Herkunft und Ausbildung
Adolf Gustav Cillien wurde am 23. April 1893 in Volksberg im Elsass geboren. Sein Vater war dort als deutscher Beamter tätig. Von 1903 bis 1912 besuchte Cillien das Gymnasium in Diedenhofen, das er mit dem Abitur verlies. Anschließend nahm er in Straßburg das Studium der evangelischen Theologie auf. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges meldete der patriotisch gesinnte Cillien sich freiwillig zu den Waffen. Er kam in eine Kavallerieeinheit, wo er zum Offizier befördert wurde. Wegen einer Erkrankung konnte er während des Krieges sein Theologiestudium in Göttingen fortsetzen und legte 1918 das Examen in Hannover ab. Durch die Niederlage des Deutschen Reiches und die Rückgabe von Elsass-Lothringen an Frankreich kehrte Cillien nicht in seine Heimat zurück, sondern trat in den Dienst der hannoverschen Landeskirche.
Pastor der Landeskirche Hannover
Zunächst wirkte er einige Jahre als Pastor in Papenburg im Emsland und im Harz. 1921 heiratete er seine Frau Alix, die nach 1945 ebenfalls in die CDU eintrat und über viele Jahre Mitglied im Rat der Stadt Hannover war. Ab 1926 war Cillien dann an der Lutherkirche in Hannover tätig. Während der Weltwirtschaftskrise erlebte er dort das Elend der Arbeitslosen, denen er versuchte, moralischen Beistand zu geben. Eine politische Betätigung lehnte er zu dieser Zeit noch ab. 1933 wurde er zum Superintendenten im Kirchenkreis Burgdorf bei Hannover ernannt. Hier erlebte er die auf die Machtergreifung der Nationalsozialisten folgenden Auseinandersetzungen in der evangelischen Kirche und schloss sich der Bekennenden Kirche an. Um das neugegründete Amt für Gemeindedienst der Landeskirche zu übernehmen, wurde er 1937 nach Hannover zurückversetzt. Gleichzeitig wurde er von Bischof August Marahrens außer der Reihe zum Oberkirchenrat ernannt, um bei den Auseinandersetzungen des Landeskirchenamtes mit dem NS-Regime über mehr Ansehen zu verfügen. Als Leiter des Amtes für Gemeindedienst war Cillien bis 1953 für die Öffentlichkeitsarbeit der Landeskirche verantwortlich und Herausgeber einer großen Kirchenzeitung.
Gründer der CDU
Nach der deutschen Niederlage 1945 ermunterte Bischof Marahrens ihn, sich in der neugegründeten CDU zu engagieren. Zusammen mit Arnold Fratzscher nahm Cillien daraufhin Kontakt zu dem Gründerkreis um Bernhard Pfad in Hannover auf. Am 1. Oktober 1945 beantragten sie bei der britischen Militärregierung die Zulassung der CDU in Hannover. Auf der Gründungsversammlung des Landesverbandes Hannover am 18. November 1945 hielt Cillien das richtungsweisende Referat: „Warum wir evangelische Christen uns für die Christlich-Demokratische Union entscheiden“, das in gedruckter Form weite Verbreitung fand. In der Folge bemühte er sich, besonders die Protestanten in Niedersachsen für die neue Partei zu gewinnen.
Landtagsabgeordneter
Im August 1946 wurde Cillien von der Militärregierung in den Hannoverschen Landtag berufen und sogleich zum Vorsitzenden der CDU-Fraktion gewählt. Auch im Ernannten Niedersächsischen Landtag 1946/47 hatte er dieses Amt inne. Bei der 1. Landtagswahl in Niedersachsen am 20. April 1947 zog er erneut in den Landtag ein und übernahm wieder den Fraktionsvorsitz. Außerdem wurde er zum Vorsitzenden des Kulturausschusses gewählt. Neben dem Landtag engagierte sich Cillien auch in der CDU der britischen Zone, wo er ab 1946 dem Kulturausschuss des Zonenausschusses angehörte. Mit dem CDU-Vorsitzenden in der britischen Zone, Konrad Adenauer, verband ihn schon bald ein freundschaftliches Verhältnis. Bei seinen Besuchen in Hannover war Adenauer stets beim Ehepaar Cillien zu Gast. Für Adenauer, dessen Politik Cillien aus Überzeugung unterstützte, war dieser stets sein Ansprechpartner in allen niedersächsischen Angelegenheiten. Obwohl Cillien der Repräsentant der CDU in Niedersachsen war, lehnte er die ihm angetragene Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 1955 klar ab. Stattdessen unterstützte er die Kandidatur des DP-Vorsitzenden Heinrich Hellwege.
