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Roswitha Wisniewski beim Krone-Ellwanger-Kreis im Januar 2015. (Quelle: KAS-ACDP) Roswitha Wisniewski beim Krone-Ellwanger-Kreis im Januar 2015. (Quelle: KAS-ACDP) © KAS-ACDP

Roswitha Wisniewski

Professorin, MdB Dr. phil. 23. September 1926 Stolp/Pommern (heute Słupsk) 3. Dezember 2017 Bonn
von Denise Lindsay M.A.
Roswitha Wisniewski ist es in ihrer Karriere gelungen, auf den Feldern der Wissenschaft und der Politik zu reüssieren. Zudem setzt sie sich noch immer unermüdlich für Erhalt, Erforschung und Pflege des kulturellen Erbes der Deutschen im östlichen Europa ein. Sie unterstützt und fördert dabei das Engagement der Organisationen und Landsmannschaften der Vertriebenen zur Wahrung der kulturellen und muttersprachlichen Identität ihrer Heimat.

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Herkunft, Ausbildung und akademischer Werdegang

Geboren wird Roswitha Wisniewski am 23. September 1926 in der pommerschen Stadt Stolp als Tochter des Architekten Bruno Wisniewski (1892–1966) und seiner Frau Edith (geb. Berndt, 1898–1978), einer Pianistin. 1930 kommt ihr Bruder Edgar, der später auch als Architekt tätig sein wird, zur Welt. In ihrer Heimatstadt besucht sie die katholische Grundschule und später die staatliche Lessing-Schule, ein Lyzeum. Getrübt wird ihre Jugendzeit durch den aufkommenden Nationalsozialismus und dessen Ablehnung der katholischen Kirche.

Bis im März 1945 die Rote Armee die Stadt erobert, bleiben Roswitha Wisniewski und ihre Familie von den Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend verschont. Im September 1945 wird die Familie gezwungen aus der Heimat zu fliehen. Sie kommt bei Verwandten im stark kriegszerstörten Berlin unter. Hier beginnt Bruno Wisniewski sich unter großen Mühen wieder eine berufliche Existenz aufzubauen; zunächst als angestellter Architekt in der Stadtverwaltung, später erneut als freier Architekt. Trotz äußerst angespannter finanzieller Verhältnisse wird beiden Kindern ein Studium ermöglicht.

1946 legt Roswitha Wisniewski in der „Frontstadt“ Berlin das Notabitur ab und beginnt im Wintersemester 1946/47 mit dem Studium der Slawistik – da in ihrem Wunschfach Germanistik kein Studienplatz mehr frei ist – an der im Ostsektor der Stadt gelegenen Humboldt-Universität. Schnell werden dort für sie „ideologische Beeinflussung und politische Gängelung“ spürbar und sie wechselt 1948 – nach Gründung der Freien Universität – an die im Westteil der Stadt gelegene Hochschule. Hier kann sie sich – wie gehofft – im Fach Germanistik immatrikulieren und ist zudem am Aufbau des Germanistischen Seminars beteiligt. 1953 promoviert sie mit einer Arbeit zum Thema „Versuch einer Einordnung des St. Trudperter Hohen Liedes in die Theologie und Philosophie seiner Zeit“ und arbeitet als Assistentin von Professor Hartmut de Boor am Seminar. Mit ihrem Gehalt von 300 DM unterstützt sie zudem ihre Familie. 1960 habilitiert sie, nachdem sie mit Hilfe eines Stipendiums der Deutschen Forschungsgemeinschaft Theologie in Marburg und Bonn studieren konnte, mit einer Arbeit zum Thema „Die Darstellung des Niflungenunterganges in der Thidrekssaga. Eine quellenkritische Untersuchung“. Bis 1964 ist sie als Privatdozentin weiterhin an der FU tätig. Da aber eine Professur in Deutschland für eine Frau zu diesem Zeitpunkt unwahrscheinlich scheint, wagt sie den Sprung ins Ungewisse und nimmt 1965 eine Professur an der Cairo University an. Hier arbeitet sie am Aufbau des Instituts für deutsche Sprache und Literatur mit, das sich regen Zuspruchs unter männlichen und auch weiblichen Studierenden erfreut.

