Country reports
Geschichtlicher Hintergrund
Als Folge des russisch-türkischen Krieges wurde 1878 der bulgarische Staat nach 485 Jahren osmanischer Herrschaft zunächst als ein der Türkei tributäres Fürstentum wiederhergestellt. 1879 wurde Prinz Alexander von Battenberg zum Fürsten von Bulgarien gewählt. Er dankte 1886 ab; 1887 wurde Prinz Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha zum Fürsten berufen, der Bulgarien 1908 zum Königreich proklamierte (3. Bulgarisches Reich).
Ferdinand musste infolge seiner mißglückten Politik im Ersten Weltkrieg 1918 abdanken, ihm folgte auf den Thron sein Sohn Boris III nach, der ab 1935 die sonderbare Mischform einer von autoritären und faschistoiden Zügen durchsetzten parlamentarischen Demokratie mit freien Wahlen, wenn auch ohne formale Parteien einführte. Er starb 1943 unter mysteriösen Umständen.
Sein Sohn Simeon II wurde 1937 geboren. Nach dem Tode seines Vaters wurden Simeons Vollmachten aufgrund seiner Minderjährigkeit von einer Regentschaft wahrgenommen. 1946 wurde unter sowjetischer Besatzung ein offensichtlich gefälschtes Referendum zur Abschaffung der Monarchie durchgeführt, bei dem sich angeblich 92,72% für die Republik und lediglich 4,24% für die Monarchie aussprachen. Im selben Jahr mußte die königliche Familie Bulgarien verlassen und fand schließlich Aufnahme im Spanien Frankos, wo Simeon als Exilmonarch seither lebt.
Bulgarien nahm 1991 eine neue republikanische Verfassung an. Simeon erhielt im selben Jahr seine bulgarische Staatsbürgerschaft und kürzlich auch seine umfangreichen Ländereien und Immobilien in Bulgarien zurück. Er kehrte 1996 zum ersten Mal nach 1946 in sein Heimatland zurück und wurde vom Volk begeistert empfangen. Der König blieb jedoch nicht im Lande, sondern kehrte nach Spanien zurück, forderte aber seine Anhänger - wenn auch etwas halbherzig - bei den Wahlen 1997 auf, für die Vereinigung für Nationale Rettung (VNR), einer Koalition aus der türkischen Bewegung für Rechte und Freiheiten (BRF) sowie einigen Splittergruppen, zu stimmen. Die Unterstützung des Monarchen brachte der VNR nicht die erhofften Stimmengewinne - sie kam lediglich auf 7,6% und 19 Sitze im Parlament (von insgesamt 240).
Die wichtigsten Passagen aus der Erklärung des Monarchen
"Meine lieben Landsleute,
heute ist ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich habe Jahrzehnte lang meiner Pflicht gelebt, ihnen zu dienen…Ich war glücklich 1989, als die Diktatur fiel und sich Möglichkeiten für ein würdiges Leben in Wohlstand in ganz Osteuropa ergaben. Ich litt später, als ich sah, daß die Träume der Armut und der Verzweiflung Platz machten…Ich möchte eine Reihe von Erfolgen in der Außenpolitik Bulgariens oder die positiven Tendenzen in der wirtschaftlichen Entwicklung 1999 und bis zum Herbst letzten Jahres nicht übergehen. Aber über allem steht der Schmerz und die steigende Wut vieler Leute.
Es ist weder moralisch noch politisch gerechtfertigt, daß viele Leute bei uns, einschließlich in den Dörfern und Kleinstädten, in Armut leben, während manche Politiker in unerklärlichem Reichtum schwelgen…daß die Hälfte der bulgarischen Bürger erklären, der Abstimmung fernbleiben zu wollen. Es sind unverzüglich Änderungen im politischen System und seiner Moral erforderlich….
