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Am 28. Oktober 2018 waren die Bürgerinnen und Bürger Georgiens aufgefordert, zum letzten Mal ihr Staatsoberhaupt für die kommenden sechs Jahre direkt zu wählen. Dabei hat keiner der 25 angetretenen Kandidatinnen und Kandidaten im ersten Wahlgang die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinen können, sodass es vierzehn Tage nach der Veröffentlichung des offiziellen Wahlergebnisses durch die Zentrale Wahlkommission zu einer Stichwahl zwischen den beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen, Salome Surabischwili (38%[i]) und Grigol Waschadse (37%) kommen soll.
Vom präsidialen zum parlamentarischen System
Eine Verfassungsänderung aus dem Jahr 2017 sorgte dafür, dass sich das bisherige präsidiale System Georgiens in ein parlamentarisches ändert. Die nächste reguläre Präsidentschaftswahl 2024 wird indirekt durch eine Wahlversammlung durchgeführt. Die verringerte Machtfülle des Präsidenten hatte im Vorfeld der Wahl für viel Kritik gesorgt – nicht zuletzt durch den amtierenden Präsidenten Giorgi Margwelaschwili, der mehrmals öffentlich das vermeintliche Fehlen einer klaren Aufgabenbeschreibung des Staatsoberhauptes im neuen System bemängelte.
Dabei sollte die Reform der ersten Verfassung, die sich Georgien nach Erlangen der Unabhängigkeit 1991 gab, laut Venedig-Kommission und internationalen Verfassungsrechtlern ein Schritt in Richtung eines demokratischeren Staatswesens mit einer klareren wechselseitigen Abgrenzung der drei Staatsgewalten und einer größeren Verantwortung des Parlaments sein. Die zuvor bestehende Machtfülle des Präsidenten war sowohl unter Schewardnadse als auch unter Saakaschwili teilweise ausgenutzt worden.
Umstrittene Unabhängigkeit
Im Vorfeld war die Bedeutung der letzten direkten Präsidentschaftswahl von Vertretern des Regierungsbündnisses „Georgischer Traum“ mehrmals aufgrund der verringerten Kompetenzen des Präsidenten heruntergespielt worden. Dies war einer der angegebenen Gründe, warum Präsident Giorgi Margwelaschwili sich nach nur einer Amtszeit kein weiteres Mal zur Wahl hatte stellen wollen. Stattdessen beherrschte eine andere Personalie die Schlagzeilen: Die zunächst als unabhängig angetretene, dann aber von der Partei des Milliardärs Bidzina Ivanischwili unterstützte Kandidatin Salome Surabischwili. Die in Frankreich geborene Tochter georgischer Emigranten kam nach vielen Jahren im diplomatischen Dienst 2003 als französische Botschafterin nach Georgien. 2004 bat Micheil Saakawschwili den damaligen französischen Staatspräsidenten Jacques Chirac, Surabischwili für das Amt der Außenministerin in Saakaschwilis Kabinett freizustellen. Bereits 2005 kam es jedoch zum Bruch und Surabischwili wurde vom Amt der Außenministerin freigestellt.
Als einfache Parlamentsabgeordnete gründete sie daraufhin ihre eigene Partei, Georgischer Weg, deren Vorsitzende sie bis 2010 war.
In der Kritik steht sie in der georgischen Öffentlichkeit aufgrund einer Reihe von umstrittenen Äußerungen, unter anderem zum russisch-georgischen Krieg 2008 und antiklerikalen Äußerungen in der stark von der orthodoxen Kirche geprägten georgischen Gesellschaft. Diese und weitere Äußerungen hatten in den Wochen vor der Wahl zu einer starken Polarisierung innerhalb der georgischen Gesellschaft geführt.
