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"Doppelt hält besser ...?" PNTCD feierte 75jähriges Parteijubiläum

von Sabine Habersack

Victor Ciorbea zur Sicherheit noch einmal zum Parteivorsitzenden gewählt

Am 30. September 2001 fanden sich mehr als 5000 PNTCD - Delegierte in Bukarest ein, um auf einem außerordentlichen Kongress das 75jährige Jubiläum der Partei zu feiern und um Victor Ciorbea und der um ihn herum versammelten Führungsriege mit dem von diesen vorgelegten politischen Programm noch einmal ihr Vertrauen auszusprechen, wie sie es bereits beim letzten außerordentlichen Parteikongress am 14. August 2001 getan hatten. Um ganz sicher zu gehen, wurde darüber hinaus noch einmal mit absoluter Mehrheit für die Fusion mit der ANCD gestimmt. Sowohl durch die Reden, als auch durch die Reaktionen im Saal sollten der Öffentlichkeit und der Justiz deutlich gemacht werden, wer die wahre PNTCD vertreten würde und dass die Partei ihre Tradition und ihre Identität trotz aller momentanen Angriffe wie in der Vergangenheit aufrecht und unbeirrbar bewahren werde.

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Premierminister Adrian Nastase scheint Victor Ciorbea als rechtmäßigen PNTCD - Vorsitzenden anzuerkennen.

1926 ist PNTCD durch Fusion der Rumänischen Nationalen Partei (PNR) von Iuliu Maniu aus Siebenbürgen mit der Bauernpartei (PN) aus der Walachei und aus Moldau von Ion Mihalache gegründet worden. Dieses wichtige Parteijubiläum sollte unter dem Motto "75 Jahre im Dienste Rumäniens" am 30. 9. 2001 entsprechend gefeiert werden. Vor allen Dingen ging es jedoch darum, vor dem für den 4. Oktober erwarteten letztinstanzlichen Gerichtsurteil über die Rechtmäßigkeit der Fusion von PNTCD und ANCD und der damit verbundenen Klärung der Frage, welcher der beiden Parteiflügel rechtmäßig im Amt ist, der Öffentlichkeit und der Justiz zu beweisen, dass die sich um Victor Ciorbea versammelten Delegierten, ehemaligen politischen Häftlinge und die Führungsspitze, welche bis auf Vasile Lupu und Catalin C. Chirita ebenfalls den Parteivorstand unter Andrei Marga bildeten, die wahre Partei repräsentieren.

Deswegen kam es weniger auf das Parteijubiläum als solches an, als vielmehr darauf, was sich mit dieser Jahreszahl verbindet, nämlich das Durchhalten trotz aller Anfeindungen, seien es die kommunistischen in der Vergangenheit oder die aktuellen, zum Teil aus dem regierungsnahen Lager. So stellte denn auch Ion Diaconescu, der wie Iuliu Maniu, (im Gefängnis verstorben), und wie Corneliu Coposu politischer Häftling unter den Kommunisten war (18 Jahre lang), in seiner den Parteitag eröffnenden Rede fest: "Das ist die PNTCD, die Partei, für die ich so viele Jahren gelitten habe".Weiter betonte er, dass das politische Erbe der Parteigründer Maniu und Mihalache sowie das von Coposu gegen die heutigen Anfeindungen verteidigt werden müsse, da "Rumänien nicht mit nur einem Fuß nach Europa gehen" könne. Damit war gemeint, dass ein demokratisches Rumänien nicht nur aus den regierenden Sozialisten der PSD, sondern auch aus den Christdemokraten der PNTCD bestehe. Zum Schluss drückte Diaconescu seine Überzeugung aus, dass PNTCD ihre alte Kraft wiederfinden werde.

EVP und CDI, die sich bereits vor Wochen solidarisch hinter Victor Ciorbea gestellt hatten, schickten durch den Parteivorsitzenden Wilfried Martens auch diesmal wieder ein Grußwort, waren aber durch den ehemaligen griechischen Europaabgeordneten Georgios Anastassopoulos vertreten. Er verlas das Grußwort von Martens, indem es u. a. hieß: "Meine Hoffnung, dass der außerordentliche Kongress vom August eine Neugeburt der Partei darstellen werde, hat sich leider nicht erfüllt... Gebt nicht auf, insbesondere nicht durch die heutigen Umstände (Anm.: damit ist die juristische Auseinandersetzung und die zumindest indirekte Einfluss-nahme des Premierministers gemeint). Wir brauchen Euch! Es ist äußerst wichtig nicht nur für Rumänien, sondern für die christlich - demokratische Familie, dass wir wieder eine starke und vereinte PNTCD haben." Auch das kurze Grußwort von Wim van Velzen wurde von Anastassopoulos verlesen. Darin hieß es u. a., dass PNTCD weiterhin sich auf die EVP in ihrem Kampf für Gerechtigkeit und Demokratie verlassen könne und die EVP auch zukünftig Victor Ciorbea unterstützen werde.

