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Länderberichte

Das Duell: Janukowitsch gegen Juschtschenko

von Ralf Wachsmuth †, Sebastian Fiebrig

Aktuelle Umfragewerte und Wahlprogramme

Der Wahlkampf in der Ukraine quält sich mühsam durch die Sommermonate. Die Kandidaten sind vor allem damit beschäftigt, ihre Anhängerschaft zu mobilisieren, möglichst viele Parteien und gesellschaftliche Gruppierungen hinter sich zu versammeln und sich in die Startlöcher für die heiße Phase des Wahlkampfes zu begeben, während sich ein Großteil der Bevölkerung in Erwartung einer harten Wahlkampfschlacht ab September eine Auszeit vom politischen Getöse gönnt und in die Ferien verabschiedet hat. Rechtzeitig zum Ferienbeginn präsentierten die Hauptmatadore ihren Bürgern aber noch, quasi als mehr oder weniger anregende Urlaubslektüre, ihre Wahlprogramme.

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Mühsamer Wahlkampfauftakt

Die Bewerbungsfrist für das Präsidentenamt war in der Nacht zum 2. August abgelaufen und die Zentrale Wahlkommission gab am 5. August bekannt, dass insgesamt 26 Personen vorläufig registriert wurden. Im Vergleich dazu bewarben sich 1991 sechs, 1994 sieben und bei den letzten Wahlen immerhin schon dreizehn Kandidaten um das höchste Staatsamt. Nach Meinung von Mykola Tomenko, Abgeordneter des Bündnisses „Nascha Ukraina“ und Direktor des Instituts für Politik, wird die ungewöhnlich hohe Bewerberzahl und die damit ausgelöste Streuung der Wählerstimmen einen Wahlsieg Juschtschenkos in der ersten Runde nahezu unmöglich machen. Er ist überzeugt, dass es am 21. November zu einer Stichwahl zwischen Juschtschenko und dem amtierenden Premierminister Janukowitsch kommen wird. Allen anderen Kandidaten werden keine Chancen eingeräumt, die zweite Runde zu erreichen.

Die Meinungsumfragen der vergangenen Wochen bestätigen diese Analyse. Danach stiegen die Umfragewerte von Viktor Juschtschenko Ende Juli um 2,2 % auf 28,8 % (Socis-Center) in der ersten Runde. Damit festigte er seine Position als aussichtsreichster Kandidat im Präsidentschaftsrennen. Um etwa dieselbe Prozentzahl fiel in dieser Umfrage das Rating von Julia Timoschenko, mit der er wenige Tage vor seiner Nominierung eine Koalitionsvereinbarung unterzeichnete, in der sie ihm ihre Unterstützung im Wahlkampf zusicherte, so dass man davon ausgehen kann, dass die Koalition vom Wähler angenommen wurde. Für die entscheidende Stichwahl reichen die Prognosen von 37,1 (Rasumkow-Zentrum) bis 40,4 Prozent (Socis-Center).

