Veranstaltungsberichte
Constanze Kurz weiß Bescheid über ihre Rechte im Internet. Als Sprecherin des Hackervereins Chaos Computer Club sind ihr sowohl die Möglichkeiten als auch Gefahren im virtuellen Raum bewusst. „Jeder hat das Recht auf Privatsphäre – gerade im Netz“, sagte sie zu Beginn des Workshops. Schon am Abend zuvor hatte Kurz in einer öffentlichen Vorlesung auf dem Campus über die Spuren gesprochen, die unsere Daten im Netz hinterlassen. Bereits hier wurde ihr Standpunkt deutlich: Zu wenige Menschen nutzen die Rechte im Internet für sich. Zum Teil seien sie sich dessen nicht bewusst, andererseits sei es wichtig, Alternativen zu den üblichen Programmen zu kennen. Vor allem solche, die persönliche Daten schützen, sagte Kurz. Internet-Regulierung sei nicht per se schlecht, könne aber auch Gefahren bergen, wie zum Beispiel den schmalen Grat zur Zensur.
Spätestens seit den Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters und „Whistleblowers“ (Hinweisgeber) Edward Snowden ist das Ausmaß der weltweiten Überwachung und Spionage durch Geheimdienste bekannt. Seine Enthüllungen lösten im Juni 2013 den NSA-Abhör-Skandal aus, bei dem überwiegend die Geheimdienste in den Vereinigten Staaten und Großbritannien für das Abgreifen und Speichern von Nutzerdaten im Internet kritisiert wurden. Auch viele der Workshop-Teilnehmer, die aus juristischen, wissenschaftlichen oder zivilgesellschaftlichen Berufen kamen, fürchten eine Überwachung ihrer Privatsphäre im Internet. Deshalb sollte der Workshop für die Spannweite zwischen Zensur und Meinungsfreiheit sensibilisieren. Schon am Abend zuvor twitterten die Zuhörer der Vorlesung unter dem Hashtag #yourdatatrail zum Teil überrascht, zum Teil alarmiert über die Möglichkeiten Dritter, sensible Informationen im Internet abzugreifen.In der Diskussion unter den Teilnehmern wurde schnell klar: Wer im Internet unterwegs ist, scheint überfordert mit der Frage, welche persönlichen Daten preisgegeben werden sollten. Um sich an der Debatte über wirksame Regeln beteiligen zu können, helfe es, Fachwörter zu kennen, riet Expertin Kurz. Das sei auch gerade für Juristen von Vorteil. Denn Gesetze bilden die Grundlage für die mögliche Regulierung oder den Schutz der Privatsphäre im Internet.
Immer noch seien Begriffe wie „Netzneutralität“ oder „algorithmische Diskriminierung“ Fremdwörter. Dabei kommt zwangsläufig jeder Internet-Nutzer damit in Verbindung. Denn beim Surfen über die Suchmaschine entscheiden die vorher aufgerufenen Seiten über das anschließende Ergebnis bei der Recherche im Netz. Und dieses ist für jeden ein anderes. Constanze Kurz erklärte die algorithmische Diskriminierung anhand eines Pilotprojekts in den USA. Dort hat die automatisierte Reaktion auf Notrufe dazu geführt, dass Anrufe aus einkommensschwachen Gegenden niedriger priorisiert wurden, egal um welchen Notruf es sich inhaltlich handelte.
Auch soziale Medien standen im Fokus des Workshops. Sie gewinnen bei Wahlen in Subsahara-Afrika zunehmend an Bedeutung. In Uganda beispielsweise hat die Regierung am Wahltag alle Zugänge zu sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook blockiert. Der Direktor des Media Monitoring Africa-Programms und Organisator der Veranstaltung an der Wits Universität, William Bird, hält wegen eben solcher Beispiele eine grundlegende Diskussion über die Regulierung im Internet und deren Folgen für die Gesellschaft für notwendig. Die Digitalisierung sei auch in Afrika angekommen. Sie habe viele Vorteile, aber auch negative Konsequenzen, über die sich ein Großteil der Nutzer noch nicht bewusst sei, sagte Bird. In Deutschland habe die öffentliche Auseinandersetzung geholfen, vielleicht auch in Afrika, äußerte sich Kurz dazu. Es sei wichtig, das Bewusstsein der ganzen Gesellschaft für das Thema „Netzsicherheit“ zu schärfen.Konsens am Ende des Workshops war vor allem, dass klare Regeln im Umgang mit dem Internet immer notwendiger werden. In Gruppen erarbeitet schlugen die Teilnehmer konkrete Maßnahmen vor, wie in Zukunft die Sicherheit im Internet besser gewährleistet werden kann: Einfach formulierte und übersichtliche Regeln zum sicheren Surfen im Netz oder ein öffentlicher Video-Spot, der auf das Thema aufmerksam macht waren beliebte Vorschläge. In Südafrika seien klare Regeln zwar schon formuliert, doch zu wenige Internet-Nutzer kennen sie, so das vorherrschende Bild in den Arbeitsgruppen. Mit dem Workshop seien die Sicherheit und der Schutz der Privatsphäre im Internet zumindest schon einmal in den Köpfen der Teilnehmer angekommen, sagte Bird. Das bilde eine gute Basis für weitere Diskussionen in der gesamten Gesellschaft.