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Länderberichte

Ghanas Vizepräsident Mills als Präsidentschaftskandidat

von Martin J. Wilde

Wirtschaftskrise und breite Unzufriedenheit lassen

Die Regierungspartei NDC (National Democratic Congress) hat auf einem außerordentlichen Parteitag den Vizepräsidenten Prof. John Atta Mills zum Präsidentschaftskandidaten für die Wahlen am 8. Dezember 2000 gewählt. Die Opposition wittert gleichzeitig angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise eine Chance, wie im Senegal die langjährige Regierungspartei von der Macht zu verdrängen. In beiden Lagern gibt es ein heftiges Gerangel um die Vizepräsidentschaftskandidatur.

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Die Wahl von Mills zum Präsidentschaftskandidaten am 29.April war keine Überraschung, da Mills der einzige Kandidat war und der Wunschnachfolger von Präsident Jerry John Rawlings ist, der verfassungsgemäß nicht für eine dritte Amtsperiode kandidieren darf. Mills gilt als ein Mann ohne eigene Hausmacht innerhalb der Partei, und viele Beobachter sehen darin die Chance für den erst 53jährigen Rawlings, im Falle eines Wahlsieges von Mills als Parteiführer weiterhin großen Einfluß auf das politische Geschehen des Landes zu haben.

Rawlings selbst bekräftigte auf dem Parteitag seine Absicht, nach seinem Ausscheiden aus dem Präsidentenamt in Ghana zu bleiben, und Mills bekundete öffentlich, 24 Stunden am Tag auf den Rat von Rawlings zu hören. Ob Mills nach einem Wahlsieg tatsächlich weiter unter dem dominierenden Einfluß von Rawlings stehen wird, oder ob er seinen eigenen Weg gehen kann und seine jetzigen Äußerungen vor allem taktischer Natur sind, bleibt abzuwarten.

In diesem Zusammenhang wird der Nominierung des oder der Vizepräsidentschaftskandidat(in) eine hohe machtpolitische Bedeutung beigemessen. Daß diese Position auf diesem Parteitag noch nicht besetzt wurde, ist ein deutliches Zeichen für einen heftigen innerparteilichen Machtkampf.

Sollten die Auseinandersetzungen innerhalb der Partei über die Machtverteilung nach Rawlings anhalten, kann es nach der Abspaltung des Reform Movement im vergangenen Jahr zu einer weiteren Schwächung der Partei kommen, die angesichts der derzeitigen Wirtschaftskrise durchaus zu einem Machtverlust führen kann. Vieles spricht immer noch dafür, daß die First Lady, Nana Konadu Agyeman Rawlings, ihre politischen Ambitionen nicht aufgegeben hat. Gleiches gilt für Justizminister Obed Asamoah, der wie Rawlings aus der Volta-Region kommt, und für den früheren langjährigen Verteidigunsminister Mahama Idrissu, der als ein Hauptvertreter der Fraktion des Nordens Ghanas gilt.

Beide gehören zu den wenigen politischen Schwergewichten, die seit den ersten Rawlingsjahre noch immer dabei sind. In allen diesen drei Fällen wäre der politische Spielraum von Mills wohl eher begrenzt. Gegen alle drei spricht aber, daß sich ihre Popularität innerhalb wie außerhalb der Partei in Grenzen hält. Möglich erscheint auch die Kandidatur der Ministerin für Local Government, eine Vertraute der First Lady, die erst Anfang des Jahres ihren lange als unantastbar geltenden Vorgänger Kwamena Ahwoi ablöste. Sie hat allerdings das Handycap, wie Millsaus einer Akan sprechenden Region zu kommen. Bisher war es aber immer eine Stärke der NDC, ein ethnisch-regional recht ausgewogenes Personaltableau zu haben, und die nicht Akan sprechenden Völker könnten auf ein reines Akan-Ticket negativ reagieren. Ein wirklich überzeugender Running Mate zu Millsist derzeit nicht in Sicht.

Die Akan-Lastigkeit war und ist eines der Hauptprobleme der größten Oppositionspartei NPP (New Patriotic Party), die bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen 1996 fast 40% der Stimmen erreichte und ihre Hochburgen im Akan-Volk der Ashanti hat. Auch sie hat ihren Running Mate zum bereits 1998 nominierten Spitzenkandidaten J. A. Kuffour, ein Ashanti, noch nicht nominiert.

Um ihren nationalen Charakter zu betonen, wollen verschiedene Kräfte innerhalb der Partei einen Vizepräsidentschaftskandidaten aus dem Norden des Landes. Eine mögliche Kandidatin ist Hawa Yakubu, die von 1992-96 eine der wenigen unabhängigen Parlamentsabgeordneten war (Die NPP boykottierte die Parlamentswahlen '92). Zwei weitere mögliche Kandidatinnen sind die stellv. Fraktionsvorsitzende Gladys Asmah, Abgeordnete der Hafenstadt Takoradi, sowie die Abgeordnete der alten Kolonialhauptstadt Cape Coast, Christine Churcher. Die auffallend vielen weiblichen Aspiranten sind hierbei sicherlich auch eine Reaktion auf die starke (frauen)politische Rolle der derzeitigen First Lady.

Insgesamt fühlt sich die NPP im Aufwind, da die wirtschaftliche Krise Ghanas zu zunehmender Unzufriedenheit der Bevölkerung selbst in NDC-Hochburgen führt. Seit September 1999 hat die Landeswährung Cedi über 50% an Außenwert verloren, was u.a. auf die Tiefstände der Weltmarktpreise für die Hauptexportgüter Kakao und Gold und den gleichzeitigen Höhenflug des Ölpreises zurückzuführen ist und zu einem deutlichen Anziehen der Inflation und der Zinsen geführt hat.

Nach Meinung vieler Beobachter ist der Staat praktisch pleite, viele staatliche Verpflichtungen gegenüber der Privatwirtschaft sind zum Teil seit 1998 unbeglichen. Diese Entwicklung offenbart derzeit drastisch, daß es Rawlings seit seiner Machtübernahme Ende 1981 nicht gelungen ist, die einseitige Wirtschaftsstruktur Ghanas im notwendigen Maße zu wandeln. Echte Strukturanpassung hat trotz 16 Jahren Weltbank- und IWF-unterstützter Strukturanpassungsprogramme nicht stattgefunden. Was stattgefunden hat, ist eine geberfinanzierte Rehabilitierung der klassichen Exportsektoren Gold und Kakao sowie der Infrastruktur des Landes. Das ist allenfalls eine notwendige, aber unbezweifelbar keine hinreichende Bedingung für eine nachhaltig positive Wirtschaftsentwicklung.

Die NPP versucht sich nun als seriöse wirtschaftspolitische Alternative in Szene zu setzen und prangert die Mißwirtschaft und Korruption und vor allem die mangelnde Unterstützung der Regierung für die Privatwirtschaft an. Schlüssige Alternativkonzepte hat die Opposition allerding bislang nur skizzenhaft präsentieren können. Allerdings sind diese in einem Wahlkampf, der in den ländlichen Gebieten mit ihrem niedrigen Bildungsniveau gewonnen werden muß, nur begrenzt von Bedeutung. Hier kommt es mehr noch auf die überzeugenden Persönlichkeiten an. In dieser Hinsicht stehen wichtige Entscheidungen noch aus, und das Rennen ist offener den je.

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Burkhardt Hellemann

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