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Länderberichte

Manipulationen vor den Kommunalwahlen in Nicaragua: Vier Parteien werden nicht zugelassen

von Georg Schmid
Der 15. Juli war der Stichtag, an dem die Parteien, die am 5. November an den Kommunalwahlen teilnehmen wollen, Unterschriftenvon mindestens 3 % der wahlberechtigten Bürger nachweisen mußten. Zwei Parteien mußten diese 3 %-Klausel nicht erfüllen, da sie bereits bei den Wahlen von 1996 mehr als 3 % erreicht hatten: Die Frente Sandinista de Liberación Nacional (FSLN) und die Partido Camino Cristiano (PCC).

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Die übrigen Parteien, die eine Zulassung zu den Wahlen anstrebten, hatten rechtzeitig vor dem Stichtag ihre Unterschriftenlisten mit der Mindestanzahl von 73.000 Unterschriften vorbereitet und beim Obersten Wahlrat (Consejo Supremo Electoral = CSE) eingereicht:

Unterschriften :

Partido Liberal Constitucionalista (PLC) ca. 220.000,-

Partido Conservador (PCN) ca. 251.000,-

Partido Liberal Nacional (PLN) ca. 170.000,-

Movimiento de Salvación Liberal (MSL) ca. 151.000,-

Movimiento de Unidad Cristiana (MUC) ca. 135.000,-

Movimiento de Renovación Sandinista (MRS) ca. 116.000,-

Die Alianza Conservadora (ALCON) konnte sich auf ca. 100.000,- Unterschriften stützen, legte ihre Unterschriftenlisten beim Obersten Wahlrat nicht mehr vor, da sie die Überprüfung der Stimmen für ungesetzlich hielt.

Die Partido Movimiento de Unidad Costeña del Atlántico Norte (PAMUC) sowie die Partido Indígena Multiétnico del Atlántico Sur (PIN) haben einen Sonderstatus: es werden 3% der Wahlberechtigten der Regionalwahlen von 1998 zugrundegelegt (das entspricht ca. 4.000 Unterschriften). Die Zulassung einer weiteren ethnischen Partei der Atlantikküste (YATAMA) wird noch geprüft.

Ausgrenzung von 4 Parteien

Am 19. Juli gab der Oberste Wahlrat bekannt, welche Parteien zu den Wahlen zugelassen sind: neben der FSLN und der Camino Cristiano (PCC) die Regierungspartei PLC und die Partido Conservador. Bereits vorher war bekannt geworden, daß die PLC mit der Partido Camino Cristiano (PCC) eine Allianz eingehen wird.

Mit den 2 ethnischen Parteien der dünnbesiedelten Atlantikküste (PAMUC und PIN), die die Möglichkeit haben, voraussichtlich je einen Abgeordneten ins Parlament entsenden zu können, waren es damit 6 Parteien, die an den Kommunalwahlen am 5. November 2000 und an den nationalen Wahlen im November 2001 teilnehmen werden.

demgegenüber wurden 4 Oppositionsparteien zurückgewiesen:wurden nicht zugelassen:

Partido Liberal Nacional (PLN), Movimiento de Salvación Liberal (MSL), Movimiento de Unidad Cristiano (MUC) und Movimiento Renovador Sandinista (MRS).

Da alle vier Parteien vorher Fusionen mit anderen kleinen Oppositionsparteien eingegangen waren, sind von dem Ausschluß insgesamt etwa 12 Parteien betroffen.

Starke Proteste gegen die Ausgrenzung

Die Nichtzulassung stieß auf heftige Kritik. Alle Parteien hatten die Mindestanforderung von 73.000 Unterschriften ( = 3 % der wahlberechtigten Bürger der Wahlen von 1996) weit übertroffen. Dennoch erklärte das Oberste Wahlgericht mehr als 50 % der Unterschriften einfach für ungültig, so daß diese Parteien unter das Limit rutschten.

Die Nichtanerkennung wurde von den Medien als Betrug, "Gnadenschuß" (tiro de gracias) und als Hinrichtung bezeichnet. Wie bekannt wurde, sollte auch die Partido Conservador zurückgewiesen werden. Auf Grund der großen Anzahl der Unterschriften (251.000) sowie starker Proteste und Demonstrationen wurde in diesem Fall aber eine Manipulation verhindert. Der Schwager des Präsidenten Arnoldo Alemán, Eddy Gomez, der für die - vom Wahlausschulß ebenfalls betroffene - PLN zum Bürgermeisterkandidaten für Managua bestimmt worden war, befindet sich seit dem 21. Juli im Hungerstreik. Er möchte damit erzwingen, daß der Oberste Wahlrat die manipulierte Entscheidung wieder revidiert.

Gründung von neuen Parteien

Bereits Ende Juni hatte der Ex - General und frühere Chef des Heeres, Joaquín Cuadra, beim Obersten Wahlrat den Antrag zur Gründung einer neuen Partei mit dem Namen "Movimiento Unidad Nacional" (MUN) gestellt. Einen Monat später hat nun der ehemalige Generalsekretär der Regierungspartei PLC und mehrfache Minister, Antonio Alvarado, der seit vier Monaten einen Konflikt mit Präsident Alemán austrägt, die PLC verlassen und ebenfalls eine neue Partei gegründet: Partido Liberal Democrático (PLD). Teile der PLC-Jugend haben sich bereits hinter Alvarado gestellt.

Diese Parteigründungen können erst bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im November 2001 zum Zuge kommen, wenn sie die erforderlichen Bedingungen erfüllen: Vorlage der gesetzlichen 3 % der Wählerstimmen und Gründung von Ortsverbänden in den 150 Gemeinden Nicaraguas. Dieser Nachweis muß bis zum Oktober 2000 erbracht werden.

Es ist davon auszugehen, daß sich mit Blick auf die nationalen Wahlen neue Parteizusammenschlüsse ergeben werden. Parteien, die vom Obersten Wahlgericht zurückgewiesen werden, haben damit automatisch ihre juristische Persönlichkeit verloren. Sie müssten demnach neue Organisationen gründen, den gleichen Parteinamen könnten sie freilich frühestens wieder in vier Jahren verwenden.

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Kontakt

Dr. Werner Böhler

Dr

Leiter des Auslandsbüros in Costa Rica und Panama

werner.boehler@kas.de +506 2296 6676

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