Heute erkläre ich mein Ziel, eine gesellschaftliche Bewegung für eine neue Moral in der Politik, für neue wirtschaftliche Lösungen, mit für Bulgarien neuen Ideen und neuen Menschen als treibende Kraft zu gründen und anzuführen.
Mit dieser Erklärung setze ich den Anfang einer "Nationalen Bewegung Simeon II" im Namen von zumindest drei prinzipiellen Zielen:
(1) ein schneller und qualitativer Wandel im Lebensstandard im Lande durch das Erreichen einer funktionierenden Marktwirtschaft im Einklang mit den Kriterien der EU für eine Mitgliedschaft sowie durch die Steigerung des Zustroms an ausländischen Investitionen des seriösen Weltkapitals. Ich bin bereit, ein Schema von Wirtschaftsmaßnahmen…anzubieten, durch das nicht später als nach 800 Tagen der berühmte bulgarische Fleiß und Unternehmergeist ihr Leben verändern werden.
(2) ein Ende des politischen Partisanentums und die Vereinigung der bulgarischen Nation um die traditionellen Ideale und Werte…
(3) Einführung von Regeln und Institutionen, die auf die Beseitigung der Korruption, die sich in den Hauptfeind Bulgariens verwandelt hat, gerichtet sind…
Die Bewegung, die ich vorschlage, ist weder eine Koalition bestehender Parteien noch von politischen Führungspersönlichkeiten…ich werde entsprechende bulgarische Bürger in die Wahllisten der Bewegung einladen. Ich werde bestrebt sein, daß die meisten Abgeordnetenkandidaten Menschen sind, die einfach gearbeitet, gelitten und an die bessere Zukunft des Landes geglaubt haben. Natürlich werde ich auch Personen einladen, die sich wegen ihrer Erfahrung und ihrem Professionalismus am politischen Leben beteiligt haben, indem ich mir darüber Rechenschaft ablege, daß die politischen Wirren kaum jemandes Ansehen verschont haben…Ich möchte ihnen versichern, daß die "Nationale Bewegung Simeon II" über Mechanismen verfügen wird, die seine Abgeordneten unmittelbar denjenigen gegenüber verantwortlich machen wird, die sie gewählt haben..."
Die Reaktionen der politischen Parteien
Die Union Demokratischer Kräfte (UDK) ist einstweilen sehr verhalten und vorsichtig in ihren Wertungen. Man verweist auf Simeons anerkennende Worte über die Erfolge der Regierungstätigkeit, zeigt sich von seinen scharfen Worten gegen die Korruption und für eine neue Moral in der Politik angetan, was mit der Linie der UDK übereinstimme, die sich in letzter Zeit von diskreditierten Persönlichkeiten trenne (eine Anspielung auf den Kreis um den ehemaligen Generalsekretär Hristo Bisserov, der unlängst aus der UDK ausgeschlossen wurde und eine eigene Partei gründete) und begrüßt seine Aufforderung zur Fortführung der demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen und die Integration in die EU. Es wird der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß sich der neuen Bewegung wirklich nur unbefleckte und kompetente Persönlichkeiten anschließen mögen. Premier Iwan Kostov liest aus der Erklärung keine eindeutig bekundete Absicht Simeons heraus, sich als Abgeordnetenkandidat an den Wahlen zu beteiligen.
Simeons Ankündigung kann in der Tat als eine Herausforderung in erster Linie an die UDK gewertet werden, denn seine Kritik an der Situation im Lande reflektiert selbstredend in erster Linie auf die Regierungsparteien. Andererseits sind gerade in der Wählerschaft der UDK als größte antikommunistische Kraft traditionell viele Sympathisanten der Monarchie angesiedelt, in deren Augen Simeon eine hohe Wertschätzung genießt. Die UDK hatte sich infolgedessen lange Zeit Chancen auf eine offene Unterstützung durch Simeon bei Wahlen ausgerechnet und stets nach außen hin die besten Kontakte zum Monarchen gepflegt. Die Rückgabe seiner Besitztümer in Bulgarien erfolgte z.B. auf Betreiben der Regierungsmehrheit.