Vorsitzender der CDU in Niedersachsen
Als sich im Oktober 1950 die drei Landesverbände Braunschweig, Hannover und Oldenburg zum Dachverband „CDU in Niedersachsen“ zusammenschlossen, wurde Adolf Cillien zum Präsidierenden Vorsitzenden gewählt. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod 1960 inne. Seit Gründung der CDU-Bundespartei 1950 gehörte er außerdem dem Bundesvorstand der Partei an. In Niedersachsen bemühte sich Cillien vor allem darum, die ländlich-konservative Deutsche Partei (DP) in der CDU aufgehen zu lassen. Seiner Ansicht nach bestand in Niedersachsen nämlich keine Basis für zwei bürgerliche Parteien.
Bundestagsabgeordneter
Aufgrund des schlechten Ergebnisses für die Niederdeutsche Union, einem Wahlbündnis von CDU und DP, bei der Landtagwahl 1951, schied Cillien aus dem Niedersächsischen Landtag aus. 1953 gelang ihm jedoch der Sprung in den Deutschen Bundestag. In der CDU/CSU-Fraktion wurde der prominente Protestant sogleich zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Insbesondere unter dem Fraktionsvorsitzenden Heinrich Krone übernahm Cillien immer mehr die Rolle eines Beraters und Vermittlers im Hintergrund. Beide verband auch ein enges persönliches Verhältnis. In den Sitzungen der CDU/CSU-Fraktion und erst recht im Plenum trat er aber nur selten hervor. Aufgrund seiner Tätigkeit in Bonn konnte sich Cillien in Niedersachsen zunehmend nur noch um das Wesentliche kümmern und überließ die Alltagsarbeit meist Generalsekretär Fratzscher. Im Bundestag war er in der 2. Wahlperiode Mitglied im Kulturausschuss und in der 3. Wahlperiode des Auswärtigen Ausschusses.
Früher Tod
1960 erkrankte Cillien an einer Lungenentzündung und musste in Hannover ins Krankenhaus. Obwohl es ihm besser zu gehen schien, starb er unerwartet am 29. April 1960. Bundeskanzler Adenauer erfuhr während des 9. Bundesparteitages in Karlsruhe davon und würdigte seinen Freund in der Schlussansprache als „Mann von großer Lauterkeit, tiefer Prinzipientreue und von innerer Verbundenheit mit unserer Partei.“ Die Kondolenzpost zeigt, dass Adolf Cillien über alle Parteigrenzen hinweg geachtet und respektiert wurde. Insbesondere seine Aufrichtigkeit, Bescheidenheit und Verschwiegenheit wurden hervorgehoben. Den Verlust des klugen Ratgebers, der wenig von einem Parteipolitiker hatte und ein Stück weit immer Pastor geblieben war, haben zahlreiche Parteifreunde aufrichtig bedauert. So notierte Heinrich Krone in seinem Tagebuch beim Tod von Cillien: „Einer, der einte und nicht trennte.“
Lebenslauf
- 23. April 1893 geboren in Volksberg (Elsaß), evangelisch
- 1903-1912 Gymnasium in Diedenhofen
- 1912 Abitur
- 1912-1914 Studium der Theologie in Straßburg
- 1914-1918 Kriegsfreiwilliger, Offizier
- Pastor in Papenburg
- 1926-1933 Pastor in Hannover
- 1933-1937 Superintendent in Burgdorf, Mitglied der Bekennenden Kirche
- 1937 Oberkirchenrat
- 1937-1953 Leiter des Amtes für Gemeindedienst
- 1945 Gründer der CDU
- 1946-1951 MdL Hannover
- 1946 im 1. Ernannten Hannoverschen Landtag 1946 Fraktionsvorsitzender der CDU, Vorsitzender des Kulturausschusses
- 1946/47 im Ernannten Niedersächsischen Landtag Fraktionsvorsitzender und Vorsitzender des Kulturausschusses
- 1947-1951 im Niedersächsischen Landtag Fraktionsvorsitzender der CDU und Vorsitzender des Kulturausschusses
- Ab 1947 Mitglied im Zonenausschuss der CDU in der britischen Zone
- 1950 Vorsitzender des LV Hannover
- 1950-1960 Präsidierender Vorsitzender der CDU in Niedersachsen
- 1955 lehnte er die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl ab
- 1953-1960 MdB, stellvertr. Fraktionsvorsitzender
- 1958 Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes
- 29. April 1960 gestorben in Hannover an den Folgen einer Lungenentzündung
Literatur
- Arnold Fratzscher: Adolf Ciliien, in: Christliche Demokraten der ersten Stunde, Bonn 1966, S. 85-103.
- Ders.: CDU in Niedersachsen. Demokratie der ersten Stunde, Uelzen 1971.
- Helmut Beyer/Klaus Müller: Der Niedersächsische Landtag in den fünfziger Jahren. Voraussetzungen, Ablauf, Ergebnisse und Folgen der Landtagswahl 1955, Düsseldorf 1988.
- Henning Krüger: 60 Jahre CDU-Fraktion im Niedersächsischen Landtag, Oldenburg 2007.
- Nachlass im ACDP 01-521.