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Keine Sehnsucht nach der DDR

Ergebnisse der Umfrage (1), wie die Deutschen in Ost und West die deutsche Einheit beurteilen

Vor 30 Jahren fiel die Mauer, der Untergang der DDR wurde unaufhaltsam und ein Jahr später feierte Deutschland die Wiedervereinigung. Doch ist das Zusammenwachsen ein mitunter holpriger Prozess, da die jeweiligen Erfahrungen, Biografien und letztlich auch die Sozialisationen in beiden Landesteilen sich nach wie vor in Einstellungen und Verhaltensweisen widerspiegeln.

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Bereits vor 20 Jahren hat die Konrad-Adenauer-Stiftung danach gefragt, ob die deutsche Einheit eher positiv oder eher negativ bewertet wird. Und hier ist der Befund über die Zeit sowie im Osten und Westen erstaunlich stabil. Im Osten und im Westen bewerten 72 Prozent die Einheit positiv. 1999 lag der Wert bei 75 Prozent. Der Anteil negativer Bewertungen liegt bei fünf Prozent und ist damit gegenüber 1999 gesunken, als sich noch 13 Prozent negativ äußerten. Angestiegen ist der Anteil derjenigen, welche Vor- und Nachteile sehen auf heute 22 Prozent (1999: 12 Prozent).

Auch andere zentrale Bewertungen über den Mauerfall und die Wiedervereinigung sind erstaunlich stabil. 80 Prozent der Ost- wie Westdeutschen halten die friedliche Revolution für einen Glücksfall in der deutschen Geschichte. Dies ist der gleiche Wert wie 2009, wo ebenfalls eine Untersuchung gemacht wurde. Für diejenigen, die den Mauerfall erlebt haben, verbleibt er auch in der Erinnerung als ein sehr bewegender Moment. Vor allem für die älteren Befragten trifft dies zu. Von den über 75-Jährigen stimmen 90 Prozent der Aussage zu, der Fall der Mauer sei ein bewegender Moment gewesen. In den jüngeren Altersgruppen verblasst die Erinnerung ein wenig. Bei denjenigen, die beim Mauerfall zwischen 15 und 24 Jahre alt waren, sagen aber immer noch drei Viertel, dass es für sie ein bewegender Moment gewesen sei. Selbst diejenigen, die für eigene Erinnerungen zu jung sind, können zu großen Teilen das Bewegende des Mauerfalls emotional teilen (in den jüngeren Altersgruppen schwanken die Werte zwischen 35 und 47 Prozent). Gleichermaßen sieht man, dass die wahrgenommenen Unterschiede zwischen den Menschen im Osten und Westen schwächer geworden sind. 57 Prozent der Westdeutschen (2009: 49 Prozent) stimmen der Aussage zu, die Menschen in Ost- und Westdeutschland seien sich nach der Wiedervereinigung nähergekommen. Das sehen 2019 auch 50 Prozent der Ostdeutschen so (2009: 42 Prozent). Nur eine Minderheit von 11 Prozent (sowohl in den alten als auch in den neuen Ländern) glaubt nicht, die Menschen seien sich nähergekommen.

Zugenommen hat in den neuen Ländern der Anteil derjenigen, die sagen, die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost- und Westdeutschland sei in den letzten Jahren vorangekommen. Dies sagen 2019 47 Prozent der Ostdeutschen. 2009 lag der Wert bei 40 Prozent. Lediglich eine Minderheit von sieben Prozent stimmt dieser Aussage überhaupt nicht zu. In den alten Ländern stimmen 2019 55 Prozent dieser Aussage zu, was etwa dem Niveau von 2009 von 59 Prozent entspricht. Dass es den Ostdeutschen nach der Wiedervereinigung auch materiell besser geht sagen im Westen 64 Prozent und im Osten 61 Prozent. Während die Bewertung im Westen weitgehend stabil ist, ist der Anteil in den neuen Ländern angestiegen. 2009 sahen 49 Prozent im Osten materielle Verbesserungen.

Einige Befunde haben sich gegenüber 2009 hingegen eingetrübt. 65 Prozent der Westdeutschen (2009: 68 Prozent) und 57 Prozent der Ostdeutschen (2009 66 Prozent) sind der Ansicht, die Wiedervereinigung sei alles in allem erfolgreich verlaufen. Hier zeichnet sich im Zeitverlauf eine etwas kritischere Sicht der Ostdeutschen ab.

Klassische DDR-Nostalgie findet sich nur bei einer Minderheit. Gerade einmal 4 Prozent sehnen sich häufig  nach der DDR zurück (West: 4 Prozent, Ost: 5 Prozent). In den neuen Ländern sehnen sich 56 Prozent nie nach der DDR, in den alten Ländern sind es 79 Prozent. Ähnlich unterschiedlich zwischen den Landesteilen fällt auch das Image der DDR aus. 37 Prozent der Befragten in den neuen Ländern sagen, dass in der DDR vieles besser gewesen sei (stimme voll und ganz zu und stimme eher zu). In den alten Ländern beträgt der Anteil 9 Prozent. Da die Jüngeren sich von den Älteren kaum unterscheiden, scheinen auch nicht eigens gemachte Erfahrungen sich auszuwirken und es eine Ost- und eine Westerzählung zu geben.

Die Art des Umgangs miteinander wird je nach Landesteil ebenfalls differenziert bewertet. 29 Prozent der im Westen Befragten, stimmen zu, dass Westdeutsche Ostdeutsche von oben herab behandeln würden. Das Gefühl, dass Westdeutsche arrogant sind, haben sogar 44 Prozent der im Osten Befragten (stimme voll und ganz zu und stimme eher zu). Dass Westdeutsche nicht verstehen, was Ostdeutsche zu DDR-Zeiten geleistet haben, sehen 72 Prozent im Osten; im Westen 46 Prozent. Geringer fällt die Differenz bei der Aussage aus, dass Westdeutsche nicht verstehen, was Ostdeutsche zu DDR-Zeiten durchgemacht haben. Hier stimmen im Westen 58 Prozent und im Osten 66 Prozent zu.

Dies macht deutlich, dass vor allem die in der DDR erbrachte Leistung für die Ostdeutschen ein hoher Wert ist. Auch wenn einige der Ansicht sind, dass in der DDR vieles besser war, ist die Sehnsucht nach der DDR nicht vorhanden. Die meisten Einstellungen gegenüber dem Mauerfall und der Wiedervereinigung sind weitgehend stabil. Die deutsche Einheit und der Mauerfall werden mit großer Zustimmung positiv bewertet. Auch in emotionalen Fragen, scheinen sich die Deutschen nähergekommen zu sein und auch die materiellen Rahmendaten werden positiver wahrgenommen.

 

(1) Vom 18.9.2019 bis zum 7.10.2019 wurden 2.040 telefonische Interviews von Kantar/Emnid geführt. 1016 Interviews wurden in den alten und 1024 Interviews in den neuen Ländern geführt. Die Umfrage ist repräsentativ für Wahlberechtigte

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Dr. Viola Neu

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Stellvertretende Leiterin Analyse und Beratung,
Leiterin Wahl- und Sozialforschung

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