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Hugo Scharnberg, Plakat zur Bundestagswahl 1957. Hugo Scharnberg, Plakat zur Bundestagswahl 1957. © KAS

Hugo Scharnberg

Bankdirektor, CDU-Landesvorsitzender, Bundestagsabgeordneter 18. Juni 1893 Hamburg 25. Februar 1979 Lugano
von Andreas Grau
Der Hamburger Bankier und Bundestagsabgeordnete ist heute in Vergessenheit geraten, dabei war er beteiligt an der Erarbeitung der Düsseldorfer Leitsätze und an der Ausarbeitung des Wahlrechts für den Deutschen Bundestag. 1948 bis 1954 und 1956 bis 1958 stand er an der Spitze der CDU Hamburg.

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Ausbildung und Beruf

Hugo Scharnberg – ein echter Sohn der Hansestadt Hamburg – wurde am 28. Juni 1893 geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums in Hamburg machte er eine Ausbildung zum Import- und Exportkaufmann. Als Soldat nahm er von 1914 bis 1918 am Ersten Weltkrieg teil – zuerst als Meldegänger und später als Jagdflieger. Scharnberg wurde dabei sowohl mit dem Eisernen Kreuz 1. und 2. Klasse ausgezeichnet als auch mit dem Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern. 1919 kehrte er als Leutnant aus dem Krieg zurück. Auf der Suche nach Arbeit ging er nach Oberschlesien, bis das Gebiet durch den Friedensvertrag von Versailles an Polen fiel. Wo er genau gearbeitet hat, ist unbekannt. 1922 wechselte er zur Dresdner Bank nach Berlin. Offenbar entsprach das Bankgeschäft seinen Fähigkeiten, denn 1936 trat er in die Leitung der Dresdner Bank in Hamburg ein. Während des Zweiten Weltkrieges sollte er mehrfach zur Wehrmacht eingezogen werden, doch galt seine Tätigkeit bei der Dresdner Bank als kriegswichtig. Näheres ist hierüber nicht bekannt.

 

Aufstieg in der CDU

Es war dann auch seine Arbeit in der Bank, die Scharnberg in die Politik führte: Im Februar 1946 wurde er von der britischen Militärregierung als Vertreter des Bankgewerbes zum Mitglied der Hamburger Bürgerschaft ernannt. Zusammen mit 13 anderen Mitgliedern der Bürgerschaft schloss sich der parteilose Hugo Scharnberg im Juni 1946 der neugegründeten CDU an. Obwohl er im Oktober 1946 wieder aus der Bürgerschaft ausschied, blieb er weiter politisch tätig. So war er 1947/48 als Mitglied des Wirtschaftspolitischen Ausschusses der CDU in der Britischen Zone unter anderem mit Franz Etzel an der Ausarbeitung eines neuen wirtschaftspolitischen Programms beteiligt. Zusammen mit Franz Böhm und Ludwig Erhard setzten sie ihre programmatischen Arbeiten ab August 1948 fort. Aus dieser Zusammenarbeit erwuchsen die Düsseldorfer Leitsätze, die am 15. Juli 1949 von den Gremien der Union in den westlichen Besatzungszonen verabschiedet wurden. Scharnberg war maßgeblich an der Formulierung der Leitsätze beteiligt, die das wirtschaftspolitische Programm der CDU für die Bundestagswahl 1949 bildeten. Das in den Düsseldorfer Leitsätzen niedergelegte Konzept der Sozialen Marktwirtschaft entwickelte sich in den folgenden Jahren zum Markenkern der CDU.

Scharnberg, wurde 1948 zum Mitglied der Geschäftsleitung der Hamburger Kreditbank berufen, der Nachfolgeorganisation der Dresdner Bank in Hamburg, denn die Dresdner Bank wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von den Allierten zerschlagen und erst 1957 neu gegründet. Er gehörte auch dem 2. Frankfurter Wirtschaftsrat an.

 

Vorsitzender der CDU Hamburg

Am 30. April 1948 wurde Hugo Scharnberg vom Hamburger Landesausschuss mit großer Mehrheit zum neuen Vorsitzenden des CDU-Landesverbandes gewählt. Mit einer kurzen Unterbrechung stand er bis 1958 an der Spitze der Hamburger CDU und war dadurch auch Mitglied des CDU-Bundesvorstandes. Unter seiner Führung gelang der CDU bei Wahlen der Einbruch ins Hamburger Bürgertum. Um die strukturelle Mehrheit der SPD in Hamburg zu brechen, schloss die CDU für die Bundestagswahl 1949 ein Wahlabkommen mit der FDP. Tatsächlich konnte das Wahlbündnis dadurch vier von acht Hamburger Wahlkreisen gewinnen und drei CDU- und einen FDP-Abgeordneten in den Deutschen Bundestag entsenden, – darunter Hugo Scharnberg.

Um diesen Erfolg bei der Bundestagwahl und der Bürgerschaftswahl 1953 zu wiederholen, bildeten CDU und FDP gemeinsam mit der Deutschen Partei (DP) den „Hamburg-Block“. Diesmal konnten sogar sieben CDU-Abgeordnete aus Hamburg in den Bundestag einziehen. Für die Bürgerschaftswahl am 1. November 1953 wurde der Hamburg-Block dann noch um den BHE (Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten) erweitert. Bei der Wahl gewann der Hamburg-Block 50 Prozent der Stimmen und konnte den SPD-Senat ablösen. Zum neuen Bürgermeister wurde der Diplomat Kurt Sieveking gewählt. Allerdings pflegte Sieveking einen überparteilichen Regierungsstil und hatte bei der Auswahl seiner Regierungsmitglieder nicht immer eine glückliche Hand. Als er noch vor der Bürgerschaftswahl 1957 eine Koalition mit der SPD ins Spiel brachte, kam es zum Zerwürfnis mit dem Landesvorsitzenden Scharnberg, der daraufhin 1958 nicht wieder für das Amt kandidierte.

