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Auf die Stellungnahme von Präsident Klaus reagierten von den tschechischen Politikern vor allem die Kommunisten. Mit ihrer Hilfe wurde Václav Klaus vor einigen Tagen zum Staatspräsidenten gewählt. Hätte er ähnliche Aussagen vor seiner Wahl gemacht, wäre das Ergebnis sicherlich anders ausgefallen. „Vielleicht hätte dies eine Rolle gespielt und manche hätten anders gehandelt,“ äußerte sich in diesem Sinne die kommunistische Abgeordnete Zuzka Rujbrová (Mladá Fronta Dnes, 15. März 2002) zu der Stellungnahme des neuen Präsidenten. „Klaus hat sich auf diese Weise der Rhetorik von Jan Sokol angenähert“, ergänzte der stellvertretende Vorsitzende der kommunistischen Partei Jirí Dolejs. Jan Sokol, der in den neunziger Jahren die Vertreibung der Sudetendeutschen kritisierte, war Präsidentschaftskandidat der Regierungskoalition.
Über Reaktionen anderer Politiker wurde in den drei wichtigsten Tageszeitungen (Právo, Mladá Fronta Dnes, Lidové Noviny) nur über die vonVladimír Lastuvka (CSSD), Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des Abgeordnetenhauses, berichtet. Er äußerte sich positiv über die Aussage von Klaus: „Präsident Klaus hat sich in diesem Augenblick zu dieser so ernsten Frage unserer Geschichte auf eine Weise geäußert, die mir nahe steht, und ich identifiziere mich voll mit seiner Einstellung.“ (Právo, 15. März 2002).
Neben dem Abdruck der Erklärung von Präsident Klaus, den oben erwähnten Reaktionen der tschechischen Politiker, sowie einer Zusammenfassung der Entwicklung der deutschtschechischen Beziehungen veröffentlichten die drei wichtigsten Zeitungen zu dieser Thematik noch einige sehr unterschiedliche Kommentare.
In seinem Artikel „Die Vertreibung? Eine Tragödie“ begrüßte der Kommentator der liberalen „Mladá Fronta Dnes“ Martin Komárek die Worte von Klaus und äußerte dabei offene Kritik an den eigenen Reihen: „Der erste ernste Schritt von Václav Klaus in seinem Präsidentenamt gibt den Optimisten recht. Der Präsident hat ziemlich scharf die Greueltaten, die an den Sudetendeutschen im Rahmen der Vertreibung begangen wurden, verurteilt... Während sich die Deutschen bis heute für den Nazismus geißeln und versuchen seine Opfer zu entschädigen, haben die Böhmen und Mähren immer noch nicht begriffen, dass der Mord an einem Deutschen auch im Jahr 1945 nicht weniger Mord war. Der Präsident sagt nun, dem Beispiel seines Vorgängers folgend: Es war ein Mord. Er fügt jedoch zugleich hinzu: Was gewesen ist, ist gewesen. Vergessen wir es und denken an die Zukunft. Kein Durchbruch, aber eine solide Basis für die Außenpolitik...“ (Mladá Fronta Dnes, 15. März 2002).
In seinem Artikel „Eine unklare Geste“ äußert sich der Kommentator der eher konservativen „Lidové Noviny“, Petr Fischer, zwar positiv über die Erklärung von Präsident Klaus, weist aber zugleich kritisch auf die von ihm in einem Interview für die österreichische „Neue Kronen Zeitung“ veröffentlichten Aussagen zur Vertreibung hin: „Václav Klaus hat in seiner neuen Rolle als Staatspräsident eine entgegenkommende Geste gegenüber den Sudetendeutschen, - in seinen Worten - böhmischen Deutschen getan... Auf der anderen Seite ist mehr als evident, dass sich an den Einstellungen des Präsidenten nichts ändert.... In einem Gespräch für die Neue Kronen Zeitung sagte Klaus klar, dass „die Vertreibung nicht das Problem der heutigen Politik sei“. Das ist der falscheste Satz, den der neue Präsident bisher von sich gab. Die Vertreibung ist ein politisches Problem in Österreich, Deutschland und letztendlich auch bei uns...“ (Lidové noviny, 15. März 2002).
In seinem Artikel „Er hat sich bei niemandem angebiedert“ bewertete der Kommentator der linksorientierten „Právo“, Robert Dengler, die Worte von Präsident Klaus als positiv. Er kritisierte die oben genannten Äußerungen seiner Kollegen, da sie den Sinn der Rede von Klaus verzerren würden: „In seiner Logik und der seiner Stellungnahme ließ Klaus der Geschichte ihre kausalen Zusammenhänge...., er hat klar gemacht, dass sie nicht die gegenwärtigen und zukünftigen Beziehungen beeinflussen sollte.“ (Právo, 17. März 2002).
Die Stellungnahme des Präsidenten der Tschechischen Republik Václav Klaus zum Gedenktag des 15. März 1939.
„Am 15. März 1939 verlor unser Land die Selbstständigkeit und für mehrere Jahre herrschte bei uns der Nazi-Terror. Dieser veränderte auf tragische Weise das Leben der Bürger der ehemaligen Tschechoslowakei und das unabhängig von ihren individuellen Taten, Weltanschauungen, Auffassungen oder ihrer eventuellen Schuld. Der Terror betraf zuerst das Schicksal der Tschechen und anderer Nationalitäten, die in unserem Lande lebten, und letztlich – durch die Abschiebungen in der Nachkriegszeit – auch die böhmischen Deutschen. Diese Ereignisse voller Gewalt und menschlicher Tragödien haben eine ganze Generation gezeichnet und das Gefühl erlittenen Unrechts hat im Denken vieler Menschen bis heute überlebt.
In der Tschechischen Republik und auch in Deutschland sollten wir fähig sein, zu sagen: Was geschehen ist, ist geschehen, wir können die Geschichte nicht mehr ändern, aber aus heutiger Sicht handelt es sich um Taten, die unannehmbar sind. Wenden wir uns der Zukunft zu und unterstützen wir Schritte, die die Grundlagen für Zusammenarbeit, Freundschaft und Verständnis bilden.“
Quelle (eigene Übersetzung): Offizielle Internetseite des Präsidenten der Tschechischen Republik