Unter den weiteren Grußadresse kleinerer rumänischer Parteien, die auch schon auf dem letz-ten Parteitag ihre Solidarität mit dem Ciorbea-Flügel bekundeten, sind zwei zu erwähnen. Zum einen die der "Alianta Civica", die durch deren Präsidenten Zoner vertreten war. Der ehemalige politische Häftling während der kommunistischen Herrschaft betonte am Ende seiner kurzen Rede seine Hoffnung, dass die PNTCD wiederaufgebaut und gegen die Sozial-demokraten, die eindeutige kommunistische Ziele verfolgten, kämpfen werde. Am wenigsten erwartet war die Grußadresse der regierenden PSD, deren Parteivorsitzender Premierminister Nastase ist. Anscheinend war sie per Fax oder per Post bei der Partei eingetroffen und wurde deshalb verlesen. Unter anderem wurde der Hoffnung der PSD Ausdruck gegeben, dass die PNTCD wieder stark werden möge, denn man brauche eine gestärkte PNTCD zum Aufbau des Landes und zum Fortgang des EU-Integrationsprozesses.

Mit diesen wichtigen und zum Teil unerwarteten Unterstützungsbekundungen im Rücken wurden im weiteren Kongressverlauf große Persönlichkeiten ausgezeichnet, an erster Stelle der ehemalige König Mihai I. (die hiesige Kontaktperson des Königshauses nahm die Auszeichnungen in Empfang). Zu nennen sind u. a. Wilfried Martens, Hans-Gert Pöttering und Wim van Velzen von der EVP, die ihre Auszeichnungen demnächst persönlich überreicht bekommen sollen, Corneliu Coposu post mortem, die ehemaligen und überlebenden politischen Häftlinge Ion Diaconescu, Prof. Dr. Gabriel Tepelea und die Bürgerrechtlerinnen Doina Cornea und Ana Blandiana.

Der 2. Teil des Kongresses sollte die in dem Gerichturteil vom 23. 8. 2001 festgestellten angeblichen Mängel bei der Fusion von ANCD und PNTCD und deren weiteren Konsequenzen korrigieren. So wurden Victor Ciorbea und seine Führungsriege mit großer Mehrheit wieder gewählt und auch die Fusion der ANCD mit PNTCD gebilligt. Gleichzeitig verpflichtete sich die Parteiführung, ANCD umgehend aus dem Parteienregister des Bukarester Gerichtshofes zu löschen.

In einem Politischen Bericht hatte Victor Ciorbea zuvor ausführlich den "Plan der regierenden PSD, die PNTCD zu zerstören", dargestellt und den Einsatz der PNTCD-Mitglieder für die Erhaltung der Partei gewürdigt. Er bedankte sich außerdem bei der EVP und CDI für ihre konsequente Unterstützung. Von der Regierungspartei verlangte Ciorbea, ihren Kampf gegen die PNTCD aufzugeben.

Die Zukunft der Partei innerhalb der rumänischen Parteienlandschaft erscheint noch lange nicht gesichert. Eine optimistische Aufbruchsstimmung und positive Signale sind auch diesmal nicht vom Parteitag ausgegangen - das Klammern an die einst so ruhmvolle Vergangenheit bestimmt nicht nur Jubiläumsfeiern, sondern anscheinend auch das alltägliche Denken und Handeln der Verantwortlichen. Und auch die Schuldzuweisungen hinsichtlich der verheerenden Wahlniederlage vom letzten Jahr scheint mehr als nur rhetorische Übung zu sein. Auf ein starkes, junges, aber vor allen Dingen glaubwürdiges Team muss weiterhin gewartet werden.

Wer von den alten tonangebenden, zum größten Teil zu sehr mit den Fehlern der vergangenen Jahre in Verbindung zu bringenden Vizepräsidenten hat z. B. die Kraft., durch das Land zu reisen und den mühsamen Neubeginn von her zu organisieren ? Schon jetzt torpediert - nicht unerwartet - Vizepräsident Muresan Generalsekretär Ionescu bei dessen Bemühungen, ein schlagkräftiges und motiviertes Team für diesen Neuaufbau zusammenzustellen. "Einheit und Solidarität" sowie das Beschwören des Prinzips, das Parteiinteresse über das persönliche Inte-resse zu stellen, reichen nicht aus, sondern es müssen endlich Taten folgen. Rumänien wartet immer noch auf eine starke Christdemokratie.

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Dr. Martin Sieg

martin.sieg@kas.de

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