Veranstaltungsberichte
Der Leiter des Auslandsbüros Ungarn der Konrad-Adenauer-Stiftung, Frank Spengler, und der Generaldirektor des KKI, Márton Schőberl, begrüßten die Gäste und führten in die Debatte ein. Dr. István Mikola, Staatssekretär für Sicherheitspolitik und Internationale Kooperation im Ministerium für Außenwirtschaft und Auswärtige Angelegenheiten, erläuterte zunächst den Gegenstand der Verhandlungen sowie die Position Ungarns, die er auch bei einem informellen Treffen der EU-Wirtschaftsminister Tags zuvor in Riga darlegte. Er betonte die Komplexität des arbeits- und zeitaufwendigen Prozesses für die Europäische Union. Im Gegensatz zu den USA säßen „auf dieser Seite 28 Verhandlungspartner am Tisch“, die eine interne Einigung herausarbeiten müssten. Insofern sei es für ihn nicht vorstellbar, dass die Verhandlungen 2016 zu einem Ende gelangen würden. Die laufende Debatte erinnere ihn an die EU-Beitrittsverhandlungen Ungarns, deren detaillierte Ausarbeitung durch zeitlichen Druck eingeschränkt wurde. Vor allem müsse die Gesellschaft durch eine transparente Arbeitsweise mit einbezogen werden.
Ferner nahm er aber auch Bezug auf die Interessen Ungarns. Das Land sei nach seiner Auffassung in einer guten Verhandlungsposition. Mikola erläuterte, dass die ungarischen Verhandlungsführer sich besonders auf die Bereiche Datenschutz, kulturelle Vielfalt und Umweltschutz konzentrierten. Demnach stünde der Anbau genveränderter Pflanzenarten in der Europäischen Union nicht zur Debatte. Die ungarische Verfassung verbietet den Einsatz von GMO. Zusammenfassend beschrieb der Staatssekretär, dass trotz noch zu klärender Fragen das Abkommen von der ungarischen Regierung unterstützt werde. Das Potential eines erfolgreichen Abkommens sei enorm. Die Wirtschaft Ungarns könnte angesichts steigender Ausfuhren erheblich vom uneingeschränkten Handel profitieren. Nach einer Umfrage des Eurobarometers befürwortete auch 62% der Bevölkerung ein solches Abkommen. „Die Gespräche hätten viel Fahrt aufgenommen“, ausstehende Detailfragen müssten geklärt werden, resümierte er.
In der anschließenden Podiumsdiskussion beleuchteten die Referenten die verschiedenen Perspektiven des Transatlantischen Freihandelsabkommens. Einigkeit bestand darin, dass die Verhandlungspartner zwar an gleichen Zielen arbeiteten, diese bisher aber auf unterschiedlichen Wegen zu erreichen versuchten. Lutz Güllner, stellvertretender Referatsleiter für Information, Kommunikation und Zivilgesellschaft der Europäischen Kommission (Generaldirektion Handel), verwies auf mögliche Bedenken aus demokratischer Sicht. Aufgrund der notwendigen Ratifizierung durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente wäre das Abkommen jedoch demokratisch legitimiert. Der EU-Vertreter sprach von dem „transparentesten Abkommen, das in den vergangenen Jahren je verhandelt wurde“. Auch Jürgen Matthes, Leiter Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur am Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, äußerte sich optimistisch zu den laufenden Verhandlungen. Diese seien zwar vor allem durch regulatorische Prozesse und bürokratische Hürden geprägt. Gleichwohl sei zu beachten, dass vor allem Unternehmen des Mittelstands, die bisher nur indirekt vom internationalen Handel profitieren konnten, durch ein solches Abkommen direkt mit den USA in den Geschäftsverkehr treten könnten. Elena Bryan, die Senior Handelsvertreterin der US-Vertretung bei der Europäischen Union, bezeichnete das Freihandelsabkommen als Vereinbarung zwischen zwei hochentwickelten Partnern mit entsprechenden Standards. Es sei das erste völkerrechtliche Abkommen, das auf gleicher Augenhöhe verhandelt würde. Insofern gehe es nicht darum, die Standards in der Europäischen Union in Frage zu stellen, sondern die bestehenden Verhältnisse effizienter zu gestalten. Besondere Aufmerksamkeit fand die von Szabolcs Takács, dem Staatssekretär für Angelegenheiten der Europäischen Union Ministerpräsidentenamt, erläuterte ungarische Perspektive. TTIP könne ferner auch energiepolitische Aspekte einschließen und somit neue Wege nachhaltiger Entwicklung ermöglichen.
Moderiert wurde die Veranstaltung von der Journalistin Edit Inotai. Ein informeller Gedankenaustausch konnte im Rahmen des Empfangs fortgesetzt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass die strittigen Themen noch eine wichtige Rolle in den weiteren Verhandlungen spielen werden. Mit der Veranstaltung wurde der Diskurs in der Gesellschaft über ein mögliches Freihandelsabkommen gefördert.