Der erste größere Riß in den bilateralen Beziehungen hatte sich 1997 angedeutet, als Simeon die VNR und nicht die UDK unterstützte. Nun dürfte sich im Unionslager eine gewisse Enttäuschung, aber auch Sorge um die eventuelle Abwanderung von Sympathisanten zur Bewegung Simeons breit machen. Es gibt darüber hinaus guten Grund für die Annahme, daß eine Reihe der Persönlichkeiten, die in die neue Bewegung eingehen werden, der UDK alles andere als freundlich gesinnt sind.
Der Koalitionspartner der UDK Bauernpartei-Volksunion steht dem Monarchen schroff ablehnend gegenüber. Laut ihrer Vorsitzenden, Anastassija Moser, ist die Erklärung des Königs "reine Demagogie und Populismus". Sie sei von der Erklärung Simeons nicht überrascht, weil die Monarchie in Bulgarien schon immer der Etablierung der Demokratie hinderlich gewesen sei. Sie hoffe, daß die Wähler ihrer Partei genügend Verstand haben, um Phantasien, und seien es auch königliche, von den Realitäten des Lebens abzugrenzen. Der Übergang vom Totalitarismus zur Demokratie könne nicht innerhalb weniger Tage vollzogen werden, wer etwas anderes verspreche, sei einfach ein Lügner.
Die Bauernpartei in Bulgarien war auch vor der kommunistischen Machtübernahme 1944 eine traditionell antimonarchistisch eingestellte Kraft, woran sich bis heute nichts geändert hat.
Alexander Dsherov von der monarchistischen Ideen nicht abgeneigten Demokratischen Partei (DP), die an der Regierungskoalition beteiligt ist, hatte keine Einwände gegen die programmatischen Absichten Simeons, wollte aber unbedingt die an der Bewegung beteiligten Personen sehen, um sich ein Bild machen zu können. Als nahezu aussichtslos bezeichnete er das angekündigte Unterfangen, das politische Systems Bulgariens im Sinne einer Monarchie ändern zu wollen, da die Verfassung ein sehr kompliziertes Verfahren dafür vorsehe.
Vertreter der größten Oppositionskraft, der Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP), erklärten, daß es keine prinzipiellen Differenzen zwischen den Plattformen der Sozialisten und Simeons gebe. Eine Zusammenarbeit nach den Wahlen könne nicht ausgeschlossen werden. Hervorzuheben seien die Vorwürfe Simeons gegen die Korruption in der Politik, womit vorwiegend Kreise in der regierenden UDK gemeint seien. Aus den Äußerungen mancher BSP-Politiker klang geradezu eine gewisse Schadenfreude in bezug auf die UDK heraus.
Diese Haltung muss zunächst befremdlich wirken, denn die BSP als Nachfolgepartei der BKP gilt als die republikanische Kraft in Bulgarien schlechthin, die traditionell schärfste Kritiken an die Adresse der Dynastie richtet ("Monarchofaschisten") und unter allen Umständen an der republikanischen Regierungsform festhält. Sie müßte zudem über das Erscheinen einer weiteren oppositionellen Kraft, ganz gleich welchem Spektrum diese zuzuordnen ist, beunruhigt sein, da dies ihre Chancen auf ein gutes Abschneiden bei den Wahlen mindert.
