen sowie harmonisierte Immigrations- und Emigrationsformen einzuführen und nationale Gremien zur Überwachung der ECOWAS-Programme zum freien Personenverkehr ins Leben zu rufen.
Am 29. Mai 1979 verabschiedete die ECOWAS das Protokoll zu freiem Personenverkehr, Aufenthaltsrecht und Niederlassungsfreiheit, demzufolge innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren sämtliche Hürden für den freien Verkehr in der Subregion zu beseitigen wären. Zwei Nachfolgeprotokolle gewährten 1986 und 1990 Bürgern der ECOWAS-Mitgliedstaaten Aufenthaltsrecht bzw. Niederlassungsfreiheit. Im gleichen Kontext verabschiedete die ECOWAS 1985 den Verhaltenskodex zur Umsetzung der oben erwähnten Protokolle. Sie alle verpflichten die Mitgliedstaaten unter anderem dazu, Staatsbürgern anderer ECOWAS-Mitgliedstaaten eine 90-tägige Visafreiheit zu gewähren, Migrationsbehörden mit entsprechendem Arbeitsauftrag einzurichten und Staatsbürgern der Staaten dieser Organisation das Recht zu gewähren, auf dem Gebiet eines Mitgliedstaats wirtschaftlichen Tätigkeiten nachzugehen. Zusätzlich verabschiedete die Organisation 1982 ihre staatsbürgerschaftlichen Grundsätze und lancierte im gleichen Jahr die Entschließung, ihren Gründungsvertrag von 1975 dahingehend zu ändern, diese Grundsätze in das Dokument aufzunehmen und somit den Staatsbürgern aller 15 Mitgliedstaaten eine gemeinschaftliche Staatsbürgerschaft zu gewähren.
Durch die Protokolle wurde die Implementierung einer Vielzahl gesetzlicher Normen in der Subregion auf den Weg gebracht, wenngleich trotz der Fortschritte beim freien Personenverkehr, beim Aufenthaltsrecht und bei der Niederlassungsfreiheit wesentliche Herausforderungen bestehen bleiben. So ist etwa die 90-tägige Visafreiheit in allen Mitgliedstaaten im Verbund mit dem seit 2015 uneingeschränkt nutzbaren ECOWAS-Pass Realität geworden, wohingegen nach wie vor unterschiedliche, teils umständliche Ve rfahren betreffs der Ausübung des Aufenthaltsrechts und der Inanspruchnahme der Niederlassungsfreiheit fortbestehen. Seitens der Mitgliedstaaten lassen die erforderlichen Maßnahmen noch auf sich warten, um Staatsbürgern der nicht zur ECOWAS gehörenden Länder die Wahrnehmung letztgenannter Rechte zu ermöglichen. Aus einer entsprechenden Studie zu Ghana geht hervor, dass in Ermangelung einer eindeutigen nationalen Migrationspolitik daraus resultierende Probleme ad hoc angegangen werden. Auch ist die Koordination unter den an der Bewältigung migrationsbezogener Probleme beteiligten Ministerien und Regierungsstellen noch defizitär, wodurch der entsprechende Arbeitsaufwand verdoppelt wird. Zudem mangelt es auf nationaler Ebene an genauen Daten zur Migration selbst.
Vor dem Hintergrund dieser Herausforderungen verabschiedete die ECOWAS im Rahmen der 33. Konferenz ihrer Staats- und Regierungschefs am 18. Januar 2008 in Ouagadougou ihr gemeinsames Migrationskonzept. Dieses stützt sich auf Artikel 59 des überarbeiteten ECOWAS-Vertrags (1993), wonach die Staatsbürger der Gemeinschaft ein Einreise-, Aufenthalts- und Niederlassungsrecht haben und die Mitgliedstaaten angehalten sind, die erforderlichen Anstrengungen zu unternehmen, gemeinschaftsbürgerliche Rechte in ihren Hoheitsgebieten im Einklang mit den Bestimmungen der entsprechenden Protokolle zu verankern. Darüber hinaus beruft sich das gemeinsame Migrationskonzept der ECOWAS auf eine Reihe analoger regionaler und internationaler Rechtsinstrumente zu den Themen Migration, Flüchtlingsrechte und Rechte von Arbeitsmigranten sowie auf das ECOWAS-Abkommen über soziale Sicherheit.
