Länderberichte
Das "neue" Budget enthält alle Steuererleichterungen des "Oktober-Haushalts": Unter anderem ist ein 10%iger Lohnanstieg und die Zahlung eines Bonus für die 800.000 Staatsbediensteten und ein ebenfalls 10%iger Anstieg der Pensionen für 400.000 Rentner vorgesehen. Ferner soll für alle Malaysier die Einkommensteuer um ein Prozentpunkt gesenkt werden. Zusätzlich werden Jahresgehälter bis zu RM 8.000 (bisher RM 5.000) von der Einkommensteuer befreit. Dies bedeutet, daß 213.000 Arbeitnehmer (15% aller Steuerzahler) im kommenden Jahr keine Einkommensteuer mehr zahlen müssen.
Rentner und alte Menschen sollen, durch die Ausgabe von sog. Malaysian Saving Bonds, ebenfalls finanzielle Zuwendungen erhalten. Darüber hinaus sieht der neue Haushalt durch die Abschaffung bzw. Reduzierung von Importzöllen Preisnachlässe im Lebensmittelbereich vor.
Die Steuereinbußen werden Malaysia geschätzte 2,4 Milliarden Ringgit kosten. Der Finanzminister erließ keine neuen Steuern. Der Haushaltsplan sieht außerdem eine finanzielle Hilfe für den brachliegenden Bau- und Infrastruktursektor in Höhe von 5 Milliarden Ringgit (1,3 Milliarden US$) vor.
Premierminister Mahathir hob in diesem Zusammenhang hervor, daß die Fixierung des Ringgit-Wechselkurses (seit September 1998 RM 3,80 je US$) beibehalten werde. "We don't see any reason unless we become very uncompetitive compared to our neighbours, then only we have to consider. But only if there is heavy pressure", so der Premierminister.
Andere Kapitalkontrollen waren am 01. September 1999 teilweise aufgehoben worden. So können seit dem letzten Jahr ausländische Investoren ihre Investmentfonds wieder ungehindert ausführen, ohne Kapitalgewinnsteuer ("exit-tax") zahlen zu müssen.
Die malaysische Regierung verkündete im Zuge der Haushaltsvorstellung, daß die Wirtschaft (Bruttoinlandsprodukt) im letzten Jahr um 5,4% gestiegen sei (im Oktober vergangenen Jahres ging man noch von einem Wachtstum von lediglich 4,3% aus) und sagte für das laufende Jahr ein 5,8%iges Wachstum voraus.
Außerdem gab es aufgrund des boomenden Exports einen Rekord-Handelsüberschuß. Er beziffert sich für 1999 auf 72,3 Milliarden Ringgit (19,02 Milliarden US$). "Dies bedeutet, daß die Wirtschaft sich erholt hat und die Finanzkrise vorüber ist", ließ der Finanzminister verlauten.
Der Führer der Oppositionsparteien im Parlament, Datuk Fadzil Nor, kritisierte Tun Daims Äußerungen sehr scharf. Es sei zu einfach und zu früh, bereits jetzt vom Ende der Wirtschaftskrise in Malaysia zu sprechen. Zuviele Probleme wären noch nicht gelöst worden, die Ursachen der Krise seien noch immer nicht genau analysiert und "We should not be too proud of the fact that the economy has managed to recover through measures we implemented ourselves like the capital controls. If the investors have taken flight before with their funds, they can do it again anytime they deem there is a reason to do so".
Die Äußerungen Fadzil Nors sind nicht unbegründet. Viele Experten bezweifeln, daß die wirtschaftliche Erholung wirklich auf einem soliden Fundament gebaut ist. Das sog. "Ende der Wirtschaftskrise" und der damit verbundene Aufschwung könnte sich als neue "bubble" erweisen, die nur allzuleicht wieder platzen kann. Die Geldmenge M 1, primär der Bargeldumlauf, war allein im Oktober1999 um 21,3% und im November 1999 um über 25% gesteigert worden. Der politische Hintergrund ist klar. Am 29. November 1999 wurden die 10. Allgemeinen Wahlen abgehalten. Mahathir brauchte eine expandierende Wirtschaft als Wahlkampfhilfe.
Der Prozeß gegen Anwar Ibrahim
Die Anwälte des inhaftierten ehemaligen stellvertretenden Premierministers Anwar Ibrahim fordern seit einigen Wochen, daß Premierminister Mahathir vor Gericht aussagt. Anwar wurde im September 1998 gestürzt und zu einer sechsjährigen Haftstrafe aufgrund von Korruptionsvorwürfen verurteilt. Seit dem 07. Juni 1999 steht er erneut vor Gericht. Es geht um Homosexualitätsvorwürfe gegen ihn und seinen Adoptivbruder. Falls Anwar der Homosexualität überführt werden würde, drohen ihm weitere 20 Jahre Haft. In diesem immer wieder unterbrochenen Verfahren hatte Anwar im Februar ausgesagt, aufgrund einer hochkarätigen politischen Verschwörung wäre er überhaupt erst in die Mühlen der Justiz geraten. Dies wäre geschehen, nachdem er damit gedroht habe, Korruptionvorfälle aufzudecken.
Premierminister Mahathir reagierte auf diese direkt an ihn gerichteten Vorwürfe und seine von der Verteidigung gewollte Vorladung relativ gelassen. Er sehe keine Notwendigkeit einer Aussage vor Gericht seinerseits, und er hob hervor, "I don't know much about this thing. I think all the evidence has already been given." Ob Mahathir wirklich eine Aussage machen wird, hat das Gericht bis jetzt noch nicht entschieden.
Momentan verläuft der Prozeß nicht zuletzt aufgrund der häufigen Interventionen durch Anwars Anwälte eher schleppend. So wurde in der letzten Woche die Glaubwürdigkeit des Hauptzeugen der Anklage in Zweifel gezogen; jetzt stellt die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen einen der drei Richter. Wann es zur Urteilsverkündung in diesem Verfahren kommt, ist weiterhin völlig ungewiß.