1967 erfolgt die Rückkehr nach Deutschland, wo Roswitha Wisniewski den Lehrstuhl für ältere deutsche Sprache und Literatur an der Universität Heidelberg erhält. Ein ganz außergewöhnliches Ereignis, denn zum ersten Mal seit Gründung der Ruprecht-Karls-Universität im Jahr 1386 wird damit eine Frau auf einen Lehrstuhl der Philosophischen Fakultät berufen.

 

Beginn des Engagements in der Politik

Die 1968 einsetzenden Studentenunruhen mit ihren vielen, für Roswitha Wisniewski teilweise sehr beunruhigenden und erschreckenden Vorgängen, schockieren sie:

 

„Ich konnte keinerlei Verständnis aufbringen für Antiamerikanismus, Marxismuslob und Kritik an der sozialen Marktwirtschaft, auch nicht für die rüden Diskussionsmethoden, die vor der Gewalt gegenüber dem politischen Gegner nicht zurückschreckten.“

 

Sie wird in ihrer Entscheidung, sich parteipolitisch zu engagieren, bestärkt und tritt 1972 in die CDU ein. Für sie kommt „nur eine Partei in Frage, die auf christlichen Grundlagen ruht, und die die Freiheit für die einzelne Persönlichkeit mit der sozialen Verantwortung für alle verbindet“.

 

Die CDU der 1970er Jahre ist eine Partei in Aufbruchstimmung, die Frauen, im Gegensatz zu früheren Zeiten, durchaus Chancen bietet: „Gerade auch wir Frauen wurden nicht als Fremdkörper, sondern als notwendige und willkommene Verstärkung empfunden.“ 1973 wird sie zur Vorsitzenden der Frauenvereinigung des Bezirksverbandes Nordbaden gewählt – ein Amt, das sie bis 1998 ausüben wird und das ihr viel Freude bereitet:

 

„Noch nie habe ich eine solche lebendige Begeisterung erlebt wie in diesen Jahren der Erneuerung der Frauenarbeit in der CDU. Überall entstanden Ortsverbände, formten sich Kreisverbände neu. Von den aktiven Frauen strahlte eine ungeheure Wirksamkeit aus. (...) Jetzt konnten Frauen auch die Förderung anderer Frauen vornehmen.“

 

Außerdem ist sie von 1977 bis 1980 Stadträtin in Schwetzingen. Schon 1973 gründet sich dort auf ihre Initiative hin die Frauenvereinigung des CDU-Stadtverbandes.

 

1976 gelingt ihr der Einzug in den Deutschen Bundestag, zunächst über die Landesliste Baden-Württemberg, 1982 gewinnt sie den bislang in SPD-Hand befindlichen Wahlkreis Mannheim II für die CDU direkt. Wichtig ist ihr immer, den Kontakt zu den Wählern nicht zu verlieren. Sie engagiert sich aktiv vor Ort in ihrem Wahlkreis, was sich auch in ihren Wahlergebnissen widerspiegelt. Bis 1994 kann sie ihren Wahlkreis immer wieder direkt gewinnen.

 

Mitglied des Deutschen Bundestages

Der Erhalt der Lehr- und Wissenschaftsfreiheit ist ihr ein Herzensanliegen. Im Bundestag gilt ihr Hauptaugenmerk daher der Wissenschafts- und Bildungspolitik und hier insbesondere der mangelnden Frauenförderung an den deutschen Universitäten. Zudem setzt sie sich für die Verbesserung der Organisationsstrukturen an den Hochschulen sowie die Förderung von wissenschaftlichen Eliten ein. Zusammen mit der damaligen Bundesbildungsministerin Dorothee Wilms arbeitet sie – als Berichterstatterin der CDU/CSU-Fraktion – zudem an der Novellierung des Hochschulrahmengesetzes mit, die 1985 in Kraft tritt.

Des Weiteren ist sie Mitglied in vielen Parlamentsausschüssen: im Ausschuss für Bildung und Wissenschaft (1976–1987), für Forschung und Technologie (1980–1983), für innerdeutsche Beziehungen (1983–1990), in den Enquête-Kommissionen „Zukünftige Bildungspolitik-Bildung 2000“ (1987–1990) und „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“ (1992–1994). Im Unterausschuss „Wiedergutmachung des nationalsozialistischen Unrechts“ führt sie von 1991 bis 1994 den Vorsitz. Ein wichtiger Aspekt ihrer Tätigkeit hier ist die Pflege der Mahn- und Gedenkstätten.

