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Litauen vor dem EU-Referendum

von Dr. Andreas von Below
Nachdem die Bürger von Malta, Slowenien und Ungarn dem Beitritt ihrer Ländern zu Europäischen Union in Referenden mit Mehrheit zugestimmt haben, sind am 10. und 11. Mai diesen Jahres 2,7 Millionen wahlberechtigten Litauer aufgerufen, über den EU-Beitritt ihres Landes zu entscheiden.

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Nach den jüngsten Umfragen des Markt- und Meinungsforschungszentrum VILMORUS befürworten mehr als 65% - also eine eindeutige Mehrheit - den Beitritt zur Europäischen Union, etwas mehr als 13% sind dagegen, ein Fünftel der Befragten hat keine eindeutige Präferenz.

Die Mitte April erhobenen Werte bestätigen einen längerfristigen Trend, der seit Beginn des Jahres 2000 eine Mehrheit der EU- Beitrittsbefürworter und eine immer geringer werdende Zahl der ausgesprochenen Beitrittsgegner signalisiert.

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In der litauischen Diskussion um den Beitritt ist auffällig, dass die Gegner, die insbesondere bei der euroskeptischen Landbevölkerung und in kleinern Städten anzutreffen sind, in der Öffentlichkeit kaum Unterstützung finden. Eine ernstzunehmende anti- europäische Kampagne hat sich nicht bilden können.

Hingegen geht die Unterstützung der Befürworter des EU-Beitritts weit über die Regierung und die politischen Akteure hinaus. Nicht nur die private Wirtschaft, sondern auch Intellektuelle, Schriftsteller und die in Litauen wichtige katholische Kirche stellen sich auf die Seite der Beitrittsbefürworter. So verteilte z.B. die katholische Kirche 350. 000 Plakate an alle katholischen Gemeinden im Land. Unter dem Motto „Friede, Einheit, Gemeinwohl“ unterstützt der Primus der Katholischen Kirche Litauens, Kardinal Audrys Juozas Baèkis den Weg seines Landes nach Europa.

Die von der Regierung betriebene EU-Kampagne bemüht sich, sowohl über die Massenmedien als auch durch persönliche Kontakte, insbesondere mit der ländlichen Bevölkerung, für den Beitritt zu werben. Unter anderem wurde ein „Eurobus“ mit hochrangigen Politikern, Popstars und anderen bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens auf die Reise in die kleinern Orte des Landes geschickt, um Informationen vor Ort und im direkten Gespräch mit den Bürgern zu platzieren.

Die Informationskampagnen haben ihre Wirkung nicht verfehlt, denn die Umfragen bestätigen, dass sich mittlerweile fast 70% der wahlberechtigten Bürger –ausreichendüber den EU Beitrittinformiertfühlen, ein Wert der in Litauen zuvor noch nie erreicht wurde. Einige beklagen bereits, dass sie zuviel Informationen erhalten hätten.

Der Antrag Litauens auf Mitgliedschaft in der EU stammt aus dem Jahr 1995. Auf dem Helsinki- Gipfel im Dezember 1999 beschloss die EU, Litauen zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen einzuladen. Die Verhandlungen begannen offiziell im Januar 2000 und wurden im Dezember 2002 abgeschlossen.

Seit demBeginn der Beitrittsverhandlungen macht Litauen erhebliche Fortschritteauf wirtschaftlichem Gebiet aber auch bei der Einführung von Rechtsnormen und eines funktionierenden Justizwesens. Das Bruttosozialprodukt ist im vergangenen Jahr ummehr als 6% gewachsenund auch für das laufende Jahr wird ein stabiles Wachstum mit einergeringer Inflationsrateprognostiziert. Allerdings hat sich dieses Wirtschaftswachstum noch nicht durchschlagend im ganzen Land auf den Arbeitsmarkt positiv ausgewirkt. Während in der Hauptstadt Wilnius und in der Hafenstadt Klaipeda neue Jobs entstehen, das Wachstum erkennbar und spürbar wird, istdie Arbeitslosigkeit und die Armut in den kleineren Orten und im ländlichen Bereich noch immer sehr groß. Die Arbeitslosenquote liegt mit mehr als 12% weit über der von Lettland (um 8%) und Estland (um 6%).

Die Restrukturierungsprobleme der Landwirtschaft und die Hinterlassenschaften industrieller Großkombinate sowjetischen Typs haben Wunden hinterlassen, die bisher nicht geheilt werden konnten. Es bedarf noch enormer Anstrengen, um diese Kluft zwischen den verarmten ländlichen Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und niedrigen Löhnen einerseits und den prosperierenden Zentren andererseits zu überwinden.

Mit dem Beitritt zur EU wird vielfach die Hoffnung verknüpft, dass die Wirtschaft weiter robust wächst, die Infrastruktur des Landes auf einen modernen Standard gebracht wird und die Zahl der Arbeitslosen erheblich gesenkt werden kann. DieseHoffnungen sind sicherlich wesentliche Gründe für die hohe Quote der Beitrittsbefürworter.

Dennoch gibt es eine Unsicherheit über den Ausgangdes Referendums in Litauen. In einem Referendumsgesetz wurde nämlich festgelegt, dassmehr als die Hälfteder 2,7 Millionen wahlberechtigten Litauer an der Abstimmung teilnehmen müssen, damit sie Gültigkeit besitzt. Nach dem Umfragen ist aber die Bereitschaft, auchtatsächlichzu den Urnen zu gehen, nochnicht sehr starkausgeprägt.

In der Anfang April erhobenen Umfrage erklärtengerade einmal 55% der Wahlberechtigten, an dem Urnengang auch teilnehmen zu wollen. Das Referendum in Ungarn hat warnend vor Augen geführt, dass eine hohe Beteiligung an den Abstimmungen keineswegs gesichert ist.

Vor diesem Hintergrund ist es allerdings von Vorteil, dass die Bürger Litauens anzwei Tagen, am 10. und 11. Mai, die Möglichkeit haben, ihre Stimme abzugeben.

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