 

Mitglied des Deutschen Bundestages

Von 1949 bis 1961 war Scharnberg Mitglied des Deutschen Bundestags. In den ersten beiden Wahlperioden leitete er den Ausschuss für Geld und Kredit, der unter anderem das Bundesbankgesetz und verschiedene Steuerreformgesetze erarbeitete. Außer für Finanz- und Wirtschaftspolitik interessierte sich Scharnberg, der zeitweise auch dem Vorstand der CDU/CSU-Fraktion angehörte, besonders für Wahlrechtsfragen. Deshalb wurde er 1953 Mitglied des Sonderausschusses zur Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes. Mit dem bei der Bundestagswahl 1953 zum ersten Mal angewendeten Wahlrecht wurde die Zweitstimme eingeführt, was auf einen Vorschlag Scharnbergs zurückging. Auch in der 2. Wahlperiode befasste sich der Bundestag wieder mit dem Wahlrecht. Dazu wurde im September 1955 ein Sonderausschuss unter Leitung von Scharnberg eingesetzt. Mitte Dezember 1955 legte er dem Ausschuss den Entwurf für ein neues Wahlgesetz vor: Danach sollten 60 Prozent der Abgeordneten in Wahlkreisen mit Mehrheitswahlrecht gewählt werden und 40 Prozent der Abgeordneten nach dem Verhältniswahlrecht von Landeslisten kommen – ohne jedoch die Wahlkreissitze mit den Landeslisten zu verrechnen. Dieses von der CDU/CSU favorisierte „Grabenwahlrecht“ bevorzugte vor allem die großen Parteien. Weil die FDP sich durch dieses Wahlgesetz in ihrer Existenz bedroht sah und wegen der Außenpolitik von Bundeskanzler Adenauer sowieso mit der Union im Streit lag, reagierten die Freien Demokraten sofort: Am 20. Februar 1956 wechselten die FDP-Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag die Seiten und stürzte mit der SPD die Regierung von Ministerpräsident Karl Arnold (CDU). Daraufhin zog die Union ihr neues Wahlgesetz zurück und der Sonderausschuss des Bundestags einigte sich Mitte März 1956 darauf, am Wahlrecht von 1953 grundsätzlich festzuhalten.

In seiner letzten Wahlperiode gehörte Scharnberg dem Wirtschaftsausschuss an, doch zog er sich mehr und mehr aus der Politik zurück. 1961 schied er aus dem Bundestag aus. Er war weiterhin Mitglied in vielen Aufsichtsräten und ging seinen Hobbies nach: Dem Sammeln von Kunst und dem Golfspiel.

Hugo Scharnberg starb am 30. April 1979 in der Schweiz und wurde auch dort begraben.

Lebenslauf

  • Geb. am 28. Juni 1893 in Hamburg
  • Realgymnasium
  • Ausbildung zum Kaufmann
  • 1914–1918 Teilnahme am Ersten Weltkrieg als Jagdflieger
  • 1919–1922 in der oberschlesischen Industrie tätig
  • 1922 Dresdner Bank in Berlin
  • 1936 Direktor der Dresdner Bank in Hamburg
  • 1946 Mitglied der ernannten Hamburger Bürgerschaft (parteilos)
  • Juni 1946 Eintritt in die CDU
  • 1948 Mitglied der Geschäftsleitung der Hamburger Kreditbank
  • 1948 Mitglied des Frankfurter Wirtschaftsrates
  • 1952 Aufsichtsrat der Dresdner Bank
  • 1948–1954 sowie 1956-1958 Vorsitzender der CDU Hamburg
  • 1949–1961 MdB, zeitweise Mitglied des Vorstandes der CDU/CSU-Fraktion
  • 1949–1957 Vorsitzender des Ausschusses für Geld und Kredit
  • 1955–1956 Vorsitzender des Sonderausschusses für Wahlrechtsfragen
  • 1957–1961 Mitglied des Wirtschaftsausschusses
  • 30. April 1979 gestorben in Lugano

 

Auszeichnungen

  • Eisernes Kreuz 1. und 2. Klasse
  • Ritterkreuz des Königlichen Hausorden von Hohenzollern mit Schwertern
  • 1956 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern

Literatur

  • Adenauer: „Wir haben wirklich etwas geschaffen.“ Die Protokolle des CDU-Bundesvorstandes 1953-1957. Bearb. von Günther Buchstab. Düsseldorf 1990.
  • Horstwalter Heitzer: Die CDU in der britischen Zone 1945–1949. Gründung, Organisation, Programm und Politik. Düsseldorf 1988.
  • Helmut Stubbe-da Luz: Von der Arbeitsgemeinschaft zur Großstadtpartei. 40 Jahre Christlich-Demokratische Union in Hamburg (1945–1985). Hamburg 1985.
  • Rudolf Vierhaus/Ludolf Herbst (Hg.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages 1949–2002. München 2002.

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