Ihre frühere Verbindung nach Ägypten lebt intensiv wieder auf, als sie den Vorsitz der Deutsch-Ägyptischen Parlamentariergruppe (1980–1994) und die Präsidentschaft der Deutsch-Ägyptischen Gesellschaft Bonn-Kairo e. V. innehat.

In ihrem politischen Wirken spielen – neben dem Einsatz für die Hochschulpolitik – die Fragen nach der Wiedergutmachung von NS-Unrecht, der Entschädigung von Zwangsarbeitern, der Einrichtung von Mahn- und Gedenkstätten und die Förderung der deutsch-polnischen Aussöhnung eine wichtige Rolle.

 

Einsatz für das kulturelle Erbe der Vertriebenen

1994 erfolgt ihre Emeritierung als Professorin an der Universität in Heidelberg und gleichzeitig beschließt sie, nicht erneut für den Bundestag zu kandidieren und sich somit wieder der wissenschaftlichen Arbeit zuzuwenden. Für ihre Verdienste wird sie mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet und die Frauen Union Nordbaden ernennt sie zur Ehrenvorsitzenden.

Eines ihrer Interessengebiete ist noch immer die Pflege des kulturellen Erbes der Vertriebenen und die Förderung der deutsch-polnischen Beziehungen sowie die Unterstützung der deutschen Minderheit in Polen. Schon am 22. Februar 1991 hat sie im Bundestag erklärt:

 

„Noch einmal sei gesagt: Gerade die vielfachen familiären und emotionalen Bindungen, die sich bei denen finden lassen, die zum Bund der Vertriebenen gehören oder die als Heimatvertriebene leben, ergeben besonders wirksame Antriebskräfte für Initiativen dieser Art. Die Vertriebenen hier und die Deutschen in ihren Heimatgebieten in Polen können, sollen und wollen gemeinsam mit den Polen zur Brücke für ein größeres Europa werden.“

 

Ihr Hauptinteresse gilt insbesondere der Pflege des Erbes ihrer pommerschen Heimat und ihrer Heimatstadt Stolp, wobei sie auch intensiv Anteil an der Entwicklung des heutigen Słupsk nimmt. Mit viel Engagement unterstützt sie des Weiteren die Arbeit der Europäischen Akademie Külz-Kulice durch Vorträge und Publikationen.

Von 1986 bis 1993 ist sie Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der „Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen“, von 1995 bis 2014 zudem Vizepräsidentin dieser Stiftung. Von 2003 bis 2011, bis sie ihr Amt aus Altersgründen abgibt, hat sie auch die Leitung des Vereins zur Förderung der deutsch-polnischen Zusammenarbeit e. V. inne.

Am 3. Dezember 2017 verstirbt Roswitha Wisniewski in Bonn.

Lebenslauf

  • 1946 Abitur
  • 1953 Promotion
  • 1960 Habilitation
  • 1967–1994 ordentliche Professorin für Germanistik an der Universität Heidelberg
  • 1972 CDU
  • 1973–1998 Vorsitzende des BV Nordbaden der Frauenvereinigung
  • 1976–1994 MdB
  • 1986–1990 Mitglied im Bundesvorstand der Frauen-Union
  • 1995–2014 Vizepräsidentin der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat

 

Veröffentlichungen

 

Literatur

  • Geist und Zeit: Wirkungen des Mittelalters in Literatur und Sprache. Festschrift für Roswitha Wisniewski zu ihrem 65. Geburtstag. Hg. von Carola L. Gottzmann. Frankfurt/Main u. a. 1991
  • Familie Wisniewski aus Stolp. Biographische Skizzen/Rodzina Wisniewski ze Słupska. Szkice biograficzne. Hg. von der Stiftung Europäische Akademie Külz-Kulice (Zeszyty Kulickie/Külzer Hefte Nr. 10). Szczecin 2015

 

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Denise Lindsay M.A.

Denise Lindsay M.A

Referentin Medienanalyse und -archiv

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