Im Laufe des Monats Mai entwickelte sich Lateinamerika zum Hotspot der Coronapandemie, so auch Mexiko. Bei minimalen Testzahlen (bis Ende Mai wurden nur 274.997 von 126 Millionen Mexikanern getestet) und der weiterhin höchsten Sterberate Lateinamerikas, steigen die Fallzahlen exponentiell.
Die Regierung verlässt sich weiterhin auf das inzwischen fragwürdige „Modelo Centinela“, ein mathematisches Modell, das den Krisenverlauf voraussagen soll. Allerdings wurde der voraussichtliche Höhepunkt der Krise in Mexiko mehrfach verschoben und wird inzwischen überhaupt nicht mehr angegeben. Weiterhin ist die Datenlage in Mexiko sehr schwach. Anfang Mai berichteten mehrere, v.a. ausländische, Medien von überfüllten Krankenhäusern und überlasteten Bestattungsunternehmen, Experten gehen davon aus, dass in Mexiko bereits jetzt über 1 Million Personen infiziert sind.
Trotz der kritischen Lage wurde am 31. Mai das Ende der „Jornada de Sana Distancia“ und damit des bisherigen Ausnahmezustands verkündet. An deren Stelle tritt die „Neue Normalität“ ab dem 1. Juni, in der das Land nach einem Ampelsystem wieder geöffnet werden soll. Dieses wird national vorgeben, aber auf Bundesstaatenebene differenziert implementiert. Zur Bestimmung der Ampelfarbe für die Bundesstaaten und Gemeinden, wird die Situation nach vier Kriterien eingeschätzt: Krankenhausbelegung, Tendenz von Neuaufnahmen in Krankenhäusern, Reproduktionszahl, Anteil an positiven Fällen an der Bevölkerung.
Die vier Phasen des Ampelsystems funktionieren wie folgt: Rot - es sollen lediglich essenzielle Sektoren (Baugewerbe, Rohstoffförderung, Transportindustrie - somit auch der Automobilsektor - und Brauereien), ihre Arbeit wiederaufnehmen; Orange – alle ökonomischen Aktivitäten können in reduziertem Umfang wieder angestoßen und öffentliche Plätze wieder geöffnet werden; Gelb - Restaurants, Kirchen, Museen, Kinos und Theater werden in reduziertem Umfang öffnen und Grün - Rückkehr zur vollen Aktivität.
Am letzten Wochenende vor der „Neuen Normalität“, befanden sich jedoch 31 von 32 Bundesstaaten im roten Bereich. Somit können nur die essenziellen Sektoren ihre Arbeit wiederaufnehmen, eine weitere Öffnung wird nicht empfohlen. Bei der Abwägung Wirtschaft versus Virus entschieden die Regierungen von Jalisco, Nuevo León, Coahuila, Tamaulipas, Michoacán, Durango und Colima jedoch die Empfehlungen zu ignorieren und weiter zu öffnen.
Streitpunkt waren die Schulen, die erst am 1. Juni hätten wieder öffnen sollen. Aufgrund großer Proteste der Gouverneure soll nun aber das laufende Schuljahr virtuell enden und dann Ende des Sommers der reguläre Schulbetrieb wieder beginnen.
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