Darüber hinaus wird in der Gesellschaft ihre Unterstützung durch die Partei „Georgischer Traum“ (GD), welche zunächst „Traditionen der europäischen parlamentarischen Republiken“ [ii] folgend keinen eigenen Kandidaten ins Rennen schicken wollten, kritisiert. Die vermeintliche Unabhängigkeit ihrer Kandidatur habe sie durch die Unterstützung der Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Bidzina Ivanischwili eingebüßt, der gegenwärtig Parteichef von GD ist. Im Straßenbild Georgiens machte sich während des Wahlkampfes ein Ungleichgewicht zugunsten Surabischsilis bemerkbar – sowohl in der Hauptstadt als auch in den Regionen war die GD-Kandidatin omnipräsent, während von den verbliebenen 24 Kandidaten lediglich zwei punktuell sichtbar waren.
Unter Federführung der Oppositionspartei UNM – Vereinte Nationale Bewegung – wurde unter dem Namen Kraft aus Einigkeit eine Koalition aus zehn kleineren Oppositionsparteien geschmiedet, die Grigol Waschadse als ihren Kandidaten nominiert hatte. Waschadse war ebenfalls unter Saakaschwili Außenminister und wurde schon im Vorfeld der Wahl als wichtigster Herausforderer von Salome Zurabischwili angesehen.
Weiterhin gute Chancen wurden dem prominenten Kandidaten der Partei „Europäisches Georgien“, Dawit Bakradse, eingeräumt, der bei der Wahl am Sonntag 11% erzielte. Bakradse war in der vorherigen Regierung Parlamentspräsident und Abgeordneter von Europäisches Georgien (EG).
Im Vorfeld der Wahl hatte es unter Vermittlung der EVP-Fraktion des Europäischen Parlaments zwischen den Parteien Vereinte Nationale Bewegung (UNM) und Europäisches Georgien (EG) die Übereinkunft gegeben, im Falle eines zweiten Wahlganges einen gemeinsamen Kandidaten zu unterstützen. Mit den am Sonntag erzielten Ergebnissen ist dieser Fall nun eingetreten.
Ungewisser Ausgang der Wahl
Trotz des im Vergleich zur 2020 stattfindenden Parlamentswahl niedrigeren Stellenwertes des jüngsten Urnengangs ist diese Präsidentschaftswahl doch ein weiterer Test der auch nach 27 Jahren noch relativ jungen georgischen Demokratie. Deren korrekter Ablauf ist ein wichtiger Faktor, die zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen und die verbreitete Unzufriedenheit über wirtschaftliche Rückschritte abzumildern. UNM konnte den Zuspruch für seinen Kandidaten graduell ausbauen, während sich die von Georgian Dream unterstützte Salome Surabishvili trotz der Regierungsmehrheit nicht im ersten Wahlgang durchsetzen konnte. Allein das kann schon als Erfolg für UNM gewertet werden, die sich mit ihrem Bündnis-Kandidaten gegen eine scheinbare Übermacht behaupten konnten. Der Zuspruch für den Kandidaten Dawit Bakradse verstetigte sich auf dem Niveau um die 10%.
Der Ausgang dieser Wahl wird als wichtiger Vorbote für die Parlamentswahl 2020 gewertet, da sich hier zeigt, ob das Land zu einem Machtwechsel nach demokratischen Standards fähig ist. Internationale Wahlbeobachter rufen deshalb für die Zeit bis zum zweiten Wahlgang alle Kandidaten zum Festhalten an demokratischen Prinzipien und Respekt gegenüber dem Willen der georgischen Bevölkerung auf. Direkt im Anschluss an die Wahl sorgte Grigol Waschadse allerdings für erneute gesellschaftliche Diskussionen: Wenn er Präsident werden sollte, wolle er den bislang in Georgien wegen Amtsmissbraucht per Haftbefehl gesuchten ehemaligen Präsidenten Micheil Saakaschwili begnadigen. Ob er sich damit für die Stichwahl gegen Salome Surabischwili gut positioniert oder doch eher selber geschwächt hat, bleibt abzuwarten.
[i] Vorläufige Endergebnisse
[ii] Quelle: http://caucasuswatch.de/news/1014.html
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Regionalprogramm Politischer Dialog Südkaukasus
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