Aufgrund der Urlaubszeit verläuft der Wahlkampf nur sehr schleppend. Erschwerend für den Oppositionskandidaten Juschtschenko kommt hinzu, dass die Wahrnehmung seiner Aktivitäten und seines Wahlprogramms auf die wenigen neutralen und der Opposition nahestehenden Medien beschränkt ist. Der Druck, in den Sendungen der öffentlichen und privaten Sender nichts über Juschtschenko zu berichten und in den regionalen Zeitungen möglichst wenig über ihn zu schreiben, ist sehr groß. Juschtschenkos Wahlkampfmanager versuchen indes, durch publikumswirksame PR-Aktionen wie die Säuberung des Howerla, des höchsten Berges der Ukraine, durch führende Politiker von „Nascha Ukraina“, die Aufmerksamkeit der Medien auf den Kandidaten Juschtschenko zu lenken, der die Aktion mit den Worten: „Jetzt säubern wir den Howerla vom Schmutz und bald die ganze Ukraine“, einleitete. Diese Rechnung ging aber nur zum Teil auf. Die „Medien der Macht“ zogen es vor, vom 8. Parteitag der Partei „Reformen und Ordnung“ (PRP) zu berichten, als einen strahlenden Juschtschenko auf seiner Bergwanderung zu begleiten. Der Parteitag erwies sich als viel spannender. Dort wurde beschlossen, die Partei in „Nascha Ukraina“ umzubenennen. Dieser mit Juschtschenko nicht abgestimmte und rechtlich wie moralisch zweifelhafte Vorgang löste innerhalb der Wahlallianz ein mittleres Erdbeben aus. Mit dem Ergebnis, dass der Vorsitzende der PRP Viktor Pynsenyk, einen Rückzieher machen musste und in den Medien das Bild eines zerstrittenen Bündnisses gezeichnet wurde, in dem Juschtschenko die Situation nicht im Griff zu haben schien. Janukowitsch dürfte für diese Steilvorlage aus dem gegnerischen Feld dankbar gewesen sein. Gleichzeitig mag ihn dieses Eigentor des politischen Gegners auch an seine Verwundbarkeit erinnert und zu größter Wachsamkeit ermahnt haben, denn in seiner zusammengewürfelten Mannschaft gibt es ebenfalls Einzelspieler, die den Teamgedanken der eigenen Zukunft unterordnen.

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Über eine fehlende Unterstützung durch die Medien kann sich Premierminister Janukowitsch dagegen nicht beklagen. So erschien erst kürzlich eine doppelseitige Home-Story über die Familie Janukowitsch in der beliebtesten Fernsehzeitschrift „Tele Nedelja“, die sich ganz dem Familienmenschen Viktor Janukowitsch widmete. Sein Rating steigt ebenfalls an und beträgt im ersten Wahlgang zwischen 19,1 (Socis-Center) und 21,1 Prozent (Rasumkow-Zentrum). Im zweiten Wahlgang liegt er nach den Meinungsumfragen zwischen 29,4 (Rasumkow-Zentrum) und 31,1 (Socis-Center) Prozent.

Sein Manko ist allerdings, dass er auf die Zusammenarbeit mit anderen Oligarchenklans angewiesen ist, um die für seine Kampagne notwendige Unterstützung in den elektronischen Medien zu erhalten. Die Kanäle UT-1, Inter und 1+1 werden als von der SDPU(v) kontrolliert angesehen, während die Sender Novyy Kanal, ICTV und STB dem Imperium von Pintschuk zugerechnet werden. Um von diesen unberechenbaren Partnern unabhängig zu werden, gehen im Herbst auf Initiative verschiedener Donezker Wirtschaftsgruppen um den Industrieoligarchen Rinat Achmetow, dem enge Beziehungen zum Premierminister nachgesagt werden, mit NTN, IVK und KTM drei weitere landesweit zu empfangene Fernsehsender auf Sendung. Für deren Betrieb wurde auch Personal vom Medienmogul Pintschuk, dem Schwiegersohn von Präsident Kutschma, abgeworben, der sich nach eigenem Bekunden bis 2006 völlig aus der Politik zurückziehen möchte. Zumindest von NTN wird erwartet, dass im September der Sendebetrieb aufgenommen wird. Die anderen beiden Kanäle starten voraussichtlich im November.

Um Janukowitschs Wahlkampagne auf eine breitere Basis zu stellen, wurde eine Wahlkoalition mit dem Namen „Gemeinsam für die Zukunft“ gegründet, der nach eigenen Angaben 33 Parteien und mehr als 80 gesellschaftliche Organisationen angehören sollen. Darunter befinden sich viele Kleinstparteien, die in der Ukraine aufgrund ihrer äußerst geringen Mitgliederzahlen als „Taxiparteien“ bezeichnet werden, wie zum Beispiel die „Ukrainische Meerespartei“, deren ehemaliger Vorsitzender Kiwalow Leiter der Zentralen Wahlkommission ist und deshalb den Parteivorsitz an seine Tochter abgab (!). Vorsitzender des Koordinationsrates ist der Führer der Volksdemokratischen Partei Walerij Pustowojtenko, der selber lange Zeit als Kandidat für das Amt des Präsidenten galt. Gleichzeitig wurde in der gesamten Ukraine begonnen, großflächige Plakatwände mit Janukowitschs Konterfei und der Losung „Darum!“ zu bekleben.

