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Tschechien und die EU

von Frank Spengler, Petr Blazek
Am 4.-5. Oktober nahmen Premierminister Vladimír Špidla und Außenminister Cyril Svoboda an der Eröffnung der Regierungskonferenz der EU in Rom teil.

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Die tschechische Regierung, die schon im Vorfeld des römischen EU-Gipfels Anfang September in Prag ihre Einstellung zur EU-Verfassung mit weiteren kleinen und mittelgroßen Staaten der EU koordinierte, nimmt hinsichtlich der möglichen Veränderungen des vom EU-Konvent vorbereiteten Verfassungstextes eine eher moderatere Stellung ein. Im Gegensatz zur oppositionellen ODS, die den derzeit vorliegenden Verfassungsvorschlag überwiegend ablehnt, ist die Regierungskoalition mit der Ausrichtung der im Verfassungstext enthaltenen Reformen der EU-Institutionen grundsätzlich einverstanden. Sie wird jedoch keine Aufwertung der großen Staaten zum Nachteil der kleineren Staaten unterstützen. Staatspräsident Václav Klaus, der zunächst an der Eröffnung der Regierungskonferenz in Rom teilnehmen wollte, steht dem ganzen Verfassungsprojekt sehr skeptisch gegenüber.

Premierminister Špidla legte in Rom u.a. folgende Änderungsvorschläge des Verfassungstextes vor:

  • Das Abstimmungsverfahren mit qualifizierter Mehrheit im Ministerrat sollte sich auf mind. 60% der Mitgliedsstaaten stützen, die zugleich mind. 60% der EU-Bevölkerung repräsentieren.
  • Jedes EU-Mitglied sollte in der Kommission unbefristet auch weiterhin einen Vertreter mit vollem Stimmrecht beibehalten.
  • Das bestehende Rotationsprinzip im Ratsvorsitz sollte prinzipiell bestehen bleiben. Denkbar wäre jedoch, den Vorsitz von 3-4 Staaten auf 12-18 Monate auszuweiten.
  • Die Funktionen des zukünftigen EU-Präsidenten und EU-Außenministers sollten klar abgegrenzt werden und sich eher auf repräsentative Aufgaben beschränken.
  • Die im Vertrag von Nizza vorgesehene Sitzverteilung im Europäischen Parlament sollte nicht zum Nachteil Tschechiens verändert werden.
  • In der Präambel der EU-Verfassung sollte ein expliziter Hinweis auf die christlich-jüdischen Wurzeln der europäischen Gesellschaft aufgenommen werden.
  • Die GASP sollte auch weiterhin im engen Einvernehmen mit der NATO fortentwickelt werden, um die transatlantischen Beziehungen nicht zu gefährden. Eine engere Kooperation einiger Staaten im Verteidigungsbereich, wie dies im Vertrag von Nizza vorgesehenen ist, wird nicht befürwortet.
Laut einer Meinungsumfrage der Agentur STEM, unmittelbar nach dem EU-Gipfel, sprachen sich mehr als die Hälfte der Befragten (53%) für ein Referendum zur geplanten EU-Verfassung aus.

Den letzten regelmäßigen EU-Fortschrittsbericht will die Europäische Kommission am 5. November veröffentlichen. Trotz der zu erwartenden Kritik in ausgewählten Bereichen fällt er in diesem Jahr wohl eher positiv aus. Tschechien wird im Vergleich zu seinen Nachbarn relativ gut bewertet.

Die Kommission kritisiert dabei drei Punkte (Polen neun): Erstens wird unserem Gastland eine unzureichende Durchsetzung des Gesetzes über die Vergabe öffentlicher Aufträge vorgeworfen, zweitens wird auf einen Mangel an rechtlichen Grundlagen zur gegenseitigen Anerkennung von Bildungsabschlüssen hingewiesen und drittens wird das Land zu einer strengeren Einhaltung von hygienischen Auflagen im Bereich der Nahrungsmittelindustrie sowie hinsichtlich der technischen Vorschriften für das Verkehrswesen aufgefordert.

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Matthias Barner

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Leiter des Auslandsbüros Vereinigtes Königreich und Irland

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7. November 2003
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