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Länderberichte

Freihandelsabkommen mit den Staaten des "Triangulo del Norte" unterzeichnet

von Reinhard Junghanns
Zwei Tage vor dem Inkrafttreten des Freihandelsabkommens zwischen Mexiko und der Europäischen Union und drei Tage vor der Präsidentschaftswahl hat Mexikos scheidender Präsident Ernesto Zedillo am 29. Juni 2000 ein weiteres Freihandelsabkommen mit den zentralamerikanischen Staaten Guatemala, El Salvador und Honduras (sog. "Triangulo del Norte") unterzeichnet. Die Zahl der von Mexiko abgeschlossenen Freihandelsabkommen erhöht sich damit auf 28. Durch die Unterzeichnung dieses Abkommens, das am 1. Januar 2001 in Kraft treten soll, baut Mexiko seine Position als regionale Wirtschaftsmacht und wichtigster Handelspartner der drei zentralamerikanischen Vertragsstaaten weiter aus. Es entsteht ein Markt von zusammen 120 Millionen Verbrauchern.

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Anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens, zu der die Präsidenten Guatemalas, Alfonso Portillo, und El Salvadors, Francisco Flores, sowie der Beauftragte des honduranischen Präsidenten, William Handal, in die mexikanische Hauptstadt gereist waren, wurde hervorgehoben, dass das Abkommen einen weiteren Schritt in Richtung auf die Vollendung einer umfassenden Freihandelszone zwischen Mexiko und Zentralamerika darstellt.

Bilaterale Freihandelsabkommen mit Costa Rica und Nicaragua bestehen bereits. Die laufenden Verhandlungen über den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit Panama, dessen Präsidentin ebenso wie ihre Amtskollegen aus Costa Rica und Nicaragua der Unterzeichnung des neuen Abkommens in Mexiko beiwohnte, sollen zügig zum Abschluss gebracht werden.

Kernstück des Abkommens bilden die Vorschriften über die Erleichterung des Verkehrs industrieller und landwirtschaftlicher Produkte durch die schrittweise Abschaffung von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen. Darüber hinaus enthält des Abkommen u.a. aber auch Regelungen über den Dienstleistungsverkehr, Investitionen, unlauteren Wettbewerb und den Schutz geistigen Eigentums sowie einen Streitschlichtungsmechanismus.

Die drei Staaten des "nördlichen Dreiecks" sind mit einem Anteil von 25% bzw. 944,1 Mio. US-$ der wichtigste Markt für Mexikos Exportwirtschaft in Lateinamerika. Das Volumen der Exporte in die drei Länder ist in etwa dem der mexikanischen Exporte nach Brasilien, Argentinien und Chile vergleichbar.

Die Länder des "Triangulo" stellen einen wachsenden Markt für mexikanische Waren dar. Die mexikanischen Exporte (mit Ausnahme der Ölexporte) in die Region haben sich in den vergangenen sechs Jahren um mehr als 170% von 330 Mio. US-$ im Jahr 1993 auf mehr als 940 Mio. US-$ 1999 erhöht.

Nach dem Inkrafttreten des Abkommens werden ca. 57% der mexikanischen Exporte von Industrieprodukten von Zöllen befreit, weitere 15% folgen in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren. Demgegenüber werden mit dem Inkrafttreten des Abkommens 65% der Importe von Industrieprodukten aus den drei betroffenen zentralamerikanischen Staaten mit sofortiger Wirkung und 24% in einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren von Zöllen befreit werden.

Insbesondere für die südlichen Bundesstaaten, vor allem Chiapas, Campeche und Quintana Roo, erhofft sich Mexiko wichtige Impulse durch den grenzüberschreitenden Verkehr von Waren und Dienstleistungen.

Im landwirtschaftlichen und agroindustriellen Bereich haben sich die mexikanischen Exporte ins "nördliche Dreieck" von 1993 bis 1999 von 25 Mio. US-$ auf 140 Mio. US-$ fast versechsfacht. Das Abkommen befreit kurzfristig 30% der mexikanischen Exporte in diesem Sektor von Abgaben, mittelfristig weitere 12% und langfristig weitere 41%.

Vor allem die mexikanische Lebensmittelindustrie dürfte von der Liberalisierung des Marktzugangs profitieren. Besonders sensible Produkte wie Zucker, Kaffee oder Bananen bleiben jedoch zunächst aus dem Anwendungsbereich des Abkommens ausgeschlossen.

Die im Abkommen enthaltenen grundsätzlichen Regelungen über Dienstleistungen (z.B. Gleichbehandlung, Meistbegünstigung und die Verpflichtung zu lokaler Präsenz) sind auf alle Bereiche mit Ausnahme des Luftverkehrs anwendbar. Die Vertragsstaaten erhalten zudem einen Verhandlungsauftrag, in den nationalen Vorschriften bestehende Handelshemmnisse zu beseitigen.