Um den undankbaren dritten Platz in der ersten Runde kämpfen im Augenblick Kopf an Kopf der Sozialistenführer Moros (6,6 % - Socis-Center) und der Kommunist Simonenko (8,5 % - Socis-Center). Beide bezeichnen jedoch die veröffentlichten Umfragen als Fälschungen und rechnen sich mit Verweis auf die Ergebnisse eigener Untersuchungen gute Chancen für das Erreichen der zweiten Runde aus.

Die Wahlprogramme der Spitzenkandidaten – die Qual der Wahl für die Bürger

Viktor Juschtschenkos Zehn-Punkte-Plan

Juschtschenko, Jahrgang 1954, ist ausgebildeter Ökonom. Er war Leiter der Nationalbank der Ukraine (1993-1999) und Premierminister (1999-2001) unter Präsident Kutschma. Seit den Parlamentswahlen 2002 ist er Vorsitzender der mit 100 Abgeordneten größten Fraktion der Werchowna Rada „Nascha Ukraina“.

Juschtschenko stellt seinem Wahlprogramm (Quelle: www.yuschenko.com.ua) seine persönliche Vision von einer wohlhabenden und international angesehenen Ukraine voran, in der jeder Arbeitswillige einen gerecht bezahlten Job erhält, jedes Kind eine qualifizierte Ausbildung, jeder Rentner eine angemessene Pension und jeder Bürger die notwendige medizinische Versorgung. Er will ein korruptionsfreies Land schaffen, in dem Meinungs- und Pressefreiheit herrschen und in dem die Beamten sich durch Kompetenz auszeichnen. Diese hochgesteckten Ziele will er durch die Realisierung eines Zehn-Punkte-Plans erreichen.

An erster Stelle steht die Förderung der wirtschaftliche Entwicklung, die durch ihre Eigendynamik und flankiert durch staatliche Beschäftigungsmaßnahmen zu fünf Millionen (!!) neuen Arbeitsplätzen führen soll. Die Verzehnfachung der ausländischen Investitionen in die Ukraine, eine Niedrigzinspolitik und ein garantierter Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu günstigen Krediten sollen den Weg zur Vollbeschäftigung ebnen.

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An zweiter Stelle folgt die Sozialpolitik. Juschtschenko verspricht, Renten und Löhne zu erhöhen, ein effizientes und allgemein zugängliches Gesundheitssystem in jeder Stadt und in jedem Dorf zu schaffen, das Schulsystem umzubauen und – als „heilige Pflicht“ – eine Verbesserung der Gesundheitsfürsorge für Kriegsveteranen zu garantieren.

Finanzieren will er die sozialen Wohltaten durch eine Erhöhung des Staatshaushalts durch eine Veränderung des Steuersystems. Juschtschenko will das gesamte Steuersystem vereinfachen, durch Steuersenkungen die Steuermoral stärken, das Vertrauen der Unternehmer gewinnen und die gefürchtete Steuerpolizei abschaffen. Er spricht sich gegen Reprivatisierungen aus, macht aber die Einschränkung, dass Oligarchen, die Unternehmen unter Wert erworben haben, die Preisdifferenz nachzahlen müssen.

