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Porträtfoto von Helmut Lemke. (Quelle: KAS/ACDP-Slomifoto) Porträtfoto von Helmut Lemke. (Quelle: KAS/ACDP-Slomifoto) © KAS/ACDP-Slomifoto

Helmut Lemke

Jurist, Bürgermeister, Ministerpräsident Dr. jur. 29. September 1907 Kiel 15. April 1990
von Andreas Grau
Ein moderner Konservativer: Als Minister, Ministerpräsident und Landtagspräsident hat Helmut Lemke über 30 Jahre lang die Politik in Schleswig-Holstein maßgeblich geprägt. Obwohl ihm auch die Bundespolitik nicht fremd war, blieb er mit Leib und Seele Landespolitiker.

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Herkunft und Ausbildung

In Kiel, seiner späteren Wirkungsstätte, wurde Helmut Lemke am 29. September 1907 geboren. Sein Vater war der spätere Konteradmiral Franz Lemke. Die Liebe zur Seefahrt wurde Lemke, der zeitlebens ein begeisterter Segler war, somit in die Wiege gelegt. 1925 legte er sein Abitur in Kiel ab und begann dort ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften. Nach einem Ausflug nach Tübingen kehrte er wieder nach Kiel zurück und bestand hier 1928 das erste juristische Staatsexamen. Es folgte die Promotion in Heidelberg mit einer Arbeit über „Das preußisch-deutsche Problem in der Reichsreform“. Mit dem zweiten juristischen Staatsexamen 1932 schloss Lemke seine Ausbildung ab und begann seine berufliche Laufbahn als Assessor bei der Staatsanwaltschaft in Kiel.

 

Drittes Reich, Kriegs- und Nachkriegszeit

Noch während seiner Ausbildung trat Helmut Lemke 1932 in die NSDAP und ein Jahr später auch in die SA ein. Außerdem leitete er ab 1933 das NSDAP-Kreisgericht. Der überzeugte Nationalsozialist wurde bereits im Mai 1933 zum Bürgermeister von Eckernförde ernannt. 1937 wechselte er als Bürgermeister in das größere Schleswig. Doch schon bei Kriegsausbruch wurde er zur Wehrmacht eingezogen und diente bis 1945 bei der Kriegsmarine. Der Oberleutnant zur See war hier als Kommandant von Sperrbrechern und Vorpostenbooten eingesetzt. Auch nach Ende des Zweiten Weltkrieges blieb Lemke bei der Marine und räumte im Auftrag der britischen Militärregierung Minen in der Ostsee.

1948 ließ sich Lemke als Anwalt in Lübeck nieder. In der Absicht mitzuhelfen, nach dem Irrweg des Nationalsozialismus ein demokratisches Deutschland aufzubauen, engagierte er sich in der Kommunalpolitik und trat in die CDU ein. Bereits 1951 wurde er in die Lübecker Bürgerschaft gewählt und übernahm das Amt des Kultursenators.

 

Minister

Als Ministerpräsident Kai-Uwe von Hassel 1954 auf der Suche nach einem neuen Kultusminister war, fiel seine Wahl auf Helmut Lemke. Er kannte den Lübecker Senator aus der gemeinsamen Arbeit im Landesvorstand der CDU und schätzte dessen Loyalität und Zuverlässigkeit. Mit der Ernennung zum Kultusminister kehrte Lemke nach Kiel zurück, das für fast 30 Jahre seine Wirkungsstätte bleiben sollte. Bereits ein Jahr später wechselte er jedoch vom Kultus- in das Innenministerium. Grund war der plötzliche Tod des bisherigen Innenministers Paul Pagel im August 1955. Von Pagel übernahm Lemke nicht nur das Amt des Innenministers, sondern auch das Landtagsmandat und 1956 den Vorsitz des CDU-Kreisverbandes Segeberg. Als Innenminister bemühte er sich insbesondere um den Aufbau einer leistungsfähigen Landespolizei und eines Verfassungsschutzes. Außerdem verbesserte er die staatspolitische Bildungsarbeit und legte ein neues Landesbeamtengesetz vor. Überschattet wurde seine Amtszeit durch verschiedene Skandale um Täter des NS-Regimes, die nach dem Krieg in Schleswig-Holstein untergetaucht waren.

