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Veranstaltungsberichte

Grüne Urbanisierung in China: eine andere Zukunftsvision?

von Johannes Vogel

Studienreise internationaler Studierender in chinesische Metropolen

Mit Bildern ihrer von Verkehrschaos und Luftverschmutzung geplagten Metropolen macht die Volksrepublik China regelmäßig Schlagzeilen. Doch angesichts schärferer Umweltstandards der chinesischen Zentralregierung schlagen lokale Verwaltungen und Organisationen eigenständig klimafreundliche und ressourcensparende Wege in der Stadtentwicklung ein. Diese sehr dynamische Szene wird immer stärker wahrgenommen. KAS RECAP und das Hong Kong-America Center der CUHK luden Studierende aus Asien, Europa und den USA ein, die große Vielfalt neuer urbaner Räume in Zentral- und Südostchina zu erkunden.

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In den vergangenen Jahren hat China sich zunehmend als globaler Vorreiter im Kampf gegen den Klimawandel positioniert und in zahlreichen Feldern Maßnahmen zur Einsparung von Ressourcen und Emissionen umgesetzt. Nachhaltige Stadtplanung und -gestaltung ist eine Schlüsselkomponente der Klimapolitik der VR China. Chinesische Metropolen liefern sich ein Wettrennen um die Entwicklung eigenständiger Konzepte, die auch international Beachtung finden. Zahlreiche Projekte – von innovativen Nahverkehrskonzepten und der Erzeugung erneuerbarer Energien im urbanen Raum bis hin zu komplett neu errichteten „Ökostädten“ am Rande von Metropolen – werden gegenwärtig umgesetzt.

Diese Projekte und die daraus gewonnen Erfahrungen bieten wertvolle Impulse für die Stadtentwicklung in anderen Ländern Asiens, aber auch in andereren Kontinenten, etwa in Afrika. KAS RECAP veranstaltete deshalb gemeinsam mit dem Hong Kong-America Center (HAC) eine Studienreise für zukünftige Entscheidungsträger aus Asien, Europa und den USA. Die Studenten, Doktoranden und Berufseinsteiger zahlreicher Fachrichtungen hielten sich zwei Wochen lang in vier chinesischen Städten mit eigener Geschichte und sehr unterschiedlichen Herausforderungen auf. Zahlreiche Feldbesuche von Infrastrukturprojekten im Verkehrs-, Energie- und Bauwesen sowie von Forschungs- und Stadtplanungsinstituten brachten den Teilnehmern die jeweiligen Konzepte aus verschiedenen Blickwinkeln näher. Durch Gespräche mit Initiativen aus der Bevölkerung und verantwortlichen Politikern und Beratern gewannen sie Einblicke in die Hintergründe, Umsetzung und den bisherigen Verlauf der Projekte.

Um die komplexe Entwicklung chinesischer Städte interdisziplinär zu untersuchen, bildeten die Teilnehmer fünf Arbeitsgruppen zu den Themen bebautes Umfeld, städtische Infrastruktur, Stadtplanungspolitik, Wirtschaft/Finanzierung und Technologie. Die Gruppen gingen während der Studienreise spezifischen Fragestellungen zu ihrem Thema nach und legten ihre Erkenntnisse in einem Bericht dar. Die Ergebnisse werden in Form von Empfehlungen für zukünftige Stadtplanungen zusammengefasst.

Hongkong bildete den Auftakt der Reise. Die Sonderverwaltungszone hat aufgrund ihres besonderen politischen Status viele Möglichkeiten, nachhaltige politische Agenden eigenständig umzusetzen. Aktuelle Planungsgrundlage ist ein integratives Konzept für eine klimafreundliche Entwicklung bis 2030. Auf dem Programm standen Besichtigungs- und Gesprächstermine bei zahlreichen städtischen Einrichtungen: einem öffentlichen Nullemissionsgebäude, dem Hongkonger Flughafen, der städtischen Wetterwarte, einem Kohlekraftwerk, einem Solarpark und einem Forschungszentrum für erneuerbare Energien. Ein Treffen mit Frau Christine Loh, der ehemaligen Unterstaatssekretärin für Umwelt der Hongkonger Stadtregierung, rundete das Programm ab.

Am letzten Tag in Hongkong hieß es für die Studierenden, sich kreativ mit Kozepten einer autofreien Stadt auseinanderzusetzen. In einem eigenständigen Workshop unter Mitwirkung einer italienischen Design-Professorin der Tongji-Universität Shanghai gestalteten die Teilnehmer Collagen, in denen sie ihre Vorstellungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung verdichteten. Zu dieser Veranstaltung finden Sie einen eigenen ausführlichen Bericht.

Der folgende Teil der Studienreise bildete einen starken Kontrast zu den Erfahrungen in Hongkong. Die Nachbarstadt Shenzhen untersteht zwar der Kontrolle der Pekinger Zentralregierung, hat allerdings viel von Hongkongs früherer wirtschaftlicher Dynamik übernommen und ist jetzt auch bei stadtplanerischen Innovationen auf dem Überholkurs. Aushängeschild ist ein nach ökologischen Gesichtspunkten neu errichteter Stadtteil – die „Low Carbon City“. Diese junge Stadt war auch das erste Pilotprojekt für die chinesische Emissionshandelsbörse. Gespräche fanden neben der Börse auch bei der Chinesischen Akademie für Naturwissenschaften statt.

Einen Blick über Südostchina hinaus ermöglichte die nächste Station der Studienreise, das zentralchinesische Wuhan. Die Metropole ist schon heute dem durch den Klimawandel veränderten Wasserstand und der Schadstoffbelastung des Jangtse ausgesetzt. Die Universität Wuhan gestaltete ein vielfältiges Programm an den Instituten für Umweltrecht, Energiewirtschaft und erneuerbare Energien.

Das letzte Ziel der Reise lag wieder im Südosten Chinas. In Guangzhou, dem Zentrum des Perlfluss-Deltas, hatten die Teilnehmer die Gelegenheit zur Teilnahme an der 12. Chinesischen Konferenz für Urbanes Wohnen. Die Veranstaltung brachte internationale Stadtplanungsexperten und Studierende zusammen, um aktuelle Trends einer integrativen, sozial und ökologisch orientierten Stadtentwicklung zu diskutieren. Auf einer lokalen Exkursion konnte zum einem ein nach neuesten energietechnischen Standards erbauter Wolkenkratzer, und zum anderen ein altes Stadtviertel besichtigt werden, das klimafreundlich saniert wurde. Ihren Abschluss fand die Studienreise in einem Workshop, bei dem die fünf Themengruppen sich gegenseitig ihre Erkenntnisse vorstellten und ihre Eindrücke diskutierten.

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Dr. Peter Hefele

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