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Indien und Sicherheitsherausforderungen in der Region Indo-Pazifik in einer neuen Ära

von Philipp Huchel

2. KAS-FSI-CLAWS Seminar zu Indiens Sicherheitsherausforderungen im Indo-Pazifik

Am 12. und 13. Juli 2018 veranstalteten das Forum for Strategic Initiative (FSI) und das Auslandsbüro Indien der Konrad-Adenauer-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Centre for Land Warfare Studies (CLAWS) ein Seminar zum Thema "Indien und Sicherheitsherausforderungen in der Region Indo-Pazifik in einer neuen Ära". Das Seminar befasste sich mit den jüngsten Entwicklungen in der indo-pazifischen Region, insbesondere den strategischen Entwicklungen.

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Nukleare und strategische Herausforderungen im Indo-Pazifik

In der ersten Diskussionsrunde ging es um nukleare und strategische Herausforderungen im Indo-Pazifik. Generalleutnant Balraj Nagal leitete die Diskussionsrunde und wies auf die Notwendigkeit hin, das nationale Interesse aller Länder im Indo-Pazifik zu untersuchen und die Bedrohungen zu untersuchen und die damit einhergehenden Herausforderungen anzugehen. Generalleutnant Amit Sharma ging zunächst auf die Geschichte des nordkoreanischen Atomprogramms ein und hab einen Überblick über die aktuellen Nuklear- und Raketenfähigkeiten Nordkoreas. Er erklärte, dass die größte Überraschung die plötzliche Änderung der Herangehensweise des Diktators Kim Jong Un sei, der ein selbst auferlegtes Moratorium für Raketentests ankündigt habe und die Atomtesteinrichtungen zerstören ließ. Viele Gründe könnten für diese plötzliche Öffnung eine Rolle spielen, entweder weil sich Nordkorea seiner nuklearen Fähigkeiten sicher sei oder aufgrund Chinas Rat, beim Konflikt nachzugeben. Dhruva Jaishankar konzentrierte sich auf die US-Politik im Indo-Pazifik. Er betonte, dass es wichtig sei zu verstehen, was der Begriff "Indo-Pazifik" unter Trumps Regierung wirklich bedeutet. Trump sieht vor allem die Unausgeglichenheit in der Handelsbilanz der USA mit den asiatischen Ländern. Dies führte zum Rückzug aus dem Handelsabkommen "Transpazifische Partnerschaft" (TPP). Ein zweites Element von Trumps Sicht auf Asien ist die Ungleichheit in der Allianzstruktur. Hier fand Trump jedoch einen lohnenden Grund, sich weiterhin zu engagieren, denn er sieht China als eine große Herausforderung. Die große Schwäche besteht darin, dass zwischen den Sicherheitselementen und den Wirtschafts- und Handelselementen der "freien und offenen Indo-Pazifik" -Strategie durch die USA eine große Diskrepanz besteht. Er kam zu dem Schluss, dass es wichtig sei, auch die vielen Unsicherheiten in der Indo-Pazifik-Politik der USA zu untersuchen, die zu einem potenziellen Problem für Indien führen könnten. Brig. Arun Sahgal konzentrierte sich in seinen Ausführungen auf strategische Auswirkungen auf Japan und China sowie die Möglichkeiten einer Konfrontation im Indo-Pazifik. Er sieht vier mögliche Szenarien für die Zukunft: 1) Pax Sinica - Eine isolationistische USA gibt strategischen Raum an China ab, 2) G2 in Asien, 3) Pax Americana basierend auf Allianzen und 4) Kooperative Sicherheitsarchitektur: Netz von bilateralen, trilateralen und plurilateralen Sicherheitspartnerschaften zur Aufrechterhaltung einer stabilen Sicherheitsarchitektur. Anschließend widmete sich Dr. Christian Wagner der Rolle Europas im Indo-Pazifik. Er erklärte, dass die EU wichtig ist, wenn es um Handelsfragen und Wirtschaftsfragen geht, aber ein vergleichsweise schwacher Akteur ist, wenn es um Sicherheitsfragen geht. Trotzdem würde in Zukunft wohl neue Initiativen für das Engagement im Bereich Sicherheit und Verteidigung im Indo-Pazifik gestartet werden, da auch die europäischen Länder ein Interesse im Indo-Pazifik hätten.

