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Obituary

„Jeder Tag hat neue Chancen“

Die Konrad-Adenauer-Stiftung trauert um den langjährigen Vorsitzenden der Jury des Preises Soziale Marktwirtschaft und ihres wirtschaftspolitischen Arbeitskreises, Jens Odewald, der im Alter von 83 Jahren verstorben ist.

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Jens Odewald hat die Arbeit der Stiftung mit seinem großen Netzwerk, seinem wirtschaftspolitischen Gespür und seiner Fachkompetenz über viele Jahre außerordentlich bereichert. Dass der Preis Soziale Marktwirtschaft als renommierte Auszeichnung für solche Führungspersönlichkeiten gilt, die sich eben nicht nur dem unternehmerischen Erfolg verschrieben haben, sondern auch für gesellschaftlichen Zusammenhalt einstehen, das hat die Adenauer-Stiftung seiner Sorgfalt bei der Auswahl der Preisträgerinnen und Preisträger zu verdanken.

Zugleich steht eben diese Verbindung von Gewinnstreben und Gemeinnutz auch für das Leben des umtriebigen Wirtschaftsmanagers, dessen Talent früh auffällt. Mit noch nicht einmal 40 Jahren wird er nach ersten Erfolgen bei der ESSO AG in Hamburg und beim Speditionsunternehmen Kühne und Nagel in den Vorstand des Unternehmens berufen, das er dann mit der Übernahme des Vorstandsvorsitzes 1985 massiv prägen wird: Die Kaufhof AG. Betrug der Umsatz des Unternehmens zu diesem Zeitpunkt rund 8 Milliarden Euro, schaffte Jens Odewald durch Unternehmenszukäufe wie Saturn und Media Markt einen Zuwachs auf 25 Milliarden Euro bis in das Jahr 1995. In diesem Jahr wird er das Unternehmen wegen Differenzen mit dem Anteilseigner Metro und dessen Chef Erwin Conradi verlassen. Statt eine neue Spitzenposition in der Wirtschaft zu übernehmen, entscheidet sich Odewald für die Gründung seines eigenen Unternehmens mit der Beteiligungsgesellschaft Odewald & Cie, die sich auf Investments in Mittelständische Unternehmen konzentrieren wird.

Das böse Wort der „Heuschrecke“ für Beteiligungsgesellschaften traf auf kaum einen Spitzenmanager weniger zu als auf Jens Odewald, der sich durch zwei besondere Eigenschaften immer ausgezeichnet hat: ein Bewusstsein für die Bedeutung von Politik für die Gestaltung des Gemeinwesens und ein Bewusstsein für die Verantwortung, die eben auch die wirtschaftliche Elite für eben diese Aufgabe trägt.

Jens Odewald hat sich immer massiv daran gestört, dass sich Spitzenpolitiker und Spitzenmanager gelegentlich in einer Form der „Belagerung“ und „Beargwöhnung“ gegenüberstehen, statt ihre gemeinsame Verantwortung zu erkennen. Mit seinem wirtschaftspolitischen Gesprächskreis bei der Konrad-Adenauer-Stiftung, aber auch in seiner Berliner Privatwohnung hoch über dem Gendarmenmarkt, hat er immer wieder gezielt Begegnungen der beiden Sphären herbeigeführt, in einer offenen Atmosphäre auch den kontroversen Austausch ermöglicht und damit massiv zum gegenseitigen Verständnis beigetragen.

Ihm selbst waren Berührungsängste mit der Politik, erst recht zur CDU, zu der er sich deutlich bekannt hat, auch persönlich völlig fremd: Jens Odewald galt als enger Vertrauter des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl. Diese enge Verbindung mag auch dazu beigetragen haben, dass ihm ab August 1990 neben seiner Vorstandstätigkeit für Kaufhof die Leitung des Verwaltungsrates der Treuhandgesellschaft übertragen wurde.

Er wurde so zu einem Mitgestalter der deutschen Einheit, die ihm massiv am Herzen lag. Wem die Ehre zuteilwurde, zu einem jährlichen festlichen Abendessen zum Tag der deutschen Einheit eingeladen zu werden, das er gab, der spürte bei den Gesprächen mit ihm, wie wichtig ihm das Zusammenwachsen Deutschlands nach den Jahrzehnten der unnatürlichen Teilung war. 1991 fiel es ihm zu, die Nachfolge des 1991 durch die RAF ermordeten Treuhandchefs Detlev Rohwedder zu regeln und die Wirtschaftspolitikerin Birgit Breuel zur Nachfolgerin Rohwedders zu berufen. 1993 verließ er zwar den Verwaltungsrat, kehrte dann aber keine drei Jahre später als Vorsitzender des Aufsichtsrates der Treuhand-Nachfolgegesellschaft zurück, bis in das Jahr 1999. Dass die Treuhand – anders als das oberflächliche Darstellungen suggerieren – durchaus neben Fehlern, die bei dieser ungeahnten Mammutaufgabe kaum zu vermeiden waren – auch deutliche Erfolge im Übergang von der Plan- in eine Marktwirtschaft erzielt werden konnten, das ist auch Jens Odewald mit zu verdanken.

Sein Motto „Jeder Tag hat neue Chancen“, das er einmal in einem Fragebogen einer großen deutschen Tageszeitung verriet, hat er auch auf seine zahllosen Ehrenämter angewendet, mit denen er seine Wertschätzung für die Gesellschaft zum Ausdruck gebracht hat, beispielsweise als Vorsitzender der Stiftung Humboldt-Universität, der Stiftung Humboldt-Forum oder im Kuratorium der FAZIT-Stiftung und eben in den genannten Gremien der Konrad-Adenauer-Stiftung.

So durchsetzungsstark Jens Odewald in seinen Haupt- und Ehrenämtern war, so sehr war er aber auch menschlich zugänglich und interessiert. Vor allem hat man in Begegnungen mit ihm auch immer gespürt, dass der Manager, der sich selbst im Alter kaum Ruhe gegönnt hat, durch und durch Familienmensch war – und Kunstliebhaber. Wer zu Geburtstagen oder anderen Anlässen rätselte, womit man ihm eine Freude machen konnte, der lag mit Kunstkatalogen, die er in großer Anzahl gesammelt hat, immer richtig. Die Konrad-Adenauer-Stiftung wird ihrem langjährigen Wegbegleiter ein ehrendes Andenken bewahren und trauert mit seiner Familie.

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