 

Ministerpräsident

Im Zuge der Spiegel-Affäre übernahm Ministerpräsident von Hassel 1962 das Verteidigungsministerium in Bonn. Als seinen Nachfolger in Kiel schlug er Helmut Lemke vor. Obwohl Lemke bereits 1956 zum stellvertretenden Landesvorsitzenden gewählt worden war, hatte er stets im Schatten von Hassels gestanden. Bei seiner Wahl zum Ministerpräsidenten am 7. Januar 1963 erhielt er deshalb nur knapp die erforderliche Mehrheit. Lemke erneuerte die Koalition mit der FDP und fand sich schnell in seiner neuen Rolle zurecht. Mit seiner freundlichen und bürgernahen Art wurde er zu einem echten Landesvater. Er verstärkte die Zusammenarbeit der vier Küstenländer in der „Konferenz Norddeutschland“ und wandelte die Pädagogischen Hochschulen in Kiel und Flensburg zu Universitäten um. Kernstück seiner Politik war jedoch das EWG-Anpassungsprogramm zur Verbesserung der Infrastruktur, der Wirtschaft und der Energieversorgung in dem am Rand der EWG liegenden Schleswig-Holstein. Intensiv setzte sich Lemke außerdem für die Mitgliedschaft Dänemarks in der EWG ein. Die Verbesserung der deutsch-dänischen Beziehungen lag ihm zeitlebens sehr am Herzen. Von den Wählern wurde diese Politik honoriert: Bei der Landtagswahl 1967 bekam die CDU 46% und wurde erneut stärkste Fraktion im Kieler Landtag.

In Lemkes zweiter Amtszeit stand die 1970 verabschiedete Gebietsreform im Mittelpunkt. Durch sie wurde die Zahl der Landkreise von 17 auf 12 verringert. Damit verbunden war auch eine Reorganisation des Gerichtswesens. Außerdem beschloss die Landesregierung den „Lemke-Plan“ zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur. Die Studentenunruhen der 1960er Jahre waren auch in Schleswig-Holstein spürbar. U.a. als Reaktion darauf wurde 1969 das Wahlalter auf 18 Jahre gesenkt. Überschattet wurde die Arbeit der Regierungskoalition aus CDU und FDP allerdings durch einige Rücktritte, z.B. von Sozialminister Otto Eisenmann (FDP), von Wirtschaftsminister Knud Knudsen (CDU) und von Justizminister Claus Joachim von Heydebreck (CDU).

Als Ministerpräsident und Mitglied des Bundesrates seit 1954 war Helmut Lemke auch die Bundespolitik nicht fremd. 1966/67 amtierte er als Präsident des Bundesrates und übernahm dabei für vier Monate sogar die Amtsgeschäfte von Bundespräsident Heinrich Lübke.

Auf Drängen der CDU erklärte sich Lemke 1970 bereit, auf die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 1971 zugunsten des jüngeren Gerhard Stoltenberg zu verzichten. Bei dieser Wahl erreichte die CDU mit 51,7% erstmals die absolute Mehrheit.

 

Landtagspräsident

Gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode trat Lemke von seinem Amt als Ministerpräsident zurück. Vom Landtag wurde er daraufhin mit großer Mehrheit zum Landtagspräsidenten gewählt. Neuer Ministerpräsident wurde Gerhard Stoltenberg. Mit seiner ausgleichenden Art und durch den fairen Umgang mit allen Fraktionen erwarb sich der neue Landtagspräsident schnell die Anerkennung des gesamten Hauses. 1975 und 1979 wurde er deshalb in seinem Amt bestätigt. Als Landtags-präsident intensivierte Lemke die Kontakte zu den skandinavischen Ländern. 1979 beschloss der Landtag unter seiner Leitung ein neues Abgeordnetengesetz.