Herausforderungen für Wirtschaft und Handel im Indo-Pazifik

Die zweite Diskussionsrunde des Seminars widmete sich dem Thema „Wirtschafts- und Handelsherausforderungen im Indo-Pazifik“ unter dem Vorsitz von Dr. Arvind Virmani. Dr. Surjit Bhalla hielt einen Vortrag über "Indiens Wirtschaft - stetig und aufwärts". Er argumentierte, dass die indische Wirtschaft in viel besserer Verfassung sei, als Ökonomen und Analysten glauben. Er begründete seine Argumente mit Daten über den internationalen Handelsanteil, die Investitionsanteile und die BIP-Wachstumsraten im Zeitverlauf. Anschließend ging Pramit Pal Chaudhuri auf die aktuelle Handelspolitik der USA, ihre Auswirkungen auf Indien und die indo-pazifische Region ein sowie auf die Frage, warum China angesichts der aktuellen Entwicklungen so nervös ist. Die Trump-Regierung mit ihren eher merkantilistischen Ansichten hat die Politik der Obama-Ära fallen gelassen und konzentriere sich jetzt auf Zölle und nutzt diese als Druckmittel gegenüber China. Mit Blick auf China merkte er an, dass die Regierung angesichts des Handelskriegs ziemlich nervös agiere. Für die Chinesen sei es ganz klar, dass sie benachteiligt wären, da deutlich mehr in die USA exportiert wird, als umgekehrt nach China importiert wird. Letztendlich herrscht Unsicherheit in der chinesischen Wirtschaft vor, weil eine Ende des Handelskriegs nicht abzusehen ist. Indien hingegen würde die Trump-Politik gegenüber China weitgehend unterstützen.

Chinas Rolle und Ambitionen im Indo-Pazifik

Botschafter Ashok Kantha leitete die dritte Diskussionsrunde über Chinas aufstrebende Rolle und ihre Auswirkungen auf die indo-pazifische Sicherheit. Nayan Chanda hielt seinen Vortrag über China unter Xi Jinping. Er betonte den scheinbaren Widerspruch zwischen Xi Jinpings internationaler Präsenz und der sehr unsicheren innenpolitischen Lage Chinas. Er betonte, dass Xi Jinping sich stark von früheren Führern unterscheidet, vor allem in der Art, wie er die vorsichtige Haltung von Deng Xiaoping ablehnt: "Warte für deine Zeit, verberge deine Fähigkeiten und beanspruche keine Führung". Mit den Olympischen Spielen 2008 in Peking, dem Demonstration der militärischen Fähigkeiten im Südchinesischen Meer und Xi Jinpings offener Erklärung, eine Führungsrolle in der Welt anzustreben, habe dieser genau gegensätzlich zu dieser Doktrin gehandelt. Innerhalb Chinas gibt es eine repressive Regierung, die die Medien kontrolliert und die Öffentlichkeit fast lückenlos überwacht. Dies sei ein deutliches Zeichen für die Unsicherheit innerhalb der Nation. Prof. Srikanth Kondapalli konzentrierte sich auf "Chinas Außen- und Sicherheitspolitik nach dem 19. Parteitag der Kommunistischen Partei". Er beschrieb die Roadmap für die Volksbefreiungsarmee (PLA): Die Schaffung integrierter Truppen, Mechanisierungs- und IT-Fokussierung und den Aufbau eines "World Class Military" bis 2050. Ein weiterer Punkt, der während des Parteitags besprochen wurde, war der Aufbau neuer und besserer internationaler Beziehungen. Daneben ging es auch um das Thema "Good Negligence Policy", wo Xi zuvor in einer Rede den anderen asiatischen Ländern empfohlen hatte, dass sie für sich selbst eintreten sollten und ihnen indirekt signalisiert hatte, ihr Bündnis mit den USA zu brechen. Dies würde der chinesischen Führung in der asiatischen Region den Weg ebnen und eine große Herausforderung für Indien darstellen. Generalleutnant a.D. Vinod Bhatia hielt seinen Vortrag über die Förderung von Frieden und Stabilität entlang der Line of Actual Control (LAC). Nach wie vor besteht zwischen Indien und China ein Streit über die tatsächliche Grenze zwischen beiden Ländern. China besetzt knapp über 4300 Quadratkilometer des indischen Territoriums und beansprucht Teile von Arunachal Pradesh. Es sei heute die längste umstrittene Grenze der Welt, aber gleichzeitig auch die friedlichste. Der letzte Schuss wurde im Oktober 1975 abgefeuert. Obwohl es bisher friedlich zuging, besteht die Gefahr eines Konflikts in naher Zukunft. Der Frieden an der LAC ist jedoch gefährdet, was sich zuletzt auch an der Auseinandersetzung auf dem Doklam-Plateau gezeigt hat. Zwar gab es vor kurzem diplomatische Gespräche, um den Konflikt beizulegen, wie das jüngste Treffen in Wuhan, aber Unsicherheit herrscht weiterhin vor. Um Frieden zu sichern, darf das Militär nicht allein mit diesem Problem gelassen werden. Es sind politische, militärische und diplomatische Anstrengungen nötig, um die Probleme zu lösen. Die Lösung des Konflikts auf dem Doklam-Plateau hat gezeigt, dass beide Seite an einer diplomatischen Lösung interessiert sind. Dr. Zorawar Daulat Singh konzentrierte sich auf die Beziehungen zwischen Indien und China im kommenden Jahrzehnt. Er erklärte, dass der Wettbewerb zwischen Indien und China auf der grundlegenden Ebene das Streben nach einem ein subregionales Kräftegleichgewicht sei. Die Akteure sind nicht nur Indien und China, sondern auch die USA und Pakistan. Dieser grundlegende, vierseitige geopolitische Rahmen wird sich im nächsten Jahrzehnt nicht ändern. China wird im kommenden Jahrzehnt eine viel größere Rolle in pakistanischen Angelegenheiten spielen, aber es wird die USA nicht vollständig verdrängen können. Beide werden um die Gestaltung des regionalen Raums konkurrieren. Die zweite Stufe des Wettbewerbs ist der Kampf um die Herzen und Köpfe in den verschiedenen südasiatischen Staaten. In begrenztem Umfang ist China bereits ein politischer Sicherheitsanker für Myanmar, Bangladesch und Sri Lanka. Diese Länder haben in ihren innenpolitischen Angelegenheiten Druck von westlichen Mächten erfahren und China hat sie unterstützt. Für beide Seiten, um Südasien als gemeinsame Nachbarschaft zu nutzen, wären die folgenden Strategien erforderlich: 1) Koordinierung der Politik in Drittstaaten, 2) Koordinierung der geoökonomischen Pläne und 3) Maritime Zusammenarbeit und Verständnis der gegenseitigen Empfindlichkeiten. Die Frage, ob eine wettbewerbsfähige Koexistenz als stabiler Rahmen existieren kann, bleibt jedoch offen.