Besonders große Bedeutung misst er der Familienpolitik bei. Auch die Ukraine leidet wie viele andere europäische Länder an einem akuten demographischen Problem. Diesen Trend möchte er durch eine frauen- und familiengerechte Politik umkehren. Er beabsichtigt die Einführung des Hausarztprinzips, eine drastische Erhöhung des Kindergelds, eine bessere und kostenlose medizinische Betreuung von Müttern und ihren Kindern sowie die Gewährung von Krediten an junge Familien zur Schaffung von Wohneigentum in den Dörfern und Städten.

Ferner sagt er der Korruption den Kampf an. Er will das Heer von Bürokraten drastisch verringern, Rechtssicherheit herstellen, die Kompetenzen zwischen der Exekutive und der Legislative neu ordnen und spricht sich für eine Verfassungsreform nach den Parlamentswahlen 2006 aus.

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Auch dem Problem der Landflucht will er offensiv begegnen. Durch eine Verdoppelung der Agrarproduktion will er die Einkommen der Landbevölkerung steigern und sichere Arbeitsplätze auch für die Jugendlichen schaffen. Er verspricht eine nachhaltige Verbesserung der Infrastruktur auf dem Land, mehr Schulen, mehr Klubs für die Jugend und eine medizinische Grundversorgung in jedem Dorf.

Außen- und militärpolitische Aspekte werden in den letzten beiden Absätzen nur gestreift und bleiben nebulös. Der Erfolg der Außenpolitik bemisst sich seiner Meinung nach an dem Erfolg ukrainischer Produkte auf den Weltmärkten, der Sicherheit und dem Schutz ukrainischer Bürger im Ausland sowie dem Volumen ausländischer Direktinvestitionen. Wichtige außenpolitische Parameter wie die Beziehungen der Ukraine zur EU, NATO oder den USA werden mit keiner Silbe erwähnt, um die Wähler im Osten und Süden des Landes, die der EU und NATO eher skeptisch gegenüber stehen, nicht zu verprellen. Statt dessen spielt er aus wahltaktischen Gründen die russische Karte und legt Wert auf die Feststellung, dass sich die ukrainisch-russischen Beziehungen freundschaftlich, stabil und zum gegenseitigen Vorteil gestalten sollen.

Einige Tage nach der Bekanntgabe des Zehn-Punkte-Programms äußerte sich Juschtschenko in einem Interview mit der „Nesawissimaja Gaseta“ konkreter zum Verhältnis Ukraine – Europa und Ukraine – Russland, indem er sagte: „Wir wollen offen sein: Russland ist die wichtigste Richtung zur Gewährleistung der strategischen Interessen der Ukraine. Das ändert sich nicht, egal, wer an die Macht kommt. ... Die neue Führung wir alles tun müssen, um die Beziehungen zu Russland weiter zu entwickeln. Auch Europa gehört zur Zone unserer strategischen Interessen. Ich sehr darin keinen Konflikt, für mich gibt es kein ‚entweder – oder’. Die Ukraine muß gleichberechtigte Beziehungen sowohl im Osten wie im Westen aufbauen.“

Was die Zukunft des Militärs betrifft, legt sich Juschtschenko in seinem Wahlprogramm auf die Durchführung einer tiefgreifenden Militärreform fest. Bereits ab Frühjahr 2005 will er die Dauer der Wehrpflicht auf zwölf Monate reduzieren. Ab 2010 soll sie komplett abgeschafft und mit dem Umbau der Streitkräfte in eine Berufsarmee begonnen werden.

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Sein Wahlprogramm endet mit einem Zitat von Iwan Franko, der einmal gesagt hatte: „Millionen warten auf gute Veränderungen.“ Übertragen auf die jetzige Situation ruft Juschtschenko die 48 Millionen Ukrainer auf, mit ihm gemeinsam die Lebensbedingungen zu verbessern. Schon in einem Jahr, so sein Versprechen, „wird die Ukraine ein ganz anderes Land sein, das sich um seine Menschen kümmert und nicht um seine Oligarchen“.

