Zu Beginn der Veranstaltung unterstrich Herr Dr. Fischer-Bollin, Hauptabteilungsleiter Analyse und Beratung, die Notwendigkeit das Thema Künstliche Intelligenz in Europa weiter voranzutreiben. Angesichts eines sich zuspitzenden Wettbewerbs der Systeme und den Folgen der Covid-Pandemie müsse Europa sich als ein führender KI-Innovationsstandort positionieren, um seine wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und politische Gestaltungsfähigkeit zu erhalten. Dabei gilt das Motto, dass man aber nicht nur eigene realistische Ansprüche formulieren, sondern diese europäisch und zusammen mit Partnern auch umsetzen muss.
Nach den einleitenden Worten stellten Olaf Groth und Tobias Straube die Ergebnisse der Studie vor. Gleich zu Beginn betonten die Autoren der Studie, dass Europa mit seinem menschen-zentrierten Ansatz bedeutende Stärken aufweist. Sei es dabei im Bereich von KI-Talenten, Daten, Kommerzialisierung, Forschung & Entwicklung oder Rechenleistung. Gleichzeitig werden diese Stärken aber nicht ausreichend genutzt. So weist Europa zwar eine sehr gute Grundlagenforschung im KI-Bereich auf und bildet entsprechend hoch-qualifizierte KI-Fachkräfte aus. Von Letzteren gibt es allerdings nicht nur zu wenige. Viele Fachkräfte, allen voran führende Spitzenwissenschaftler, verlassen Europa und bringen ihre Expertise anderswo ein, z.B. in den USA. Weiterhin zeigt sich, dass in Europa zwar mehr wissenschaftliche KI-Veröffentlichungen als China oder die USA produziert werden, die jedoch weniger Einfluss auf den weltweiten KI-Forschungsdiskurs haben.
Ähnliches zeigt sich auch mit Blick auf den Bereich Daten. Während Europa das Potenzial besitzt, neben den USA und China ein führender Wirtschaftsraum für daten-getriebene Geschäftsmodelle zu sein, ist die hierfür u.a. notwendige Verfügbarkeit qualitativ hochwertiger und großer Datenpools noch unzureichend. Darüber hinaus hemmt aber auch der noch immer unvollendete digitale Binnenmarkt die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen KI-Standorts erheblich. Gerade wenn Europa seinen menschen-zentrierten Ansatz etablieren will, ist es notwendig, Rahmenbedingungen zu schaffen, die diesen Ansatz mit skalierbaren Geschäftsmodellen unterfüttern. Gleichzeitig sei es wichtig, Rahmensetzungen wie etwa die GDPR in Zukunft effektiver durchzusetzen. Um die Potenziale Europas zu heben, sei es letztlich erforderlich in all den bereits genannten Bereichen – KI Talent, Daten, Kommerzialisierung, Forschung & Entwicklung, Rechenleistung – nachzusteuern.
In der Diskussion der Ergebnisse und konkreten Handlungsempfehlungen unterstrich Axel Voss MdEP, dass Europa seine gesteckten Ziele nur erreichen wird, wenn es geschlossener handelt und den digitalen Binnenmarkt endlich vollendet. Angesichts des sich global zuspitzenden Wettbewerbs und beschleunigenden digitalen Transformation, sei keine Zeit mehr für nationale Alleingänge und Sonderwege. Letztlich mahnte Axel Voss MdEP, dass trotz aller Stärken nicht nur mehr getan werden müsse, sondern vieles schneller und europäischer angegangen werden muss.
Dr. Tanja Emmerling (Partnerin beim HighTech-Gründerfonds) wiederum hob hervor, dass es für Europa entscheidend sei, Schwerpunkte im Bereich KI so zu setzen und europäisch zu koordinieren, dass Europa aufbauend auf vorhandenen Strukturen komparative Vorteile gegenüber den USA und China besser nutzt. So bietet etwa die hohe Kompetenz im Industrie- und Logistiksektor und Busniness-to-Business Bereich einen wichtigen Ansatzpunkt, um eigene Sektoren mit KI zu „upgraden“. Später unterstrich Dr. Tanja Emmerling, dass Europa insbesondere auch den Sicherheitssektor zu wenig Aufmerksamkeit schenkt. Ist dieser Sektor doch in vielen anderen Staaten – USA, Israel aber auch China - ein Innovationstreiber, von dem das gesamte KI-Innovationsökosystem profitieren kann.
In seinen Beiträgen hob Werner Stengg (Europäische Kommission, Mitglied des Kabinetts der stv. EU-Kommissionspräsidentin Margrethe Vestager) hervor, dass er zwar ebenso Handlungsbedarf sieht. Gleichzeitig stellte er aber heraus, dass die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen in vielen Bereichen sehr aktiv sei, um die in der Studie angesprochenen Defizite zu beheben. Neben der Fortschreibung des KI-Weißbuchs, der Arbeit an einer EU-Datenstrategie und neuen regulatorischen Rahmensetzungen wie dem Digital Services Act und Digital Market Act seien außerdem Initiativen zur Förderung von Hochleistungsrechnern und Quantencomputern zu nennen oder auch der Aufbau europäischer Dateninfrastrukturen in Anknüpfung an GAIA-X. Aus Sicht von Herrn Stengg hat die Kommission bereits eine neues Kapitel aufgeschlagen, in dem man gezielt europäische Kapazitäten und Fähigkeiten aufbaut, die den europäischen, menschen-zentrierten Ansatz stärken. Mit Blick auf die Zukunft äußerte sich Herr Stengg optimistisch. Sieht er doch gute Chancen, dass es Europa gelingt, ein KI-Innovationsökosystem der Exzellenz und des Vertrauens aufzubauen, das mit den USA und China konkurrieren kann.
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