Aktuelle Lage in Spanien
Auch die dritte Infektionswelle mit dem Covid-19-Virus trifft Spanien schwer. Seit Beginn der Pandemie infizierten sich bisher über 2,5 Mio. Menschen. Davon verstarben laut Regierung über 55.500 Erkrankte, bei denen das Virus nachgewiesen werden konnte. Das entspricht der zehnhöchsten Todeszahl weltweit. Laut dem Nationalen Statistikinstitut betrug die Abweichung vom üblichen Jahresdurchschnitt der Sterbefälle jedoch sogar 77.688 Fälle. Die Zahl von 118,5 Todesfällen pro 100.000 Einwohner ist mittlerweile niedriger als in einigen anderen EU-Staaten wie Belgien (182), Slowenien (163), Italien (142) und Ungarn (123). Ab Ende Januar 2021 wuchsen die Covid-19-Fälle in Spanien jedoch wieder stärker als in den meisten anderen europäischen Ländern (in der vorletzten Januarwoche stiegen diese auf 7.360 Fälle pro 100.000 Einwohner in 14 Tagen).
Der Beginn der Impfkampagne ist von logistischen Problemen in einigen Autonomen Gemeinschaften begleitet, sodass es fraglich ist, ob das Versprechen der Regierung, bis zum Sommer 2021 70% der Bevölkerung immunisiert zu haben, eingehalten werden kann. Diese Schätzungen beruhen auf einer Versorgung mit Impfstoffen von sieben Anbietern, was mittlerweile als unrealistisch erscheint. Spanien entwickelt auch drei eigene Impfstoffe, zwei davon im Nationalen Biotechnologiezenrum (CNB) und einen weiteren im Biologischen Forschungszentrum CIB. Es wird jedoch gegenwärtig nicht damit gerechnet, dass diese vor Ende 2021 klinisch zugelassen sein werden.
Die nationale Impfstrategie sieht in einer ersten Stufe vor, zuerst alle Über-80-Jährige zu impfen, die in Seniorenheimen wohnen. Darauf folgen das zugehörige Pflegepersonal, das medizinische Personal, das sich im Einsatz gegen die Corona-Pandemie befindet, sowie alle weiteren Pflegebedürftigen der Pflegestufe III. Daran anschließend werden alle Über-80-Jährige geimpft, die nicht in Pflegeheimen wohnen. In einer zweiten Stufe werden dann zuerst alle Über-64-Jährigen sowie gesundheitlich belastete Risikopatienten immunisiert. Danach kommen verschiedene weniger gefährdete Bevölkerungsgruppen stufenweise an die Reihe.
Im Oktober 2020 hat die Regierung mit Zustimmung einer Mehrheit des Abgeordnetenhauses einen Alarmzustand im Lande ausgerufen, der bis zum 9. Mai 2021 gilt und keiner weiteren (effektiven) parlamentarischen Kontrolle unterliegt. Damit wurde eine Rechtsbasis geschaffen, die es den Autonomen Gemeinschaften erlaubt, Ausgangssperren und weitere Einschränkungen zu erlassen. Die ausgesprochen lange Periode des Ausnahmezustands ohne parlamentarische Kontrolle wird unter Juristen, Politikern und der Presse jedoch kontrovers diskutiert. Über anhängige Verfassungsbeschwerden gegen den ersten Hausarrest von März bis Juni 2020 und die neuerlichen Ausgangsbeschränkungen hat das Verfassungsgericht bisher noch nicht entschieden.
Gesundheitsminister Illa ist am 26. Januar 2021 zurückgetreten, weil er Spitzenkandidat der Sozialistischen Partei Kataloniens (PSC) bei den Regionalwahlen in Katalonien ist, die voraussichtlich am 14. Februar stattfinden werden. Trotz des umstrittenen Managements der Covid-19-Pandemie durch Minister Illa erwartet das regierungstreue Umfrageinstitut CIS einen Wahlsieg der PSC. Andere Umfragen lassen dagegen einen erneuten Wahlsieg der Koalition der separatistischen Parteien Esquerra Republicana (ERC) und Junts per Catalunya (JxCat) erwarten. ERC und JxCat diskutierten zwischenzeitlich, sich als Covid-Präventionsmaßnahme für eine ausgeweitete Ausgangsbeschränkung für alle Katalanen einzusetzen, um damit die Wahlen am 14. Februar noch abzuwenden. Die katalanische Regionalregierung hatte bereits eine Verordnung erlassen, um die Wahlen auf den 30. Mai zu verschieben. Diese wurde jedoch vom Obersten Gerichtshof Kataloniens kassiert, weshalb die Wahlen wie geplant stattfinden sollen.
Die Lage im Schulwesen in Spanien ist unübersichtlich. Die Kompetenzen im Bildungssystem liegen bei den Autonomen Gemeinschaften. Diese legten größtenteils Wert darauf, trotz der Aussicht auf eine dritte Infektionswelle die Schulen sofort nach den Weihnachtsfeiertagen wieder zu öffnen. Es existieren teilweise Rotationsmodelle, bei denen einige Schüler physisch anwesend sind, während ein anderer Teil online zugeschaltet ist. Einen verbindlichen Leitfaden zur Durchführung von online-basiertem Unterricht gibt es nicht, so dass die Unterrichtsqualität von Lehrer zu Lehrer variiert. Verbindliche vergleichbare spanienweite Zahlen zur Covid-19-Infektion an Schulen liegen gegenwärtig nicht vor. Aus allen Regionen werden vereinzelte Schulschließungen aufgrund von hohen Covid-19-Zahlen unter den Schülern gemeldet.