Bei genauerem Hinsehen stellt sich jedoch heraus, daß die Sozialisten handfeste pragmatische Gründe haben, das Vorhaben Simeons für eine aktive Partizipation an der Politik eher gelassen zu sehen. Die BSP geht wahrscheinlich davon aus, daß sie - trotz vollmundiger Ankündigungen über einen bevorstehenden Wahlsieg - verlorenes Vertrauen infolge der Mißerfolge ihrer Regierungstätigkeit in der Vergangenheit vorerst nicht oder nicht in vollem Umfang wiederherstellen kann und auch bei diesem Urnengang analog 1997 vorwiegend auf ihre Stammwählerschaft angewiesen sein wird, die zwar fest zu ihr steht, jedoch für einen Wahlsieg nicht ausreichend ist. Ihr eigentliches Ziel dürfte vielmehr sein, eine UDK-VDK-Mehrheit zu verhindern, damit keine klaren Verhältnisse im Parlament herrschen und das Ergebnis eine schwache Koalitionsregierung ohne Profil ist. In diesem Sinne ist ihr die Bewegung Simeons kein Konkurrent, so daß sie ihre Aktionen mit stillschweigendem Wohlwollen betrachtet.
Die Bewegung für Rechte und Freiheiten (BRF) begrüßte Simeons Erklärung in jeder Hinsicht. Dies sei die Chance, das seit 1990 in Bulgarien etablierte bipolare Modell mit der Dominanz zweier großer Parteien - der BSP und UDK - aufzubrechen, was die Schaffung einer breiten Koalition der Mitte im nächsten Parlament ermöglichen werde. Man werde bei den Wahlen zwar selbständig antreten, aber ein Abkommen mit der monarchistischen Bewegung abschließen und nach den Wahlen in der Volksversammlung unbedingt zusammenarbeiten.
Die BRF war 1997 die größte Partei in der von Simeon 1997 unterstützen VNR, es wurde spekuliert, daß der Monarch auch diesmal ein Votum für die BRF empfehlen oder sie in die "Bewegung Simeon" eingehen könnte, was aber offenbar nicht der Fall sein wird. Sie bleibt nichtsdestoweniger eng mit Simeon verbunden.
Die Bulgarische Eurolinke sieht die Proklamation als zu allgemein, um zu diesem Zeitpunkt konkrete Rückschlüsse zu ermöglichen. Sie werfe mehr Fragen auf als sie beantworte. Als dezidiert republikanische Kraft ist sie gegen eventuelle Versuche für eine Abwandlung des politischen Systems in Richtung Monarchie. Ihr Vorsitzender, Alexander Tomov, rief Simeon auf, ein klares Bekenntnis zur Republik abzulegen und gegebenenfalls formal abzudanken.
Die zahlreichen kleineren Parteien, die sich seit längerem mit Simeon zu identifizieren versuchen und in ständigem Kontakt zu ihm stehen wie die Föderation Königreich Bulgarien (FZB), die WMRO, die Demokratische Alternative (DA), die Konservative Union EKIP, die Bürgerliche Partei für Bulgarien, Bürgerbewegungen u.a. zeigten sich von Simeons Erklärung hellauf begeistert, ihre Vertreter rechnen sich offenkundig große Chancen aus, vom König für die Teilnahme an der Bewegung eingeladen zu werden.
Kommentare zu Simeons Erklärung
Ognjan Mintschev hebt mehrere Aspekte heraus:
Zuerst ist es wichtig z u sehen, wie Simeon seine Rolle als Sinnbild der Einheit der Nation verlassen und sich konkret am politischen Leben beteiligen wird. Zweitens hat es vor dem Start der eigentlichen Reformen durch die VDK 1997 noch mehr Arme und Verzweifelte gegeben, doch Simeon ist nicht damals, sondern heute in die Politik eingestiegen, nachdem die Schmutzarbeit durch die VDK verrichtet worden ist. Drittens ist nicht klar, wer die Personen sind, die diese Absichtserklärungen umsetzen sollen, wobei es berechtigten Grund für die Annahme gibt, daß nicht alle Teilnehmer an der neuen Bewegung den erhobenen hohen Anforderungen genügen werden. In der Erklärung Simeons werden die unbezweifelbaren politischen Errungenschaften Bulgariens in den letzten 11 Jahren mit keinem Wort erwähnt, dabei ist in dieser Zeit im Lande ein funktionierendes demokratisches Systems aufgebaut worden. Simeons Äußerungen sind ein klassischer populistischer Appell, der auf die Änderung des gesamten politischen Systems im Lande abzielt und in diesem Sinne alle politischen Parteien in Bulgarien betrifft. Die BSP als Opposition verliert dadurch an Zulauf, zugleich stellt die neue Bewegung das strategische Ziel der VDK in Frage, das Begonnene zu vollenden und die Reformen innerhalb einer weiteren Amtszeit erfolgreich zu Ende zu führen.
