Länderberichte
Vorausgesagt ist der - mit möglicherweise über 50 Millionen Dollar - wahrscheinlich teuerste Senatswahlkampf aller Zeiten, und das Medieninteresse scheint sogar dem anstehenden Präsidentschaftswahlkampf die Show zu stehlen.
Die First Lady als ganz normale Kandidatin?
Noch nie in der amerikanischen Geschichte gab es eine amtierende First Lady, die sich um ein politisches Amt bewarb. Nachdem drei mögliche demokratische Kandidaten die Bewerbung für den freiwerdenden Senatssitz des Demokraten Daniel Patrick Moynihan in New York abgelehnt hatten, kam die Partei auf Hillary Clinton, von der bekannt ist, dass sie sich schon lange für Politik interessiert und auch eine eigene politische Karriere anstrebt.
Erste politische Schritte versuchte die First Lady schon bald nach dem Einzug Bill Clintons ins Weiße Haus mit ihren Plänen zur Reform des Gesundheitswesen. Nach langem Tauziehen scheiterte sie und zog sich daraufhin aus der aktiven Politik erst einmal enttäuscht zurück. Im Hintergrund wirkte sie aber auch weiterhin an der aktuellen Tagespolitik mit. .
Seit etwas mehr als einem Jahr nun spielt Hillary Clinton mit dem Gedanken, in New York für den freiwerdenden Senatssitz zu kandidieren. Sie hat sich aber lange Zeit nicht festlegen wollen, was einige ihrer Anhänger verärgerte.
War Hillary Clintons politisches Engagement in ihrer Rolle als First Lady von ihren Unterstützern noch heruntergespielt worden, so soll die neue Strategie gerade dieses Engagement in den Vordergrund stellen und in aller Ausführlichkeit beschreiben. Ob man ihr diesen Rollenwandel abnehmen wird, bleibt abzuwarten. Außerdem wird sie noch die Schwierigkeit zu bewältigen haben, gleichzeitig First Lady und Kandidatin sein zu müssen. Ihr Einsatz für soziale und kulturelle Anliegen, ihre Fähigkeit, für die Demokratische Partei Millionen von Dollar aufzutreiben, oder die Aufgabe als inoffizielle Botschafterin ihres Landes - all das wird durch ihren Wahlkampf vernachlässigt werden.
Wechselnde Popularitätswerte
Hillary Clinton ist eine der umstrittensten und polarisierendsten Figuren in der amerikanischen Politik. Ihre Popularität wurde in der Vergangenheit immer in ihrem Verhältnis zu ihrem Mann definiert: Hatten die Amerikaner das Gefühl, sie würde aus der Position Bill Clintons ihren eigenen Vorteil ableiten wollen und sich in das politische Tagesgeschehen - unberechtigterweise - einmischen, fielen die Sympathiewerte.
In dem Skandal um die Affären ihres Mannes, als sie "treu und selbstlos" an seiner Seite stand, stiegen diese Werte enorm, besonders bei Frauen. Gerade diese Sympathie scheint ihr in letzter Zeit aber wieder verloren gegangen zu sein, da man ihren Einsatz für frauenspezifische Themen vermisst. Ein Besuch im Nahen Osten verursachte einen Eklat und brachte die einflussreiche jüdische Gemeinde in New York gegen sie auf, als Suha Arafat in einer Rede die Israelis als Giftmischer bezeichnete, und Hillary Clinton, in ihrer Rolle als First Lady, danebenstand und nichts erwiderte.
Während Hillary Clinton Anfang des Jahres in den Umfragen mit 3-6 Prozent noch knapp hinter ihrem möglichen Rivalen Giuliani lag, hat sich inzwischen ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden herauskristallisiert: laut neuester Umfrageergebnisse von Anfang April verfügt Hillary Clinton über einen 8-prozentigen Vorsprung (49% - 41 %) über den New Yorker Bürgermeister. Diese jüngsten Entwicklungen sind direktes Resultat einer von Giuliani sanktionierten harten Vorgehensweise von New Yorker Polizeibeamten gegenüber schwarzen Tatverdächtigten während der letzten Monate. Vor diesem Hintergrund der - von ethnischen Minderheiten mit Polizeibrutalität gleichgesetzten - Verbrechensbekämpfungspolitik Giulianis konnte Hillary Clinton bei der wahlentscheidenden Gruppe der Unentschiedenen sogar einen Vorsprung von 10 Prozent verzeichnen und ihre Beliebtheit unter den demokratischen Stammwählern in New York City auf ein knapp Drei-zu-Eins-Verhältnis steigern. Sogar im Norden des Bundesstaates New York konnte die First Lady mit Giuliani gleichziehen. Gerade der Norden des Staates New York gilt als eine Region, in der Republikaner eher eine Chance haben. So kommen Republikaner nördlich der Stadt New York üblicherweise auf höhere Zustimmungsraten als Giuliani mit seinen derzeit 44 Prozentpunkten.
