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Als neue Partei, die sich vor allem aus der bürgerlichen Protestbewegung gegen Korruption und Willkür infolge des Brandes in einem Bukarester Club im vergangenen Jahr formiert hatte, konnte die sog. Union Rettet Rumänien (USR) den dritten Platz erlangen, mit 8,83 bzw. 8,88 Prozent der abgegebenen Stimmen. Den Einzug ins Parlament schafften noch die Allianz der Liberalen und Demokraten (ALDE) des scheidenden Senatspräsidenten Calin Popescu-Tariceanu (5,62 bzw. 6,00 Prozent), die Partei Volksbewegung (PMP) des ehem. Staatspräsidenten Traian Basescu (5,34 bzw. 5,64 Prozent) sowie der Demokratische Verband der Ungarn in Rumänien (UDMR), mit 6,19 bzw. 6,25 Prozent. Mit 39,49 Prozent war die Wahlbeteiligung leicht niedriger als bei den vorherigen Parlamentswahlen im Jahr 2012.
Unmittelbar nach den Wahlen sprach der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea von einer „deutlichen Option“ der rumänischen Wähler. Gleichwohl versicherte er die ausländischen Partner, dass Rumänien sämtliche Verpflichtungen einhalten werde. Hierin ist ein Signal zu sehen, dass die strategische Partnerschaft mit den USA sowie die pro-europäische Haltung des Landes fortgesetzt werden sollen. Dragnea wies auch darauf hin, dass Rumänien eine „Insel der Stabilität“ sei. Zugleich kündigte er an, im Laufe des Jahres 2017 eine Verfassungsrevision in die Wege leiten zu wollen, ohne jedoch konkrete Eckpunkte über deren Zielsetzung und Umfang bekannt zu geben.
Hinsichtlich der Zusammensetzung der künftigen Regierung erklärte Dragnea ebenfalls noch am Wahlabend, dass die PSD die im Vorfeld des Urnengangs angekündigte Koalition mit ALDE eingehen werde. Ebenfalls sei eine Zusammenarbeit mit der UDMR nicht auszuschließen. Er gab jedoch nicht an, wer aus den Reihen der PSD für das Amt des Premierministers vorgeschlagen werde. Erst müsse das neue Parlament zusammenkommen, hieß es. Dragnea selbst kann nach jetziger rechtlicher Lage nicht Premierminister werden, denn das Gesetz über die Regierung besagt, dass Kabinettsmitglieder nicht vorbestraft sein dürfen. Dragnea ist aber im Mai dieses Jahres zu einer Bewährungsstrafe wegen Wahlmanipulation beim Referendum zur Amtsenthebung von Traian Basescu im Juli 2012 verurteilt worden.
Obwohl Stimmen in der PSD nach der Wahl nichtsdestotrotz Dragnea als Premierminister öffentlich erwogen, erklärte Präsident Klaus Iohannis am Dienstag in seinem ersten öffentlichen Auftritt nach der Wahl, dass er keine Personen designieren werde, die Integritätskriterien nicht entspreche – auch wenn das entsprechende Gesetz geändert werden sollte. Iohannis lud für den Tag danach alle neu gewählten parlamentarischen Parteien zu einer ersten Gesprächsrunde ein. PSD und ALDE verweigerten jedoch die Teilnahme, wobei Dragnea darauf verwies, dass die neue Legislative noch nicht konstituiert und somit der Termin verfrüht einberufen worden sei.
Am Tag nach der Wahl erklärte die Vorsitzende der PNL, Alina Gorghiu, ihren Rücktritt, ebenso der Generalsekretär Ilie Bolojan. Der Parteivorstand trat am Dienstag zusammen und wählte die Abgeordnete Raluca Turcan zur kommissarischen Vorsitzenden, die bis zum nächsten Parteitag im Frühjahr 2017 im Amt bleiben soll. Turcan erhielt die einstimmige Unterstützung des Vorstands aufgrund der Tatsache, dass der von ihr geführte Bezirksparteiverband
Sibiu/Hermannstadt das beste Ergebnis der PNL landesweit erzielt hatte. Tatsächlich gehörte Hermannstadt zu den nur drei Bezirken, in denen die PNL den ersten Platz erringen konnte. Die neue kommissarische Vorsitzende wird jedoch nicht als Kandidatin für das Amt des Vorsitzenden auftreten. Ihre Intention, sich für die höchste Funktion in der PNL zu bewerben, haben hingegen der Ex-Justizminister Catalin Predoiu, Ex-Verkehrsminister Ludovic Orban und der Vorsitzende des Bezirksparteiverbands Calarasi, Raducu Filipescu, angekündigt. Jeglicher künftige Vorsitzende steht nun vor der Aufgabe, die immerhin größte Mitte-Rechts-Partei in Rumänien gründlich zu sanieren und ihre Glaubwürdigkeit wiederherzustellen.