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Verfassungsnovelle: Mehrheit in Sicht
Die Ungarische Koalition (SMK) hat nach Zugeständnissen der Regierungspartner ihre Zustimmung zur geplanten Verfassungsnovelle signalisiert. Damit dürfte die Regierung Dzurinda die im Parlament erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit (90 Stimmen) für die Verabschiedung des Gesetzeswerkes erreichen. Die Verfassungsnovelle beinhaltet vor allem folgende Punkte:
Die Stimmen der SMK sind wegen der ablehnenden Haltung der oppositionellen Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) sowie der Slowakischen Nationalpartei (SNS) ausschlaggebend für eine Annahme der Novelle. Die SMK hatte jedoch ihre Haltung von der Erfüllung politischer Forderungen abhängig gemacht.
So setzte die ungarische Koalition voraus, dass das Kabinett Dzurinda drei Forderungen in die Regierungserklärung einbezieht:
Nach mehreren Runden einigten sich die Verhandlungspartner auf einen Kompromiss.
So beschloss die Regierung, dem Akademischen Senat der Universität Nitra die Gründung einer Fakultät zur Ausbildung ungarischer Pädagogen zu empfehlen. Bratislava sicherte zudem eine finanzielle Unterstützung von 10 Millionen Kronen zu. Weitere Gelder werden wahrscheinlich aus dem Phare-Programm der EU beigesteuert.
Außerdem soll der Wortlaut der Europäischen Charta für Minderheiten- und Regionalsprachen in der Slowakei übernommen werden. Eine wesentliche Gesetzesänderung erfolgt daraus jedoch nicht: Die Charta spiegelt im Prinzip den bereits gültigen Rechtsstand in der Slowakei wieder.
In der Frage der Verwaltung von Grund und Boden unbekannter Eigentümer konnte die SMK ihre Forderungen dagegen nur bedingt durchsetzen. Künftig wird den Gemeinden lediglich ein Mitspracherecht eingeräumt. Der Staat wird jedoch weiterhin die Flächen - immerhin etwa 10 Prozent des Staatsterritoriums - verwalten. Von einer Änderung gegenüber dem bisherigen Stand kann also kaum die Rede sein.
Obwohl sie ihre Maximalforderungen nicht durchsetzte, erklärte sich die Ungarische Koalition (15 Abgeordnete) schließlich zu einer Unterstützung der Verfassungsnovelle bereit.
Scharfe Kritik an der Novelle übt weiterhin die HZDS des ehemaligen Regierungschefs Meciar: Die Partei hält die Änderungen für einen "Verrat an Staat und Nation". Die SNS dagegen kündigte an, ihre Ablehnung zumindest in einigen Punkten aufzugeben.
Moskau-Besuch: SMER in der Kritik
Der SMER-Vorsitzende und Parlamentsabgeordnete Robert Fico hat für einen Moskau-Besuch scharfe Kritik geerntet. Sprecher mehrerer Parteien wandten sich eindeutig gegen die Visite Ficos sowie weiteren SMER-Politikern, die unter anderem mit russischen Ministern Gespräche geführt hatten. Dabei vertraten sie Standpunkte, die nicht im Einklang mit der Regierung stehen.
Bei den Gesprächen mit dem russischen Atom-Minister Jevgenij Adamov und Industrieminister Alexander Dondukov ging es vor allem um Möglichkeiten der Finanzierung zur Fertigstellung des slowakischen Atomkraftwerkes Mochovce und um den von der slowakischen Regierung gestoppten Einkauf des russischen Antiraketensystems. Organisiert wurde der Besuch höchstwahrscheinlich vom ehemaligen russischen Botschafter in der Slowakei, Sergej Jastrzembskij. Jastrzembskij arbeitet derzeit als Berater von Präsident Putin.
"Es ist absolut unangebracht, dass ein unabhängiger Abgeordnete mit so hochrangigen russischen Vertretern zusammentrifft", erklärte der DS-Abgeordnete František Še-bej, gleichzeitig Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses für europäische Integration. "Mit diesem Besuch hat Fico den Interessen der Slowakei Schaden zugefügt." Der Sprecher der Neuen Generation, eines der Slowakischen Demokratischen und Christlichen Union nahe stehenden Jugendverbandes, erklärte, Fico solle die Slowakei im Ausland nicht repräsentieren, solange er kein Mandat von den Wählern habe. Außerdem sei jetzt klar, dass die Partei SMER auf Moskau ausgerichtet sei.