Der "Law and Order"-Bürgermeister Giuliani
So ganz offiziell hat er seine Kandidatur noch nicht verkündet, aber das eher aus "Aberglauben": Jedesmal, wenn sich Rudolph Giuliani ohne öffentliche Erklärung zur Wahl gestellt hat, hat er gewonnen. Aber auch ohne große Verlautbarung ist klar, dass er Hillary Clinton das Feld streitig machen möchte. Seine Bilanz als Bürgermeister von New York kann sich sehen lassen, was aber noch nicht heißt, dass ihn die New Yorker dafür lieben. "Law and Order" hat er in die Millionenstadt gebracht und sie damit zu einer der sichersten Großstädte in den Vereinigten Staaten gemacht. 50% weniger Verbrechen, eine boomende Wirtschaft, weniger Sozialhilfeausgaben - eine beachtliche Bilanz.
Mit harter Hand und dem Slogan "eine Toleranz"hat er das alles vollbracht. Aber mit dieser Politik hat er sich auch viele Feinde geschaffen, weswegen er sich wahrscheinlich wenig Hoffnung auf die Mehrheit der Stimmen aus New York City bei den Senatswahlen dieses Jahr machen kann. Genauso wenig präferieren ihn 18 bis 29-jährige, Afro-Amerikaner und generell Wähler aus Großstädten. Dafür kommt er bei Wählern aus dem Nordwesten des Staates New York, bei 50 bis 64-jährigen, Männern, Weißen und Unabhängigen gut an.
Zusätzlich erhält er die Unterstützung derjenigen, die auf alle Fälle eine Senatorin Hillary Clinton verhindern wollen.
Zu liberal für die Konservative Partei?
Ein zusätzliches Problem dürfte Giuliani aus einer ganz anderen Ecke erwarten: Die Konservative Partei, eine kleine Partei rechts der Republikaner, kritisiert seine "zu liberale" Haltung vor allem in der Abtreibungsfrage und hält ihn deswegen nicht für einen unterstützenswerten Kandidaten.
Obwohl die Konservative Partei zwar klein ist - ihre registrierten 170.000 Wähler machen nur 1,6% der Gesamtheit des Staates aus -, übt sie doch einen überproportional großen Einfluss aus. Kein Republikaner hat seit 1974 eine landesweite Wahl in New York ohne die Nominierung durch die Konservative Partei gewonnen. New York ist der einzige Staat, der es einem Kandidaten erlaubt, von mehr als einer Partei nominiert zu werden und dann die Stimmen, die er auf beiden Listen bekommen hat, zusammenzuzählen.
Einen möglichen konservativen Gegenkandidaten hat Giuliani vielleicht schon bald in dem republikanischen Kongressabgeordneten Rick A. Lazio, den der Parteivorsitzende der Konservativen Partei, 'Michael Long, vorziehen würde.
Lazio macht aber vorläufig noch zur Bedingung seiner Kandidatur, dass er sowohl von den Republikanern als auch von der Konservativen Partei unterstützt wird. Lazio hat sich schon relativ früh für die Kandidatur interessiert, wurde dann aber im August von dem republikanischen Gouverneur George E. Pataki und anderen Parteifunktionären aufgefordert, zu Gunsten Giulianis zu verzichten. Lazios jüngste Kritik an Giulianis harter Verbrechensbekämpfungstrategie brachte ihm lediglich Ärger mit dem Gouverneur, der ihn prompt aufforderte, sich hinter die Kandidatur Giulianis zu stellen.Das Verhältnis zwischen der Partei und Giuliani ist zwar nicht besonders gut, aber er wird allgemein als der Kandidat mit den größten Siegeschancen angesehen.
Leicht wird es nicht für Giuliani in einem Staat, in dem das Verhältnis eingeschriebener Demokraten zu Republikanern fünf zu drei beträgt, aber gerade aufgrund dieser Zahlen ist ein eher moderater republikanischer Kandidat wie der New Yorker Bürgermeister eine größere Gefahr für die Demokraten als ein konservativer Hardliner.