Country reports
Diese drei Kandidaten versuchten, sich in den darauf folgenden Wochen für das höchste Amt im Staate zu profilieren. Dem einflussreichen Außenminister Hamutenya wurden dabei die besten Chancen eingeräumt, er gilt als Pragmatiker und genießt Vertrauen sowohl in Namibia als auch in Übersee.
Pohamba, der vom Amtsinhaber massiv unterstützt wurde, versuchte sich über das Thema Landreform ins Gespräch zu bringen, was ihm erst richtig gelang, als er Enteignungen als probates Mittel einer Landreform pries.
Nahas Angula galt zwar als unerschrockener und intellektueller Kopf, der bei der Nachfolgefrage allerdings eher eine Außenseiterrolle einnahm.
In der Woche vor dem entscheidenden außerordentlichen Parteitag der SWAPO (29./30. Mai 2004) landete der Staatspräsident einen überraschenden Coup, indem er den aussichtsreichen Hamutenya seines Amtes als Außenminister enthob. Der ging somit, der Würde seines Amtes beraubt, mit einem Handicap ins Rennen und unterlag im zweiten Wahlgang dem Herausforderer Hifikepunye Pohamba.
Wer nun ist Hifikepunye Pohamba, der Nachfolger Nujomas (bei einer überwältigenden 2/3 – Mehrheit der SWAPO kann dies mit Sicherheit erwartet werden – die Wahlen finden im November 2004 statt) ?
Hifikepunye Pohamba wurde am 18. August 1935 im Norden des Landes (damals „Ovamboland“) geboren. Weitere Stationen:
1947 – 1954: Besuch einer Missionsschule
1961: Pohamba geht ins Exil
1964 – 1978: SWAPO-Vertreter in Ost- und Nordafrika und in Sambia
1981 – 1982: „Political Studies“ in der damaligen UDSSR
1977 – 1989: SWAPO-Sekretär für Finanzen
1989/90: In der SWAPO Wahlkampagne für die Verwaltung zuständig
1990 – 1995: Minister für Home Affairs
1995 – 1998: Minister für Fischerei
1998 – 2000: Minister ohne Portfolio
1997 – 2002: Generalsekretär der SWAPO
2001 - : Minister für Lands, Resettlement and Rehabilitation
2002 - : Vize-Präsident der SWAPO
Pohamba ist Mitglied des Politbüros und des Zentralkomitees der SWAPO.
Er gilt als Nujomas loyalster „Leutnant“, beide verbindet eine langjährige Freundschaft. Pohamba wird als prinzipientreuer Mann beschrieben, als entschiedener Gegner von Unehrlichkeit und Korruption. Einige glauben, er verkörpere „altmodische Ansichten“, seit er sich gegen die Nacktbilder auf der letzten Seite des Observer und gegen die Einführung von Spielkasinos ausgesprochen hat. Pohamba gilt darüber hinaus als religiös, er ist ein Befürworter traditioneller Werte. Er strahlt eine „väterliche“ Art aus und gilt als volksnah. Im Vergleich zu den beiden anderen Bewerbern fehlt es ihm, auch aufgrund begrenzter formaler Bildung, nicht zuletzt an internationalem Renommee.
In seinen verschiedenen Ministerämtern hat er kaum Wellen geschlagen. Selbst die seinen Amtsbereich betreffenden, aktuellen Ankündigungen (z.B. zur Enteignungsfrage) hat er nicht als Erster selbst verlautbart. Seine eigenen Aussagen zu der sich zuspitzenden Krise waren eher unklar und verschwommen. Auch in seinem neuen Amt dürften von ihm keine bahnbrechenden Impulse zu erwarten sein.
Der Präsident Pohamba wird ein Übergangspräsident sein, der an der kurzen Leine des noch bis 2007 als Parteivorsitzender amtierenden Nujoma marschieren wird. Da zwischen die beiden kaum „ein Blatt passt“, wird es hier auch kaum Streitpunkte geben.
De facto wird der Parteipräsident Nujoma also auch weiterhin die Richtlinien der Politik bestimmen. Was durchaus clever ist, da er ja nun machen kann, was er will, ohne dem lautstarken Protest der internationalen Gemeinschaft wegen einer verfassungswidrigen 4. Amtsperiode ausgesetzt zu sein.