Obgleich die Aufnahme der genannten Rechtsinstrumente in das gemeinsame Migrationskonzept und deren Umsetzung für die Mitgliedstaaten verbindlich festgelegt wurden, besteht auf nationaler Ebene noch erheblicher Reformbedarf, um die internationalen Bestimmungen in das jeweils geltende Landesrecht zu integrieren. Dies verstärkt den auf den ausführenden Stellen vor Ort lastenden Druck, die sich täglich ergebenden Migrationsprobleme erfolgreich in Angriff zu nehmen. Eine umfassende Abstimmung der nationalen Rechtsvorschriften mit den zahlreichen entsprechenden regionalen und internationalen Regelungen bleibt somit ein Desiderat. Die aufgrund eben dieser Diskrepanzen sich ergebenden Rechtslücken bieten einerseits Raum für eine Ausnutzung durch Migranten selbst als andererseits für den Missbrauch durch die landeseigenen Vollzugsbehörden. Vor dem Hintergrund eben dieses komplexen Rechts- und Verfahrensrechtsrahmens stellt sich somit die Aufgabe, die konfliktbedingten Flüchtlingsprobleme sowie die Herausforderungen der intraregionalen Migration zu lösen.
Fazit
Es bleibt eine wichtige Zukunftsaufgabe, die Grenzen Afrikas dergestalt zu verwalten, dass die Vorteile grenzüberschreitender Maßnahmen auf lokaler Ebene genutzt werden können. Eine nach wie vor zu starke Zentralisierung von Verwaltungs- und Managementstrategien ist ebenso zu kritisieren wie die Realität außer Acht lassende Planungsverfahren, die weit vom Zentrum entfernte Gemeinden zu einem erfahrungsbasierten Ad hoc-Agieren nötigen. Obgleich multilaterale Institutionen Afrikas – ECOWAS und AU – zusehends die Notwendigkeit erkennen, tradierte und übernommene Grenzen auf eine an Spannungsabbau und Konfliktlösung orientierte Weise zu verwalten und zu schützen, werden die auf multilateraler Ebene unternommenen Anstrengungen offensichtlich in mehrfacher Hinsicht untergraben.
Die starke Verwurzelung des Nationalitätsprinzips sowie die verbreitete Auffassung, Nationalität sei höher anzusiedeln als Multilateralität, mag die extrem niedrige Beitrittsquote zu den offiziellen Rechtsinstrumenten sowie die – entsprechend – ebenso niedrige Nutzungsquote eben dieser Instrumente erklären. Darüber hinaus stellen die zunehmende Absicherung der Grenzen und die damit einhergehenden grenzüberschreitenden Herausforderungen für die betroffenen Staaten zwangsläufig existenzielle Bedrohungen dar. Und schließlich zeigt sich die Diskrepanz zwischen getroffenen Entscheidungen und ihrer Umsetzung einerseits sowie dem Einbindungsgrad der Staatsbürger in die Umsetzung eben dieser Entscheidungen andererseits als Problem. Die Frage, wie die internationalen Grenzen des Kontinents – über hundert an der Zahl – verwaltet und gesichert werden können, um Spannungen und Konflikte zu verringern und Chancen für umfassendere Integrationsprozesse zu nutzen, wird die Staaten Afrikas im bilateralen Verkehr, aber auch auf regionaler und kontinentaler Ebene wohl auch künftig beschäftigen.
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Kwesi Aning, Ph.D., ist Leiter der Faculty of Academic Affairs and Research des Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre in Accra, Ghana.
John Pokoo ist Leiter des Conflict Management Programme des Kofi Annan International Peacekeeping Training Centre in Accra, Ghana.
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