Länderberichte
Mehr als 50 Prozent der etwa 970 Kilometer langen Grenze zwischen den beiden Staaten sind 22 Jahre nach der Unabhängigkeit von der ehemaligen Sowjetunion nicht eindeutig aufgeteilt.
In den Staaten der früheren Sowjetunion gibt es eine Vielzahl ungelöster Gebietskonflikte. Die Republik Moldau und die Ukraine streiten um die Region Transnistrien. Zwischen Aserbaidschan und Armenien schwelt der Konflikt um die Enklave Berg-Karabach. Georgien und die Russische Föderation konkurrieren um die Gebiete Abchasien und Südossetien.
Das Ferganatal im Länderdreieck Usbekistan, Tadschikistan und Kirgistan steht seit Jahren im internationalen Blickpunkt. Die Mischung aus knappen Ressourcen, insbesondere in Form von Land und Trinkwasser, unklaren Grenzverläufen und rivalisierenden Volksgruppen verursacht seit Jahren Spannungen, die sich immer wieder in Konflikten entladen. So forderten Auseinandersetzungen zwischen Usbeken und Kirgisen in der kirgisischen Stadt Osch im Jahr 2010 hunderte Todesopfer.
Mit ungefähr zwölf Millionen Einwohnern lebt etwa ein Fünftel der Bevölkerung Zentralasiens im Ferganatal. Die Bevölkerungsdichte entspricht nahezu dem Siebenfachen der durchschnittlichen Bevölkerungsdichte Usbekistans und etwa dem Doppelten der Bevölkerungsdichte Deutschlands.
Zentralasien war vor der Schaffung der Sowjetunion in feudale Khanate, also aus Stämmen bestehende, staatenähnliche Gebiete, gegliedert. Sie gehörten zur Großregion Turkestan, die sich vom Kaspischen Meer bis zur Wüste Gobi erstreckte. Die Sowjetunion gründete in den Jahren nach der Oktoberrevolution von 1917 fünf mittelasiatische Sowjetrepubliken.
Die Grenzen der aus ihnen 1991 hervorgegangenen fünf zentralasiatischen Staaten - Kasachstan, Kirgistan, Usbekistan, Tadschikistan und Turkmenistan - verlaufen somit ungeachtet der alten Khanatsgrenzen. Ziel der Sowjetmacht war die Schaffung einer „sowjetischen Identität“ ihrer neuen Republiken, was bis heute zu den beschriebenen Spannungen zwischen den unterschiedlichen Volksgruppen führt.
Der gegenwärtige Konflikt zwischen Kirgistan und Tadschikistan ist noch nicht ausgestanden. Zwar arbeitet derzeit eine kirgisisch-tadschikische Kommission in der kirgisischen Hauptstadt Bischkek an einer diplomatischen Lösung des Problems. Doch beide Länder erhöhten in den letzten Tagen gleichzeitig die Anzahl ihrer Sicherheitskräfte im umstrittenen Gebiet. Kirgistan ließ Schulen nahe der Grenze zu Tadschikistan schließen. Weitere Ausschreitungen sind nicht auszuschließen.