Wolfgang Schäuble habe länger als jeder andere und in mehr unterschiedlichen jeweils herausragenden Ämtern als jeder andere die Bundesrepublik geprägt – vor, während und nach der Wiederherstellung der Deutschen Einheit.
Mit diesen Worten eröffnete Prof. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, am 23. September 2024, die Veranstaltung „Erinnerungen. Mein Leben in der Politik.“ zur Würdigung Wolfgang Schäubles, zu der die Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit dem Klett-Cotta Verlag einlud.
In Anwesenheit von Ehefrau Ingeborg Schäuble und vielen Weggefährten würdigte anschließend Friedrich Merz, Vorsitzender der CDU Deutschlands und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, das politische Wirken Wolfgang Schäubles. Er betonte dabei, dass Wolfgang Schäubles Lagereinschätzungen, seine Zielvorstellungen und seine Begründung für diese politischen Ziele auch in der heutigen Zeit nichts an ihrer Gültigkeit und Orientierungskraft verloren hätten und dass genau diese Orientierungskraft und Weitsicht Kern der politischen Arbeit Schäubles waren.
Mit dem Optimisten Wolfgang Schäuble auf die welt- und innenpolitischen Ereignisse der letzten Monate zu blicken, heißt: „zuversichtlich zu sein bezüglich der Lösungskompetenz der parlamentarischen Demokratie; zuversichtlich im Wissen um die Lernfähigkeit demokratischer Gesellschaften, sowie ihrer Fähigkeit auch zur Selbstkorrektur“, so Merz weiter. Wolfgang Schäuble war ein „leidenschaftlicher Pragmatismus“ zu eigen, so wie es der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in seiner Rede im Deutschen Bundestag anlässlich des Staatsaktes zu Ehren von Wolfgang Schäuble formuliert hatte. „Das war Wolfgang Schäuble – eine Vision, fest verankert im Pragmatismus“. Sein politisches Handeln habe er stets vom Möglichen aus gedacht. Er habe immer auch kritisch auf Politik geblickt und betont, dass der Weg des geringsten Widerstandes nicht der beste Weg sei. Eine Politik, die unpopuläre Entscheidungen um jeden Preis vermeidet, war für Wolfgang Schäuble keine gute Politik gewesen.
Fredrich Merz endete mit einem Zitat aus Wolfgang Schäubles Biographie: „Bisweilen wünschte ich mir schon ein mehr an Wagnis angesichts verkrusteter Gewohnheiten in einer in vielem satt gewordenen Gesellschaft.“ Besser könne man den Auftrag, den Wolfgang Schäuble auch an uns, an die, die wir heute in der Verantwortung stehen, nicht formulieren.
Im anschließenden Podiumsgespräch, moderiert von Franca Lehfeldt, diskutierten Friedrich Merz, Baden-Württembergs Finanzminister Dr. Danyal Bayaz und ZEIT ONLINE-Redaktionsleiterin Anne Hähnig über zentrale Ereignisse von Schäubles politischem Wirken. Themen waren die Wiedervereinigung, der Aufstieg des Rechtspopulismus sowie die Herausforderungen der Finanz- und Haushaltspolitik. Hähnig hob hervor, dass der Erfolg der AfD kein rein ostdeutsches Phänomen sei, sondern auf ein gesellschaftliches Misstrauen gegenüber der Tendenz zur politischen Globalisierung zurückzuführen sei. Schäuble habe bereits in den 90er-Jahren vor den Gefahren einer überzogenen Asylrhetorik gewarnt, die Extremisten stärken könne.
Dr. Bayaz betonte Schäubles bedachte, aber konsequente Art. Schäuble habe stets die Realität im Blick gehabt und Kompromisse gesucht, wenn sie notwendig waren. In der aktuellen politischen Landschaft forderte er ein verantwortungsvolleres Miteinander, um die politische Mitte zu stabilisieren.
Friedrich Merz betonte abschließend, dass er Schäuble als wichtigen Ratgeber und Weggefährten vermisse. Besonders seine Loyalität und sein unermüdlicher Einsatz für seine Überzeugungen seien vorbildlich gewesen.
Der Abschluss der Veranstaltung verdeutlichte den tiefen Respekt und die bleibende Relevanz von Wolfgang Schäubles politischem Erbe.
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