Kantscho Stojtschev vertritt dagegen folgende These:
Die Bewegung Simeons wird die große Überraschung werden. Das ist die beste, die stärkste Formel von allen möglichen. Offenbar wird Simeon die Teilnehmer an den Wahllisten selbst benennen. Es handelt sich nicht um eine prinzipienlose Koalition, und sie wird sehr erfolgreich bei den Wahlen abschneiden. Die Teilnahme Simeons an den Wahlen und sein Engagement mit einer politischen Formation bedeutet, daß er Teil der politischen Elite, gegen die er sich erklärt, werden wird.
Fazit
Der Einstig eines Monarchen in die aktive Politik dürfte einen Präzedenzfall in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg verkörpern und mutet in der Tat ziemlich exotisch an. Noch ist es zu früh, um definitive Prognosen über die Auswirkungen der neuen Bewegung auf das politische Leben abzugeben, da die Erklärung des Königs in allgemeinem Ton gehalten ist. Um lediglich einige Problemkreise zu umreißen: Sehr viel wird davon abhängen, ob Simeon selbst als Abgeordnetenkandidat antritt und /oder bereit ist, eventuell nach den Wahlen hohe Ämter, z.B. in der Exekutive, zu übernehmen oder aber versuchen wird, die Bewegung gleichsam "von außen" zu steuern. Eine Schlüsselbedeutung wird auch den Persönlichkeiten zukommen, mit denen der Monarch seine Absichten zu verwirklichen gedenkt.
Es ist in Zusammenhang damit völlig illusorisch zu glauben, daß sich nach 11 Jahren demokratischen Lebens viele Personen außerhalb der inzwischen entstandenen politischen Elite finden werden, die die von Simeon aufgestellten hohen Kriterien erfüllen könnten. Daher ist es naheliegend anzunehmen, daß viele der von ihm berufenen Personen in der einen oder anderen Form der Öffentlichkeit bereits vertraut sein werden. Ebenso unklar bleiben einstweilen seine konkreten programmatischen Absichten.
Simeons Aufruf ist offenbar nicht so sehr an die authentisch monarchistische Wählerschaft gerichtet, eher an ein zweifellos aufgrund der Reformhärten in Osteuropa allgemein vorhandenes Protestpotential, das sich im Falle Bulgariens vorwiegend auf diverse kleine Formationen sowie teilweise auf die Nichtwähler verteilt. Die Wählerschaft der Bewegung dürfte sich hauptsächlich aus derartigen Anhängern bisheriger kleiner Anti-Establishment-Parteien oder zur Stimmenthaltung neigender Wähler rekrutieren. Die Auswirkungen auf die treue Wählerschaft der großen Parteien werden vermutlich weniger dramatisch ausfallen.
Insofern kann seine Absichtserklärung zunächst als klassischer populistischer Aufruf eines charismatischen Führers aufgefaßt werden, zumal Simeons persönliche Popularität in Umfragen stets sehr hoch und nur mit derjenigen von Staatspräsident Stojanov vergleichbar ist. In diesem Sinne ist auch seine Zusage zu sehen, innerhalb von 800 Tagen einen grundlegenden wirtschaftlichen Wandel im Lande zu erreichen, den ernsthafte Ökonomen kaum teilen würden.