Darüber hinaus werden Verfahrensweisen festgelegt, um in Zukunft Übereinkommen über die gegenseitige Anerkennung im Bereich beruflicher Dienstleistungen auszuhandeln, die den freien Verkehr der Dienstleistungserbringer regeln.

Weitere grundsätzliche Regelungen sowie Regelungsaufträge enthält das Vertragswerk für die Bereiche der Finanzdienstleistungen, der Telekommunikation und das geistige Eigentum. Für das öffentliche Auftragswesen enthält das Abkommen einen Auftrag, auf der Basis der erzielten Fortschritte 18 Monate nach Inkrafttreten des Abkommens die Verhandlungen wieder aufzunehmen.

Hervorzuheben ist der in Kapitel XIX des Vertragswerks enthaltene Streitschlichtungsmechanismus. Das Verfahren, das eine zügige Streitbeilegung bewirken soll, besteht aus drei Phasen: Die erste Etappe ist konsultativer Natur.

Jede Vertragspartei kann von einer oder mehreren anderen Vertragsparteien die Aufnahme vertraulicher Konsultationen verlangen, wenn bestehende oder beabsichtigte Massnahmen das Funktionieren des Vertrages beeinträchtigen können. Das sich anschliessende streitige Verfahren besteht aus zwei Teilen.

Es findet vor der gemäss Kapitel XVIII eingerichteten Verwaltungskommission und dem Schiedsgericht statt. Wird eine Angelegenheit im Konsultationsverfahren nicht innerhalb von 30 Tagen gelöst, kann jede am Konsultationsverfahren beteiligte Vertragspartei die Verwaltungskommission anrufen. Diese tritt innerhalb von 10 Tagen nach ihrer Anrufung zusammen.

30 Tage nach dem Zusammentreten der Kommission bzw. im Falle ihres Nichtzusammentretens innerhalb von 30 Tagen nach Antragstellung hat jede am Konsultationsverfahren beteiligte Vertragspartei das Recht, das Zusammentreten eines Schiedsgerichts zu verlangen. Nicht am Konsultationsverfahren beteiligte Parteien haben das Recht zur Intervention.

Nach dem Zusammentritt des Schiedsgerichts verkündet dieses innerhalb von 90 Tagen einen Zwischenbericht. Nach weiteren 30 Tagen nimmt das Schiedsgericht mit Mehrheit den für die am Verfahren beteiligten Parteien verbindlichen Abschlussbericht an. Dieser wird nach seiner Übermittlung an die Kommission im Amtsblatt jeder Streitpartei veröffentlicht.

Die positive Einschätzung des Abkommens durch die Regierungen der Vertragsstaaten, die unter anderem die Bildung strategischer Allianzen zwischen Unternehmen der Partnerstaaten, gesteigerte Attraktivität für Investoren, erhöhte Produktivität und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit erhoffen und auf die wachstums- und beschäftigungsfördernden Wirkungen des Abkommens setzen, wird allerdings nicht allerorts geteilt.

Sprecher verschiedener Zusammenschlüsse kleiner und mittlerer Unternehmen, besonders in El Salvador und Guatemala, haben ihrer Befürchtung Ausdruck verliehen, dass die Marktöffnung zu einem Verdrängungswettbewerb führt, den die grösseren und besser auf den Wettbewerb vorbereiteten mexikanischen Unternehmen zu ihren Gunsten entscheiden werden.

Kritiker halten es für einen schweren Fehler der zentralamerikanischen und auch einiger karibischer Staaten, sich nicht vor dem Abschluss von Freihandelsabkommen mit Mexiko untereinander verständigt zu haben, um auf der Basis einer gemeinsamen Verhandlungsposition ein einheitliches Vertragswerk mit dem wirtschaftlichen Schwergewicht Mexiko auszuhandeln.

Obwohl das Abkommen bestehende Asymmetrien im Handel zwischen Mexiko und den Staaten des "nördlichen Dreiecks" berücksichtigt, vertreten sie die Auffassung, Mexiko habe seinem grossen Binnenmarkt von 97 Mio. Menschen lediglich weitere 23 Mio. potentielle Konsumenten eingegliedert.

Das Drängen Mexikos auf die Vollendung einer mexikanisch-zentralamerikanischen Freihandelszone steht im Zusammenhang mit den Diskussionen um die Schaffung eines umfassenden Freihandelsraumes der Americas (ALCA). Indem Mexiko seine wirtschaftliche Vormachtstellung im nördlichen Teil Lateinamerikas ausbaut, verbessert es gleichzeitig seine zukünftige Verhandlungsposition gegenüber dem von Brasilien geführten südlichen Wirtschaftsblock des MERCOSUR.

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Kontakt

Ing. Hans-Hartwig Blomeier

Hans Blomeier

Leiter des Auslandsbüros Mexiko

hans.blomeier@kas.de +52 55 55664599

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