Indiens Politikoptionen

Die vierte Sitzung skizzierte die politischen Optionen für Indien im kommenden Jahrzehnt und wurde von Major General Dipankar Banerjee geleitet. Dr. Arvind Virmani sprach über Indiens Wirtschaft und analysierte die aktuelle Situation der indischen Wirtschaft. Er wies darauf hin, dass Indiens Investitionen gut angelegt seien und die Wirtschaft stetig und nachhaltig wachsen würde. Indien muss jedoch an seiner Integration in die Weltmärkte arbeiten und interne Reformen voranbringen. Vizeadmiral Pradeep Chauhan begann seinen Vortrag mit der Darstellung der konzeptionellen Herausforderungen Indiens bei der Formulierung der indo-pazifischen Politik, indem er fünf Voraussetzungen für eine erfolgreiche indo-pazifische Politik für Indien darlegte: 1. Erlangung kognitiver Kohärenz bei allen Ebenen der Politik, Verwaltung und Militär. 2. Anerkennung und Verständnis des Indo-Pazifik als eine im Wesentlichen maritime Domäne. 3. Wahl zwischen einer proaktiven regionalen Meerespolitik oder einer reaktiven zu der von China. 4. China durch ein regional sensibles konstruktives Engagement balancieren. 5. Den geopolitischen Anstrengungen Chinas, dem "capacity-building", mit dem regionalen geopolitischen Anstrengungen Indiens, dem "capability-enhancement" entgegenwirken. Danach sprach Botschafter Vijay Nambiar über die diplomatischen Optionen Indiens. Der demokratische Charakter Indiens müsse bewahrt werden, um in Zukunft erfolgreich zu sein. Er wies darauf hin, dass das, was in China passiert, kein Traum der Chinesen ist, sondern der der Kommunistischen Partei unter Xi Jinping. Trotz des ideologischen Gegensatzes müssten aber auch China und Indien versuchen, ein partnerschaftliches Verhältnis zu haben. Trotz der guten Beziehung zu den Vereinigten Staaten besteht immer noch Unsicherheit darüber, wie sehr sich Indien auf die USA verlassen kann, erklärte er. ASEAN wird eine freie und offene Meeresregion fördern und sei daher einer der wichtigsten Partner Indiens in der Region.

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Peter Rimmele

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13. Dezember 2017
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