Bestimmte Passagen in der Erklärung können als Vorhaben interpretiert werden, über eine Beteiligung am Parlament und eventuell an der Regierung das politische Systems Bulgariens schrittweise in Richtung einer Monarchie, von der noch nicht einmal sicher ist, daß sie rein konstitutionellen Charakter tragen soll, umzudefinieren. Das würde aber zu einer verstärkten Polarisierung in der Gesellschaft, möglicherweise einer Verlangsamung oder Änderung des eingeschlagenen Reformkurses führen und letztlich u.U. in eine allgemeine Destabilisierung münden. Das seinerseits wäre den bulgarischen Bemühungen um eine rasche euroatlantische Integration zweifellos abträglich. Daher ist die Teilnahme des Monarchen an der Politik in der von ihm gewählten Form als dem Reformprozeß eher abträglich zu bezeichnen.
Gipfeltreffen der EVP in Sofia
Am 5. April fand in Sofia ein Gipfeltreffen der Europäischen Volkspartei (EVP) statt, deren Mitglied die regierende Union Demokratischer Kräfte (UDK) sowie die Volksunion (VU) sind.
Dazu reisten 42 Organisationen der EVP in die bulgarische Hauptstadt. Unter den über 1500 Teilnehmern am Forum waren der Vorsitzende der EVP, Winfried Martens, sowie die Ministerpräsidenten Spaniens, José Maria Aznar, Polens, Jerzy Buzek, der Slowakei, Mikulas Dzurinda, Ungarns, Victor Orban und Österreichs, Wolfgang Schüssel.
Die Vertreter der EVP bekundeten der UDK, dem Reformkurs der Regierung und Premier Iwan Kostov persönlich ihre vorbehaltlose Unterstützung. "Nach unserer Ansicht ist Iwan Kostov der richtige Mann für Bulgarien. Er ist der richtige, um die schweren aber realistischen Verhandlungen mit der EU und NATO abzuschließen und das Land voll in die EU zu integrieren", sagte Winfried Martens. Die Fortsetzung des bisherigen Transformationsprozesses auch nach den Wahlen am 17. Juni sei unbedingt erforderlich.
Die EVP versicherte darüber hinaus in einer Erklärung die mazedonische Regierung ihrer Unterstützung, wobei sie die albanischen politischen Führungspersönlichkeiten außerhalb des Landes aufrief, sich von der Politik der Aggression und Gewalt zu distanzieren. Der mazedonische Präsident Boris Trajkovski war ebenfalls als Gast geladen. Er traf sich u.a. mit seinem bulgarischen Amtskollegen Petar Stojanov und Premier Kostov und bedankte sich für die Unterstützung, die Bulgarien Mazedonien gewährte und gewährt.
Die EVP rief weiterhin zu einer raschen EU-Erweiterung und einer fairen Behandlung der Aufnahmekandidaten auf, die nicht in der nächsten Runde den Beitritt vollziehen werden. Sie müßten eine klare Perspektive für ihre Zukunft in Europa bekommen, heißt es in einer weiteren Erklärung.
Die fast aufdringliche Unterstützung für die UDK und Iwan Kostov ist unter zwei Aspekten zu sehen: als Anerkennung für die zweifellos in den vergangenen 4 Jahren erreichten Erfolge in den Reformen sowie vor dem Hintergrund der für den 17. Juni angesetzten Parlamentswahlen, bei denen die UDK die in Osteuropa seit der Wende einmalige Chance hat, trotz der zunächst harten sozialen Auswirkungen in ihrer Politik für breite Bevölkerungssschichten vom Wähler für eine weitere Amtszeit bestätigt zu werden. Bekanntlich wurden nahezu alle Reformregierungen in Osteuropa zunächst durch Kräfte, die für einen gemäßigteren Kurs plädierten, abgelöst. In Bulgarien bestehen derzeit nicht zu unterschätzende Aussichten für einen neuen Wählerauftrag für die UDK-VDK.