Das Wahlprogramm von Juschtschenko ist übersichtlich nach inhaltlichen Schwerpunkten gegliedert, leserfreundlich gestaltet und mit einem ansprechenden Bild des Kandidaten versehen. Es benennt kurz, prägnant und einprägsam die seiner Meinung nach zehn zentralen Politikfelder, die im Mittelpunkt der zukünftigen Regierungsarbeit unter seiner Präsidentschaft stehen werden: Schaffung neuer Arbeitsplätze – Finanzierung von Sozialprogrammen – Erhöhung des Staatshaushalts durch Steuersenkungen – Kampf gegen die Korruption – Gewähr der inneren Sicherheit – Schutz und Förderung von Familien und Kindern – Förderung der traditionellen moralischen Werte – Förderung der ländlichen Entwicklung – Militärreform – Außenpolitik zum Wohl des Volkes. Aber er belässt es nicht nur bei der Benennung der zentralen Forderungen, sondern er deutet auch an, mit welchen konkreten Maßnahmen die Ziele erreicht werden sollen. Ob und wie realistisch und umsetzbar seine Vorstellungen sind, steht auf einem anderen Blatt und wird noch Anlass zu heftigen und kontroversen Diskussionen geben. Auch auf die Frage, warum drängende Probleme wie Umweltschutz und HIV völlig ausgeklammert werden und das der nationalen Identität nur versteckt angesprochen wird, werden noch Antworten erwartet.

Juschtschenkos Wahlprogramm vermittelt die Vision einer jungen, modernen, gerechten und zukunftsorientierten Ukraine und damit die Hoffnung auf ein besseres Leben. Es ist ein Kompass für eine desillusionierte und demoralisierte Bevölkerung, der den Weg in eine neue Gesellschaftsordnung weist, in der nicht mehr die O ligarchen und korrupten Beamten Inhalt und Richtung der Politik bestimmen sondern die Bürger. Sein Wahlprogramm richtet sich im Prinzip an alle Bürger der Ukraine, aber vor allem an diejenigen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen, an den aufstrebenden Mittelstand, dem die herrschenden Strukturen nur wenig Entfaltungsmöglichkeiten einräumten, an Frauen, Intellektuelle und Traditionalisten. Und es ist zugleich eine Kampfansage an die oligarchischen Strukturen im Land. Juschtschenko verweist nicht zu Unrecht auf die Erfolge während seiner kurzen Zeit als Regierungschef, in der er wie kein anderer Premierminister vor und nach ihm so heftig gegen Korruption und Vetternwirtschaft zu Werke ging, dass Präsident Kutschma sich genötigt sah, die Notbremse zu ziehen und ihn zu entlassen.

Die Meinungsumfragen zeigen, dass Juschtschenko immer noch mit einem Vorsprung von acht bis zehn Prozentpunkten vor seinem ärgsten Widersacher liegt. Von einem beruhigenden Vorsprung kann aber keine Rede sein. Der sich von Woche zu Woche verstärkende so genannte „russische Faktor“, die geringe Medienpräsenz Juschtschenkos, der zunehmende Druck der Macht auf die Finanziers seiner Wahlkampagne und der Einsatz der administrativen Ressourcen können schnell dazu führen, dass sich das Meinungsbild zu seinen Ungunsten verändert. Nach Umfragen ist fast die Hälfte der Mehrheit der Bevölkerung ohnehin der Meinung, dass die Wahlen nicht ohne Manipulationen über die Bühne gehen werden.

Viktor Janukowitsch: „Das Land, das arbeitet, hat eine sichere Zukunft!“

Janukowitsch wurde 1950 geboren und ist ausgebildeter Kfz-Mechaniker. Von 1997 bis 2002 war er Leiter der Donezker Oblastverwaltung und bekleidet seit November 2002 das Amt des Premierministers. Die „Partei der Region“, deren Vorsitzender er ist, ist mit 63 Abgeordneten im Parlament vertreten.