Die niedrigen Temperaturen im Januar und der Schneesturm Filomena erschwerten die Einhaltung von Präventionsmaßnahmen: HEPA-Luftfilter sollen bspw. in der Autonomen Gemeinschaft Valencia im großen Stil nicht rechtzeitig eingebaut worden sein. Auch Fitnessstudios, Restaurants, Bars und Einkaufszentren sind tagsüber weitgehend geöffnet. Die meisten Autonomen Gemeinschaften haben eine begrenzte Ausgangssperre verhängt, die es verbietet, die eigene Region zu verlassen und in benachbarte Regionen zu reisen.
Die spanische Wirtschaft ist von der Pandemie sehr stark betroffen. Nach vorläufigen Zahlen betrug die Einbuße des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im vergangenen Jahr ca. 11 %. Erste Vorhersagen erwarteten für 2021 eine Erholung von +5% bis +5,5%, doch ist es angesichts der anhaltenden Pandemie und Einschränkung der Wirtschaftstätigkeit fraglich, ob diese Wachstumsmargen erreicht werden. Der Tourismus beispielsweise, der ca. 13% zum BIP beiträgt, erlebte im vergangenen Jahr eine Einbuße von -78,0% des Vorjahresumsatzes. Aufgrund der Reisebeschränkungen in Europa ist eine Erholung in diesem nicht nur für die Volkswirtschaft insgesamt, sondern vor allem auch für den Arbeitsmarkt wichtigen Sektor nicht in Sicht. Nach Berechnungen der EU-Kommission betrug die Arbeitslosigkeit in Spanien 2020 knapp 17% und es wird erwartet, dass sie 2021 und 2022 sogar noch leicht zunehmen wird. Spanien hätte damit die höchste Arbeitslosenquote in Europa. Oxfam Intermon rechnet damit, dass der schwere Wirtschaftseinbruch zu bis zu 800.000 neuen Armutsfällen in Spanien führen könne, die von weniger als 16 Euro pro Tag leben müssten. Bei der Jugendarbeitslosigkeit weist Spanien mit 39,2% schon 2020 die schlechtesten Zahlen des gesamten OECD-Raumes auf. Neben Griechenland wird demnach nur in Spanien die Gesamtarbeitslosigkeit in den kommenden beiden Jahren vermutlich über das Doppelte des EU-Durchschnitts betragen (EU-2021: 8,6%; EU-2022: 8,0%). Die Regierung hat bisher keinen schlüssigen Plan vorgelegt, wie sie die Unternehmenslandschaft und den Arbeitsmarkt wirkungsvoll stärken will.
Aktuelle Lage in Portugal
Auch in Portugal verschlechtern sich die Aussichten zum Jahresbeginn 2021, so dass die sozialistische Regierung António Costas ab dem 20. Januar eine landesweite Ausgangssperre entschied, ähnlich derer wie sie bereits im April 2020 beschlossen worden war. Allerdings gilt diese vorerst nur bis Ende Januar 2021 und ist weniger restriktiv, als dies von März bis Juni 2020 in Spanien der Fall war. Portugal hat 10,28 Millionen Einwohner, so dass die bisher am Covid-19 verstorbenen 10.721 Personen einer hohen Sterblichkeitsrate von 104,25 entsprechen. Bis Ende Januar 2021 infizierten sich über 650.000 Personen mit dem Virus, was einer Quote von über 6300 pro 100.000 Einwohnern in 14 Tagen seit Ausbruch der Pandemie entspricht. Im letzten Januar-Wochenende schnellte diese Infektionsrate auf bis zu 14.000 Fällen pro Tag hoch. Aufgrund der Überlastung der eigenen Krankenhäuser, in denen zurzeit knapp 6.500 Covid-19-Patienten behandelt werden – davon knapp 800 auf Intensivstationen - erwägt die portugiesische Regierung, internationale Hilfe zu erbitten.
Im Rahmen der Ausgangssperre dürfen nur Basiskonsumgüter verkauft werden, der restliche Handel bleibt geschlossen. Auch alle Bildungseinrichtungen bleiben seit dem 22. Januar geschlossen. Der Weg zur Arbeit darf weiterhin beschritten werden. Die eigene Gemeinde darf an den Wochenenden prinzipiell nicht verlassen werden, öffentliche Plätze und (Freizeit-)Einrichtungen dürfen nicht benutzt werden, wobei Individualsport jedoch erlaubt ist. Auch der Gang zur Wahl des Staatspräsidenten am 24. Januar war von der Ausgangssperre ausgenommen worden.
Gegenüber der Ausgangssperre vom Frühjahr 2020, wo eine Einschränkung der Mobilität von bis zu 70% erreicht worden sein soll, liegt der Wirkungsgrad gegenwärtig bei rund 30%. Wie in anderen EU-Staaten auch pendelt die öffentliche Meinung zwischen einer gewissen Unzufriedenheit mit den Präventionsmaßnahmen und Rufen nach strikteren Einschränkungen.
Die wirtschaftlichen Einbußen, die das Coronavirus im Jahr 2020 verursachte, sind in Portugal ebenfalls enorm. Die EZB rechnet für 2020 für Portugal mit einem negativen Wirtschaftswachstum von -9,3% und einer Erholung im Jahr 2021 von +5,4% und für 2022 mit +3,5% - sofern die Pandemie nicht anhält. Bei der Arbeitslosenquote liegt Portugal für 2020 mit 8,0% nur um 0,3% über dem EU-Durchschnitt, während es 2021 mit 7,7% voraussichtlich sogar um 0,3% unter dem EU-Durchschnitt liegen wird.
Bereitgestellt von
Auslandsbüro Spanien und Portugal
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