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Baccouche fordert europäische Unterstützung

Der Sprecher der tunesischen Übergangsregierung zu Gast in der Akademie der KAS

Der „Arabische Frühling“ hält sich nicht an Jahreszeiten: Mitten im Winter hat er begonnen, am 14. Januar 2011 in Tunesien mit dem Sturz Ben Alis. Mitten im Sommer 2011 ist es allerdings immer noch ungewiss, ob und wie viele Blüten dieser Frühling hervorbringen wird. Wie die aktuelle Situation im Ursprungsland Tunesien ist, darüber hat Taieb Bacchouche, Minister für Erziehung und Sprecher der tunesischen Übergangsregierung, in der KAS-Akademie in Berlin rund 200 Zuhörer informiert.

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Der Minister machte in seiner Ansprache deutlich, wie wichtig die Unterstützung Europas ist, um die tunesische Revolution erfolgreich abschließen zu können. „Tunesien ist ein Vorbild für die arabischen Völker, eine neue Option der Revolution, friedlich und progressiv, mit wenigen Opfern“, sagte er. Bei vielen Ursachen sei es letztlich die hohe Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen gewesen, die die Revolution ausgelöst hat. Daher sei die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation die wichtigste Grundlage, um eine demokratische Transformation zu erreichen.

„Tunesien möchte seine Beziehung mit den großen internationalen Bündnissen stärken, vor allem mit der Maghreb-Union und der EU“, sagte Baccouche. Eine echte Partnerschaft mit diesen Bündnissen müsse sich sowohl auf wirtschaftlichen als auch auf kulturellen Austausch beziehen. Zudem sei der Kampf gegen den internationalen Terrorismus und die Beförderung von Demokratiebewegungen ein gemeinsames Anliegen, so Baccouche.

Die Gemeinsamkeiten stellte auch Ruprecht Polenz MDB, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag, in den Vordergrund seines Kommentars: „Arbeit, Würde und Freiheit – dies waren die Parolen der Demonstranten, und diese Werte teilen wir.“ Das Mittelmeer dürfe nicht als Trennung, sondern müsse als Verbindung zu Nordafrika betrachtet werden.

Gleichzeitig gebe es aber auch handfeste deutsche und europäische Interessen in Tunesien, so Polenz: Wirtschaftlich im Bereich von Energiegewinnung und Export, strategisch bei der Sicherheit Israels und der Vermeidung von Flüchtlingsströmen. „Tunesien ist in diesen Bereichen ein Schlüsselland, nicht nur weil die Revolution dort begonnen hat, sondern auch, weil es dort einen klaren und transparenten Fahrplan gibt“, sagte Polenz.

Dieser Fahrplan und die aktuelle innenpolitische Diskussion waren die Hauptthemen bei der Diskussion mit dem Publikum, die von rbb-Inforadio-Moderatorin Sabine Porn geleitet wurde. Dabei deutete sich an, dass sich der vorgesehene Termin für die Wahl der verfassungsgebenden Versammlung am 24. Juli auf einen etwas späteren Zeitraum verschieben könnte. Damit soll vor allem neugegründeten Parteien die Chance eingeräumt werden, sich noch etwas besser auf die Wahl vorzubereiten. Die Versammlung hat dann die Aufgabe, Parlamentswahlen im Oktober vorzubereiten, wie Baccouche deutlich machte. Ruprecht Polenz lobte in diesem Zusammenhang, dass für die Aufstellung der Kandidaten eine 50:50-Quote für den Anteil von Männern und Frauen gilt. Zudem diskutiert die Übergangsregierung gerade über Werte, denen sich alle zur Wahl stehenden Parteien verpflichten müssen.

Zweites Hauptthema der Diskussion war der Einfluss der islamistischen Partei Ennahda, die Anfang März nach 20-jährigem Verbot in Tunesien wieder zugelassen wurde. Baccouche sagte hierzu, dass die Partei zwar rhetorisch demokratische Forderungen übernommen habe, die Parteibasis allerdings an Forderungen wie der Kopftuchpflicht für Frauen festhalten würde. Gleichzeitig betonte er, dass die Wahl mit großer Sicherheit keine alleinige Macht für eine Partei bringen wird, so dass auf jeden Fall Kompromisse gefunden werden müssen. Ruprecht Polenz ergänzte, dass Europa jede demokratisch gefällte Entscheidung akzeptieren muss. Allerdings würden die europäischen Interessen auch gegenüber jeder Regierung gleich formuliert werden.

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Thomas Birringer

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Leiter Auslandsbüro Ukraine

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