Janukowitsch hat sein Programm anders als Juschtschenko in die Form einer Ansprache an die ukrainische Bevölkerung gekleidet. Wie sein Kontrahent von der Opposition versucht auch er, eine optimistische Stimmung zu vermitteln und verweist gleich zu Beginn seiner Rede auf das unerwartet hohe Wirtschaftswachstum, das eine solide Grundlage für die notwendigen sozialen und politischen Reformen darstellt. Für einen amtierenden Regierungschef eher ungewöhnlich verzichtet er aber auf Selbstbeweihräucherung und richtet stattdessen seinen Blick nach vorne. Möglicherweise ist der Verzicht auf eine Erfolgsbilanz seiner Regierung ein stilles Eingeständnis, das eine solche nach einer zwanzigmonatigen Amtszeit als Premierminister trotz der florierenden Wirtschaft eher bescheiden ausgefallen und für einen erfolgreichen Wahlkampf kontraproduktiv gewesen wäre.

Janukowitsch setzt dem Zehn-Punkte-Programm von Juschtschenko ein Fünf-Punkte-Programm entgegen ([ein Fünf-Punkte-Programm entgegen ([in Fünf-Punkte-Programm entgegen ([n Fünf-Punkte-Programm entgegen ([ Fünf-Punkte-Programm entgegen ([Fünf-Punkte-Programm entgegen ([ünf-Punkte-Programm entgegen ([nf-Punkte-Programm entgegen ([f-Punkte-Programm entgegen ([-Punkte-Programm entgegen ([Punkte-Programm entgegen ([unkte-Programm entgegen ([nkte-Programm entgegen ([kte-Programm entgegen ([te-Programm entgegen ([e-Programm entgegen ([-Programm entgegen ([Programm entgegen ([rogramm entgegen ([ogramm entgegen ([gramm entgegen ([ramm entgegen ([amm entgegen ([mm entgegen ([m entgegen ([ entgegen ([entgegen ([ntgegen ([tgegen ([gegen ([egen ([gen ([en ([n ([ ([([[Quelle: www.pravda.com.ua|http://www.pravda.com.ua). Wie auch Juschtschenko richtet Janukowitsch sein Hauptaugenmerk auf die Stärkung der Wirtschaft, die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und Wohlstand für alle: „Ich strebe an, Präsident wohlhabender Bürger zu werden, die selbständig ihr demokratisches und starkes Land aufbauen sowie würdige Lebens- und Arbeitsbedingungen haben. Wir wollen in jedem Industrie- und Agrarbetrieb eine wettbewerbsfähige Produktion aufbauen und neue moderne und produktive Arbeitsplätze schaffen.“ So verspricht er den Arbeitnehmern einen gerechten Lohn und eine durchschnittliche Lohnerhöhung um mindestens das Doppelte.

Punkt zwei betrifft den Aufbau einer humanen Gesellschaft: „Ich bin ein Sohn der Ukraine und strebe an, dass alle Mitglieder unserer großen Familie in einer humanen Gesellschaft mit gleichen, gesetzlich verankerten Chancen leben und schaffen können.“ In einer langen Liste mit Ankündigungen beschreibt er die Maßnahmen, mit denen er dieses Ziel zu erreichen gedenkt. Die Liste beginnt mit der Gewährung einer angemessenen medizinischen Betreuung der Tschernobyl-Betroffenen über die Wiederherstellung von gerechten Renten bis hin zur Schaffung von modernen und mit PCs ausgestatteten Dorfschulen und der Entwicklung eines Netzes von Sportanlagen.

Der nächste Punkt ist der Wirtschaftspolitik gewidmet: „Wir werden ein hohes Niveau der wirtschaftlichen Freiheit und Wettbewerbsfähigkeit erreichen!“ Die Gründung von Unternehmen soll vereinfacht werden und vor Bürokratie und Korruption geschützt sein. Die Mehrwertsteuer soll von 20 auf zwölf Prozent gesenkt, das Steuerwesen vereinfacht und harmonisiert, Kredite für die Entwicklung von KMU und für die Schaffung neuer Arbeitsplätze wesentlich erhöht und verbilligt werden.