Schon in der Vergangenheit hat sich Nujoma als zorniger alter Mann einen zweifelhaften Ruf erworben, wenn er sich zu bestimmten Fragen äußerte, z.B. zur Landfrage. Da diese Frage eine weit über den engeren landwirtschaftlichen Bezug hinausreichende Bedeutung hat, werden nachfolgend 4 Szenarien zur Landfrage vorgestellt:
- Es ändert sich nichts. Hätte man an einer Veränderung der Landbesitzverhältnisse tatsächlich genügend Interesse, dann hätte man das in den ersten Jahren nach der Unabhängigkeit anpacken können. Die zur Lösung der Landfrage im Staatshaushalt eingestellten geringen Mittel lassen diesen Schluss zu. Mit dem Thema „Land“ lässt sich zwar trefflich Politik machen, aber wirklich prioritär ist dies für die SWAPO nicht. Daran ändert auch ein Staatspräsident Pohamba nichts.
Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario: 20 %
- Die Geschwindigkeit der Lösung dieses schwelenden Problems wird erhöht, mit einem im Hintergrund antreibenden Parteivorsitzenden, der seinerseits aber nun nicht mehr in der ersten Reihe steht und der somit auch nur noch bedingt zur Verantwortung gezogen werden kann.
Die Lösung erfolgt auf verfassungsrechtlich unbedenklichem Weg, d.h. in strenger Einhaltung der rechtlichen Vorgaben. Es wird nach einem unter wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten verträglichen Weg gesucht. Fortschritte bei der Lösung der Landfrage sind hier denkbar, z.B. durch bessere Ausnutzung des Willing Seller – Willing Buyer - Modells.
Dieser Ansatz dürfte auch Pohamba entgegenkommen, stellt er sich so doch kaum gegen interne und überhaupt nicht gegen externe Kritiker.
Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario: 40 %
- Wie bei 2., allerdings erfolgt eine forcierte Lösung, teilweise auch ausserhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die Drohungen, arbeitsrechtliche Dispute zwischen Arbeitgeber (Farmer) und Arbeitnehmer (Farmarbeiter) durch Enteignung des Arbeitgebers zu „lösen“, ist ein rechtlich mehr als bedenklicher Schritt. Allerdings schreckt man vor einem Radikalschnitt noch zurück (s.u.).
Ein Staatspräsident Pohamba kann dieser Politik folgen, solange er sich der Deckung durch seinen Parteivorsitzenden sicher ist. Allerdings kann ihm auf internationaler Ebene Wind ins Gesicht blasen (allerdings weniger als dies bei Nujoma der Fall wäre).
Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario: 35 %.
- Wie bei 2., allerdings erfolgt eine „Landnahme a la Zimbabwe“, mit entsprechenden Anpassungen der gesetzlichen Voraussetzungen – und zwar außerhalb der gegenwärtig gültigen Verfassungslage. Dies würde wirtschafts- und gesellschaftspolitisch direkt in ein Desaster führen, von der fragilen Ökologie des Landes ganz zu schweigen.
Da es aber nach wie vor noch unbeglichene Rechnungen aus der Vergangenheit gibt, kann eine Eskalation der Gefühle auch nicht völlig ausgeschlossen werden.
Ein Staatspräsident Pohamba hätte mit dieser letzten Möglichkeit sicher ein Problem, auch wenn er die Unterstützung Nujomas hätte.
Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario: 5 %.
Einschätzung:
Man sollte die Hoffnung auf einen vernünftigen Verlauf der im Grundsatz von allen Seiten akzeptierten Notwendigkeit für eine „Land-besitz-reform“ noch nicht aufgeben, solange eine Chance auf Umsetzung des in Szenario 2 beschriebenen Prozesses besteht.
Das heißt, dass die Politik des „Willing Seller – Willing Buyer“ nach wie vor eine Rolle spielen wird. Sie ist keineswegs gescheitert – eher im Gegenteil, wie ein jüngst erschienener Artikel des renommierten Wirtschaftswissenschaftlers Robin Sherbourne (1) belegt. Allerdings braucht das dafür in erster Linie zur Anwendung kommende „Affirmative Action Loan Scheme“, das über die AgriBank abgewickelt wird, hierfür auch die entsprechenden Mittel.
Der BE hat verschiedentlich darauf hingewiesen, dass ein Engagement hierbei auch von der bilateralen Hilfe zumindest ernsthaft überlegt werden sollte.
Das Warten auf eine Problemlösung durch die „National Resettlement Policy“ der Regierung (staatlicher Aufkauf von Farmen, die dann für Resettlement Programme verwendet werden), könnte sonst sehr frustrierend enden...
Soviel zum Thema Landreform. Und was bedeutet ein Staatspräsident Pohamba für Namibia insgesamt ?
Radio Eriwan würde darauf wahrscheinlich wie folgt antworten: Im Prinzip nichts (Neues).
(1) Sherbourne, R.: Rethinking Land Reform in Namibia: Any Room for Economics ? IPPR Opinion No. 13, April 2004