Veranstaltungsberichte
Die USA unter Führung von Barack Obama stehen Rudolf zufolge vor einem Set von Herausforderungen. 3000 Ämter sind nach der Wahl neu zu besetzen. So ein Vorgang braucht seine Zeit. Ziel der neuen Regierung ist ein Wandel in der Außen- und Sicherheitspolitik. Ein Plan scheint vorhanden, ist jedoch noch nicht eindeutig zu identifizieren. Barack Obama macht „seine eigene Geschichte ... aus unmittelbar gegebenen Umständen“. Die vorgefundenen Bedingungen sind schlecht. Gerade in dieser Tatsache sieht Rudolf die Chance auf eine neue Ära begründet. Ein operativer Wandel zeichnet sich ab. Der Referent betonte, dass bisher jeder neu gewählte Präsident versuchte, sich in den ersten zwei Jahren von der Politik des Vorgängers abzusetzen. Dies wird jedoch meist nach drei bis vier Jahren wieder ad acta gelegt Eine Legitimationskrise des amerikanischen Führungsanspruchs und außenpolitische Missstände zwingen laut Rudolf jedoch diesmal zu einem Wandel.
„Rekonstruktion der Führungsrolle“
Der Führungsanspruch der USA muss neu legitimiert werden. Im Zuge dessen soll es zur Wiederherstellung einer gemeinsamen Wertebasis mit verbündeten Staaten kommen. Ein weiterer Punkt ist die „Rückbesinnung auf multilaterale Beziehungen“ mit dem Ziel der „Einbettung aufstrebender Mächte“ und der Kostenminimierung. Auch den Wert kollektiver Güter will die neue Regierung nutzen. So setzt sie sich verstärkt für den Klimaschutz ein. Auch eine atomwaffenfreie Welt – als langfristige Vision - wird gefordert. Dies alles geschieht vor dem Hintergrund der Legitimierung des amerikanischen Führungsanspruchs.
Im Nahen Osten läuft laut Rudolf die Suche nach Wegen aus der Sackgasse auf Hochtouren. Eine grundsätzliche Politik sei jedoch nicht zu erkennen. Die beste Möglichkeit, im Nahen Osten etwas zu bewirken, wäre „ein Friedensschluss zwischen Syrien und Israel“. Der Abzug amerikanischer Truppen aus dem Irak bis 2011 sei „ein sehr optimistisches Szenario“. Die Wahlen werden erste Hinweise bezüglich einer möglichen Stabilität im Land geben. Im Iran greift ein neuer Kurs der amerikanischen Regierung. Ein Zwei-Wege-Plan soll einerseits den Iran eindämmen, ihn jedoch andererseits nicht unter Druck setzen, denn „der Iran wird die Urananreicherung nicht aussetzen“. In Folge dessen sind die USA bereit gemeinsam mit Europa Gespräche mit dem Iran zu führen. Von einem Regimesturz im Iran, so Rudolf, nimmt die amerikanische Administration Abstand.
Der Afghanistan-Pakistan Konflikt („AFPAK“) ist eng verwoben. „Eine Befriedung Afghanistans ist nur über Pakistan möglich“, konstatierte Rudolf. Ziel der amerikanischen Politik ist es, einen Rückzugsort für Taliban in Afghanistan oder Pakistan zu verhindern. Jedoch unterliegt man dort der Illusion, die Aufständler „wie Teile bei einer Zwiebel abpellen zu können“ und so den Kern der Aufständler zu erreichen. Zu den wichtigsten Themen der amerikanischen Außenpolitik zählt Rudolf die Stabilität Pakistans sowie die Frage, wie man eine Atomwaffenwanderung in die Hände der Taliban verhindern kann.
„Erstaunlich viel Wandel in einer so kurzen Amtszeit“
Als Fazit stellte Rudolf „erstaunlich viel Wandel in einer so kurzen Amtszeit“ fest. Die transatlantischen Konflikte wurden abgebaut. Daraus entstehen neue Gestaltungsmöglichkeiten für Europa, insbesondere für Deutschland. Hierzulande ist man, so Rudolfs Vorwurf, dem Wandel jedoch noch nicht gerecht geworden. Eine Besinnung auf die Möglichkeiten, die sich aufgrund der neuen Situation bieten, bleibt aus. Rudolf kommt zu dem Schluss, dass sich Deutschland der Herausforderung (noch) nicht zufriedenstellend gestellt hat.