Daneben übernahm der überzeugte Föderalist von 1971 bis 1976 den Vorsitz der Länderkommission für Verfassungsreform und war zugleich stellvertretender Vorsitzender der vom Bundestag eingesetzten Enquetekommission Verfassungsreform.

 

Letzte Jahre

1983 zog sich Lemke aus der Politik zurück. Bis heute ist er der am längsten amtierende Landtagspräsident in Schleswig-Holstein. Er kehrte nach Lübeck zurück, wo er wieder als Anwalt praktizierte. Außerdem meldete er sich immer wieder mit Reden und Artikeln zu Wort. Als 1987/88 die Barschel-Affäre Schleswig-Holstein und die dortige CDU erschütterte, fühlte sich der ehemalige Förderer Barschels verpflichtet, seiner Partei zu helfen. Zusammen mit Kai-Uwe von Hassel bemühte er sich, den Schaden für die CDU zu begrenzen und unterstützte die Wahl von Ottfried Hennig zum neuen Landesvorsitzenden.

Am 15. April 1990 starb Helmut Lemke in Lübeck. Er wurde mit einem Staatsakt im Lübecker Dom geehrt.

 

 

Nachlass: Landesarchiv Schleswig-Holstein und ACDP (01-456)

 

 

Lebenslauf

  • 29.09.1907 geboren in Kiel, Besuch des Gymnasium in Kiel
  • 1925 Abitur
  • 1925–1928 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Tübingen und Kiel
  • 1928 Referendarexamen in Kiel
  • 1929 Promotion zum Dr. iur. in Heidelberg
  • 1932 Assessorexamen
  • 1932  Mitglied der NSDAP
  • 1933 Mitglied der SA
  • 1933 Bürgermeister von Eckernförde
  • 1933 Heirat mit Annemarie Petersen, aus der Ehe gehen vier Kinder hervor
  • 1937 Bürgermeister von Schleswig
  • 1939–1945 Kriegsdienst bei der Marine, Oberleutnant zur See
  • 1945–1948 im Auftrag der britischen Militärregierung räumen von Seeminen in der Ostsee
  • 1948 Rechtsanwalt in Lübeck, Eintritt in die CDU
  • seit 1950 Mitglied des CDU-Landesvorstandes
  • 1951–1954 Mitglied der Lübecker Bürgerschaft, Kultursenator und 2. Bürgermeister von Lübeck
  • 1954–1955 Kultusminister von Schleswig-Holstein
  • 1955–1983 MdL
  • 1955–1963 Innenminister von Schleswig-Holstein
  • 1956–1964 stellv. CDU-Landesvorsitzender
  • 1956–1963 Vorsitzender der KPV Schleswig-Holstein
  • 1963–1971 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein
  • 1963 Auszeichnung mit dem Großkreuz des Bundesverdienstkreuzes
  • 1964 Auszeichnung mit der Freiherr vom-Stein-Medaille
  • 1964–1971 Landesvorsitzender der CDU Schleswig-Holstein, ab 1979 Ehrenvorsitzender
  • 1966/67 Präsident des Bundesrates
  • 1971–1983 Landtagspräsident
  • 15.04.1990 gestorben in Lübeck

Literatur

  • Uwe Barschel/Kurt Jürgensen/Horst Wutke (Hg.): Helmut Lemke. Reden, Ansprachen, Gedanken 1954–1983. Neumünster 1987.
  • Uwe Barschel (Hg.): Festschrift für Helmut Lemke zum 70. Geburtstag. Neumünster 1977.
  • Jürgen Hartwig Ibs: Landtage in Schleswig-Holstein. Ernannt und gewählt 1946–1996. Kiel 1996.
  • Uwe Danker/Sebastian Lehmann-Himmel (Hg.): Landespolitik mit Vergangenheit. Geschichtswissenschaftliche Aufarbeitung der personellen undstrukturellen Kontinuität in der schleswig-holsteinischen Legislative und Exekutive nach 1945. Husum 2017.

 

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