Als Ziel des Besuches hatte Fico die "Bewahrung einer kontinuierlichen slowakischen Regierungspolitik" angekündigt. Er sei nicht dafür, dass sich in der Slowakei mit jeder Regierung die außenpolitischen Grundelemente ändern würden.
Nach Meinung der Zeitung SME hat der Besuch Ficos in Moskau eventuell einer Zusammenarbeit der SMER (deutsch: Richtung) mit der Partei der Demokratischen Linken (SDL) den Weg bereitet. Übereinstimmende Ansichten Ficos und des SDL-Vorsitzenden Jozef Migaš seien vor allem in der Frage der Fertigstellung des Atomkraftwerkes Mochovce deutlich geworden. Eine politische Zusammenarbeit sei nach den kommenden Parlamentswahlen nicht auszuschließen, schreibt SME weiter.
Trotz Bedauerns: Schuster steht zu Beneš-Dekreten
Staatspräsident Schuster steht trotz seines Bedauerns über das Leid Unschuldiger bei der Vertreibung der Sudetendeutschen zu den Beneš-Dekreten.
Schuster betonte in einer Stellungnahme zu seinem Grußschreiben im Dezember an die Sudetendeutsche Akademie, er zweifle weder das Potsdamer Abkommen noch die Dekrete selbst an. Dort, wo er als Kind gelebt habe, seien allerdings auch unschuldige Menschen ausgesiedelt worden. Es sei aber Aufgabe der Historiker, den Verlauf der "Aussiedlung" zu bewerten.
Der slowakische Außenminister Eduard Kukan betonte, die Slowakei habe ihre Stellungnahme zu den Beneš-Dekreten nicht geändert. Der Grußbrief Schusters sei eine private Initiative gewesen und keine Ambition, die Nachkriegsdokumente zu werten.
In dem Grußbrief hatte Schuster sein Bedauern über das Leid Unschuldiger während der Vertreibungen geäußert. In tschechischen Medien hieß es anschließend, Schuster habe dadurch sowohl das Potsdamer Abkommen als auch die Beneš-Dekrete in Frage gestellt.
Fusionen und Koalitionen: Bewegung in der politischen Szene
In die slowakische politische Szene ist wieder Bewegung gekommen. So bereiten die Partei der Demokratischen Linken (SDL) und die Sozialdemokratische Partei der Slowakei (SDSS) einen Fusionsvertrag vor. Dadurch soll der Einfluss der linksorientierten Kräfte im Lande gestärkt werden. Eindeutig ist dabei, dass die SDL die Führung in der Vereinigung der Linken übernehmen will. Über die Fusionsverhandlungen hatten beide Parteien auch die Sozialistische Internationale in Wien informiert, deren Mitglieder SDSS und SDL sind.
Die Liberaldemokratische Union (LDU) strebt dagegen eine Koalition mit den Grü-nen (SZS) an. Laut LDU-Vorsitzenden Ján Budaj wollen beide Parteien gemeinsam in die Parlamentswahlen 2002 gehen. Budaj schloss auch eine Zusammenarbeit mit weiteren politischen Gruppen nicht aus.
Der Vorsitzende der Demokratischen Partei (DS), Ján Langoš, wird zum Parteitag am 17. Februar sein Spitzenamt niederlegen. Als Nachfolger schlug er seinen bisherigen Stellvertreter František Šebej vor.
Die Ungarische Koalition (SMK) ist neues Mitglied der EDU. Das beschloss die Konferenz der EDU am 18. Januar in Berlin. Weiteres Mitglied aus der Slowakei ist die KDH.
Die Slowakische Demokratische und Christliche Union (SDKU) hat währenddessen einen Beobachterstatus in der EVP beantragt. Vorsitzender der SDKU ist Regierungschef Mikuláš Dzurinda. Die beiden nach Meinungsumfragen stärksten slowakischen Parteien HZDS und SMER gehören dagegen keiner europäischer Gruppierung an.
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