Länderberichte
Der große Parteitag – als Arbeitsparteitag angekündigt - der schwedischen Nya Moderaterna fand vom 12. bis 15. Oktober 2017 in Örebro statt. Auf dem Programm stand die weitere Erarbeitung der Positionen für die Zukunft. Diese Neuerarbeitung hatte noch die frühere Parteivorsitzende eingebracht und diese Linie soll auch ganz bewusst fortgesetzt werden.
In seiner ersten Rede als Parteivorsitzender vor der Gesamtpartei beschwor der neue Parteivorsitzende Ulf Kristersson, die Geschlossenheit nicht nur innerhalb seiner Partei, sondern auch innerhalb der gesamten bürgerlichen Allianz für Schweden. Diese Zusammenarbeit wurde durch die Anwesenheit der Parteivorsitzenden aller Parteien der bürgerlichen Allianz in Schweden am ersten Abend des Parteitages dokumentiert. In seiner Rede wies er auf die Bedeutung des Parteitages hin, der auch eine Aufbruchstimmung erzeugen solle und eine gute Ausgangsposition für den anstehenden Wahlkampf im kommenden Jahr bringen sollte (Wahlen im September 2018) . Er wies auf die wichtigen Themen hin, die u. a. auch in den verschiedenen Arbeitsgruppen diskutiert wurden, bevor sie im Plenum zur Abstimmung kamen. Dabei betonte er, dass im kommenden Wahlkampf nicht die „klassischen“ Themen wie Arbeitsmarkt oder Wirtschaft im Mittelpunkt stehen würden, sondern u. a. Migration und Soziale Sicherung. Im Folgenden einige Positionen aus den Diskussionen auf dem Parteitag:
Migration
Innerhalb der Allianzparteien sind vor allem in der Asyl- und Migrationspolitik Unterschiede zwischen den liberalen und konservativen Flügeln auszumachen. Auch innerhalb der Moderaterna wurde um eine einheitliche Position gerungen. Es wurde lange und kontrovers über die verschärften Gesetze gegen das Betteln an öffentlichen Plätzen diskutiert. Bei Sozialleistungen forderte Kristersson Reformen in der Sozialhilfe, um den anhaltenden Bezug von Sozialleistungen zu erschweren. So sollen sich beispielsweise Migranten schrittweise für Sozialleistungen qualifizieren, statt diese unmittelbar zugesichert zu bekommen. Ein zentrales Thema für die kommenden Parlamentswahlen wird sein, Lösungen zu finden, wie diese Menschen in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Hier besteht in Schweden ein besonderes Problem durch die Stärke der Gewerkschaften, die es bisher fast unmöglich machten, Niedrigqualifizierte in Arbeit zu bringen.
Europa
Im kommenden Wahlkampf gilt es für die Moderaten auch, sich klar von den Schwedendemokraten abzugrenzen, die eigenen Werte und Positionen zu vertreten und klare Botschaften an die Wählerinnen und Wähler zu geben. Diese Positionierung soll auch und gerade mit Blick auf die Zukunft Europas, den gemeinsamen europäischen Werten und die Einheit der Union geschehen. Damit einher geht die Forderung, dass Europa in Zukunft mehr Führungsverantwortung im Bereich Sicherheit übernehmen muss.
Sicherheit
Die Moderaten bekennen sich zu mehr europäischer Kooperation in der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (CSDP) und betonen die zunehmende Bedeutung Europas für die zukünftige Sicherheit. Außerdem sei es wichtig, dass Schweden sich stark in der Permanent Structured Cooperation (PESCO) engagiere. Dies kann als wichtiges Zeichen auch für Deutschland und die anderen europäischen Partner gewertet werden. In diesem Zusammenhang muss aber auch Schweden seine eigene Sicherheits- und Verteidigungspolitik anpassen. Wo noch die „alten Moderaten“ zu Zeiten Fredrik Reinfelds die Senkung der Verteidigungsausgaben entschieden, haben sich die Moderaten bei diesem Parteitag darauf verständigt, die Verteidigungsausgaben grundsätzlich zu erhöhen, um somit innerhalb der nächsten zehn Jahre zwei Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben. Die Zeitung Dagens Nyheter beschreibt damit die einhergehende Entscheidung, dass die gesamte bürgerliche Allianz einen schnellen NATO-Beitritt Schwedens verfolgt wobei offen bleibt, wie der Weg dorthin aussehen soll. Über den wiedereingeführten Wehrdienst gab es besondere Diskussion. Zwischenzeitlich abgeschafft, wurde die Wehrpflicht auf Grund der sich veränderten Sicherheitslage wieder für notwendig erachtet und im Sommer dieses Jahres die erste Gruppe Jugendlicher gemustert. Diese Position wurde jedoch von der Moderaten Jugendföderation (MUF) nicht geteilt, die die Aufgabe der Partei auch darin sieht, die Freiheit des Individuums gegenüber dem Staat zu schützen. Der EU-Abgeordnete Gunnar Hökmark spiegelte jedoch die Meinung der großen Mehrheit mit seinen Worten wider: „Wenn jedermanns Freiheit bedroht ist, muss jeder eine Pflicht haben“. Unabhängig von dieser Entschlossenheit wurde aber auch festgestellt, dass die Umstellung und Steigerung der eigenen Leistungsfähigkeit (Defence Capability) Zeit brauchen wird.
Fazit
Es gibt nach wie vor noch viele Fragen innerhalb der Moderaten und der „Allianz für Schweden“ für die noch Antworten gefunden werden müssen, aber der Weg ist klar. Die auf diesem Parteitag festzustellende Aufbruchstimmung, wie auch die gezeigte Geschlossenheit, lassen für den Wahlkampf, wie auch für die Wahlen im kommenden Jahr, Hoffnung aufkommen. Dies war nach dem Absturz in den Umfragen nicht so schnell zu erwarten.
Interessant für die Beobachter war die Tatsache, dass der gesamte Parteitag von Donnerstag bis Sonntag im schwedischen öffentlich-rechtlichen Fernsehen übertragen wurde. So wurde die von Kristersson genannte bürgerliche Geschlossenheit, das klare Bekenntnis zu den eigenen Werten und zu Europa direkt in die schwedische Öffentlichkeit getragen. Die Moderate Sammlungspartei hat es verstanden, ihr Profil zu stärken und scheint damit in den Umfragewerten am stärksten zu profitieren. Als erstes Ergebnis der Neuaufstellung darf schon die neueste Umfrage aus dem Oktober gesehen werden, in der die Moderaten fast 2% gewinnen. Zurzeit liegt sie bei einer Zustimmungsrate von 18.6%. Damit sind sie wieder zweitstärkste Kraft und die Schwedendemokraten haben das erste Mal seit längerer Zeit Verluste hinzunehmen. Svenska Dagbladet kommt zu dem Schluss, dass in Bezug auf die aktuellen Sifo -Umfragen, die Moderaten auch bei den Wählern der Schwedendemokraten gut anzukommen scheinen und so die Zustimmung der Rechtspopulisten von 17.8% im September auf 15% im Oktober gesunken ist.