Das Wohl der Landwirte und Agrarbetriebe beschäftigt Janukowitsch in einem weiteren Punkt: „Ich versichere, dass jeder Landwirt, jede Dorfgemeinde und jeder Agrarbetrieb vor der Willkür der ‚flinken Geschäftemacher’ ... geschützt wird.“ Das bedeutet für ihn auch, dass „der ukrainische Bauer kein Knecht sein wird. Er wird der Herr auf eigenem Boden werden.“

Der letzte Punkt gilt der kommunalen Selbstverwaltung und der Rolle und Verantwortung der Staatsmacht gegenüber den Menschen: „ Ich mache von der ganzen Autorität und den Einflusshebeln des Präsidentenamts Gebrauch, um eine ehrliche, wirkungs- und verantwortungsvolle Staatsmacht sowie eine effektive kommunale Selbstverwaltung zu etablieren.“ Er hat sich unter anderem zum Ziel gesetzt, im Informationsbereich die Umsetzung der Verfassungsrechte auf Meinungs- und Informationsfreiheit zu gewährleisten. Um der Entfremdung von Politik und Bevölkerung entgegen zu wirken, will er sich für politischen Pluralismus, offenen Dialog und mehr Bürgerbeteiligung an politischen Entscheidungsprozessen einsetzen.

Die Grundzüge der außenpolitischen Orientierung der Ukraine unter seiner Präsidentschaft werden am Ende des Wahlprogramms erläutert. Dort heißt es: „Die Außenpolitik, die Teilnahme der Ukraine an internationalen und regionalen Integrationsprozessen, europäische Integration, Zusammenarbeit mit Russland und anderen Staaten – unseren traditionellen Partnern – werden vertieft und den nationalen Interessen und der Stärkung unseres Staates untergeordnet sein.“

Das Wahlprogramm von Janukowitsch, dem amtierenden Premierminister und aussichtsreichen Bewerber um das höchste Staatsamt der Ukraine, ist eine Auflistung von Absichtserklärungen, die in beliebiger Reihenfolge und oft ohne inhaltlichen Bezug zueinander aneinandergereiht wurden und weit davon entfernt, visionäre Züge zu tragen und Aufbruchsstimmung aufkommen zu lassen. So stehen der Schutz der Rechte der Bankkunden neben Vorschlägen zur Verwendung der Spareinlagen der Bevölkerung und der Erhöhung des Ansehens und Gehalts von Lehrern und Ärzten. Janukowitsch lässt die Leser seines Programms auch im Unklaren, was den zeitlichen Rahmen der Umsetzung seiner Agenda betrifft. Auch bezüglich der Beantwortung der Frage nach der Finanzierbarkeit seiner zahlreichen sozialen Geschenke, hält er sich vornehm zurück. Die Bevölkerung bewegende Themen wie die Verfassungsreform, das Verhältnis von Politik und Wirtschaft, der Einfluss der Oligarchen auf das Wirtschaftsgeschehen oder die Rolle des Individuums in einer Bürgergesellschaft, Problemfelder die Juschtschenko in seinem Programm zumindest ansatzweise aufgreift, werden in seinem Wahlprogramm völlig ausgeblendet. Form und Inhalt des Programms von Janukowitsch lassen den Eindruck aufkommen, dass der Kandidat zu der Kategorie von Politikern gehört, die nicht an eine wahlentscheidende Wirkung von zu Papier gebrachten und letztendlich nicht einklagbaren Absichtserklärungen glauben oder die sich ihres Wahlsiegs, mit welchen Mitteln er auch immer erreicht wird, bereits sicher sind. Deshalb beantwortet er Fragen nach seinem Wahlprogramm gerne auch mit dem Satz: „Meine Regierungsarbeit ist mein Programm.“

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Gabriele Baumann

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Leiterin des Projekts Nordische Länder

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